Saint-Émilion profitiert vom Kalkstein, der einen außergewöhnlichen Boden für die Weinberge bietet

 Saint-Émilion profitiert vom Kalkstein, der einen außergewöhnlichen Boden für die Weinberge bietet
© GettyImages | Anton Petrus

Die besten Crémants aus Frankreich

Unterschiedliche Rebsorten, Bodenstrukturen und Klimaverhältnisse versprechen nach der guten Weinlese im Jahr 2020 sehr ansprechende Schaumweine für viele Gelegenheiten.

Der Kellermeister Patrick Nivelleau der »Domaine Palaine« schippert auf seinem Holzboot vor Saumur über das spiegelglatte Wasser und zeigt in die Landschaft: »Hier der Fluss, dort die eigenen Weinberge mit den hervorragenden Böden aus Tuff und Kalkstein und das gemäßigte Klima. Dies alles ist die Grundlage unsere Weinherstellung«. Die »Domaine Palaine« gehört zu den wenigen biodynamisch wirtschaftenden Weingütern in der Schaumweinproduktion.

»Die Böden werden schonend bearbeitet und unsere Crémants werden ohne zugesetzten Schwefel, nur mit natürlichen Hefen hergestellt«, erklärt er mit Stolz und nippt genüsslich an seinem exzellenten, vollmundigen Crémant.

Auch bei der »Domaine Huards« ist die Biodynamie Programm. Im Gegensatz zu den meistverwendeten Rebsorten von Chenin Blanc und Cabernet Franc werden hier überwiegend die gleichfalls zugelassenen Traubensorten Chardonnay und Pinot Noir verwendet. Alexandre Grendirer, der mit seiner Frau Paulina bereits in der siebten Generation das Weingut mit seinen Eltern führt, erläutert mit Begeisterung die Philosophie ihrer Crémants: »Die Böden aus Ton und Kalkstein geben unseren Crémants die Mineralität. Die langen Lagerzeiten bei dem Cuvèe Amiral von 36 Monaten auf der Hefe und 24 Monaten in der Cave verleihen ihm dazu seine schmeckbare Komplexität.« 

Für frische Alltagsschaumweine sowie komplexe, gereifte und oft im Holz ausgebaute Produkte steht der drittgrößte Schaumweinproduzent an der Loire: »La Maison Bouvet Ladubay.« In den regional typischen, kilometerlangen Tuff-Stollen, die ursprünglich als Steinbrüche für die Schlossbauten des französischen Adels dienten, reifen in beindruckenden Lagern Millionen Flaschen von Schaumweinen.

Auch Juliette Monmousseau, Mitbesitzerin des Familienbetriebes »Bouvet Ladubay«, setzt auf Nachhaltigkeit. »Obwohl wir keine eigenen Weinberge besitzen, müssen wir auf die nachfolgenden Generationen, die Landschaft, aber auch auf die Verbraucher Rücksicht nehmen. Bereits heute sind ca. 60 Prozent unserer Vertragswinzer in dem französischen Zertifikat für Nachhaltigkeit HVE 3 (Haut Valeur Environnementale Stufe 3) eingestuft bzw. in der Umstellung.«

Dieses französische Umwelt-Parameter basiert auf einem ganzheitlichen System von Biodiversität, Düngung- und Pflanzenschutzstrategien sowie Wasserressourcen. Ihm schließen sich zunehmend Winzer aller Anbaugebiete an.

Auch im größten Gebiet, dem Elsass, ist die Heterogenität zwischen kleinen Familienbetrieben und Großbetrieben, zwischen konventionellem und biologischem Weinbau spürbar. Zu den zertifizierten ca. zehn Prozent organisch wirtschaftender Betriebe gehört »Dirler-Cadé«. Der Familienbetrieb ist einer der Pioniere des Bioanbaus im Elsass.

»Die Energie in unseren Jahrgangs-Crémants kommt aus der biodynamischen Bewirtschaftung. Diese fördert die Biodiversität und das Gleichgewicht im Weinberg«, erklären Ludevine & Jean Dirler. »Nur durch das natürliche Zusammenspiel zwischen Boden und Lesegut können wir unseren Produkten den gewünschten spezifischen Ausdruck verleihen«. Die undosieten »Brut-Nature« Crémants des Ehepaars vibrieren am Gaumen und zeichnen sich durch große Eleganz und Geradlinigkeit aus. 

Zunehmend zeigt sich bei den Global-Playern, ob bei »Wolfberger,« der »Cave Beblenheim« oder dem etwas kleineren Haus »Dopff au Moulin«, dass man neben den eingängigen, preiswerten Supermarktprodukten auch ein kleines Sortiment mit gereiften und organisch hergestellten Tropfen ausweist. Den gesteigerten, nachhaltigen Qualitätsanspruch breiterer Käuferschichten will man durch die erweiterte Produktpalette gerecht werden.

»Tour de France« Crémant

Die Welt der französischen Crémants ist geprägt durch eine große Vielfalt der Regionen. Die Tour de France der Crémants führt neben dem Elsass und der Loire in den Süden nach Bordeaux und Limoux, im Osten nach Die, weiter nördlich in die Bergregionen Jura und Savoie bis hin nach Burgund – unterschiedliche Rebsorten, Bodenstrukturen und Klimaverhältnisse versprechen sehr ansprechende Schaumweine für viele Gelegenheiten.

Traditionelle Flaschengärung und Mindestlagerzeiten von 12 Monaten, davon neun Monate auf der Hefe, sind neben der Handlese gesetzlich geregelt. »Abgesehen von der Einzigartigkeit der Crémantvielfalt aus den acht Weinregionen wollen wir uns durch zusätzliche, selbst auferlegte Qualitätsanforderungen von anderen Schaumweinen abheben«, erläutert der Präsident Frank Vichet von der Féderation Nationale des Producteurs et Élaborateurs de Crémant. »Auf die in den letzten Jahren eingeführten Bezeichnungen von Prestigcuvées, wie  »Emotion« im Elsass, »Eminat« und »Grand Eminent« in Burgund und an der Loire »Prestige de Loire« sind wir stolz. Die vorgeschriebenen Mindestlagerzeiten von 24 bzw. 36 Monaten »sur latte« sorgen für noch höherwertigere Qualitäten und Komplexität.«

Historisch gehen die Schaumweine auf die »Vin Mousseux« bis ins frühe 19. Jahrhundert zurück. Die Winzer in Burgund spielten hier eine Vorreiterrolle. Hier wurde der Begriff Crémant mit geschützter Ursprungsbezeichnung erstmalig 1975 eingeführt. Zu den bekannteren, kleineren Weinproduzenten zählt »Agnes Paquet« aus Auxey-Duresses an der Côte d’Or. Ihr frischer, eleganter Crémant aus den Leitrebsorten Chardonnay und Pinot Noir profitiert von der Höhenlage bei der zunehmenden Klimaerwärmung. Großproduzenten wie »Louis Boulliot«, die für die lange Tradition burgundischer Schaumweine stehen, bieten hingegen ein breites Portfolio. »Einstiegsperlen für den alltäglichen Genuss bis hin zu hochwertigen, aus kleineren Parzellen ausgebaute Cuvées sind unserer Stärke«, erklärt uns der Direktor Marcel Combs

Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich auch die Crémants aus dem Jura und Limoux. »Unsere eigenwilligen, mineralischen Jura-Crémants aus Chardonnay heben uns klar vom Mainstream ab«, erklärt uns Benoit Moulin von dem Biobetrieb »Domaine les Clos des Grives«. Das nur 800 Hektar hochgelegene Anbaugebiet Limoux, mit mediterranem und ozeanischem Klimaeinfluss, liegt landschaftlich wunderschön in die Hügellandschaft des Languedoc eingebettet. Erwähnenswert sind die in Deutschland sehr erfolgreichen Crémants aus der Kooperative »Sieur d’Arques« aus den hier überwiegend angebauten Rebsorten Chardonnay und Chenin.

Die hier im Wettbewerb stehenden Produkte spiegeln gegenüber dem Konsumenten die unglaubliche Vielfalt französischer Crémants. Vom Aperitif bis zum hervorragenden Essenbegleiter finden sich spannungsreiche Schaumweine zu einem guten Preis-Leistungsverhältnis. Für den neugierigen Schaumweinliebhaber lohnt sich zudem eine reizvolle Verkostung als Tour de France de Crémant quer durch Frankreich

Erschienen in
Falstaff Sparkling Special 2020

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Gerhild Burkard
Redakteurin
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