Die Original Bleder Cremeschnitte ist seit über 60 Jahren das kulinarische Wahrzeichen am See.

Die Original Bleder Cremeschnitte ist seit über 60 Jahren das kulinarische Wahrzeichen am See.
© Tomo Jesenicnik

Desserts: Süße Vermittler

Die Desserts der ehemaligen Kronländer: Die mitteleuropäischen Süßspeisen, die wir vorstellen, sind Zeugen der kulinarischen Verbundenheit von Österreich, Slowenien und Italien.

Beginnen wir unsere süße Reise in Slowenien und mit einer Ikone der Nachspeisen des Landes, der Original Bleder Cremeschnitte – »kremšnita«. Sie ist das kulinarische Wahrzeichen von Bled und beweist sich schon seit mehr als sechzig Jahren auf dem süßen Parkett. Zudem ist sie für jeden Besucher des schönen Ortes am gleichnamigen See ein Muss.
Das Originalrezept stammt aus dem Jahr 1953, der Geburtsort der feinen Süßspeise ist die Konditorei des »Hotel Park« an der Seepromenade, erfunden hat sie Ištvan Lukačevič. Täglich frisch werden die süßen Schnitten aus Eiern, Mehl, süßer Sahne, Zucker und Butter hergestellt. Farb- und Zusatzstoffe sowie Konservierungsmittel sind verboten. Und das schmeckt man. Bled-Besucher können nach dem Genuss die beiden wichtigsten Fragen zur Cremeschnitte leicht beantworten: Woran erkennt man das Original? Wie prüft man die Frische? Antwort 1: Die Schnitte muss auf dem Teller wackeln. Antwort 2: Man muss beim Einstechen in den knusprigen Deckel ein Knacken hören. Probieren Sie diese süße Verführung daher unbedingt.
Eine pikant-süße Geschichte verbirgt sich hinter dem Rigó Jancsi. Er ist zwar ungarischer Herkunft, aber eine beliebte Triestiner Nachspeise für alle, die Schokolade lieben. Einer Liebesgeschichte hat er auch sein süßes Dasein zu verdanken. 1896 verliebte sich der Namensgeber Rigò Jancsi, ein ungarischer Geiger und Dirigent, in Clara Ward, Prinzessin von Caraman-Chimay, die allerdings schon verheiratet war. Die turbulente Beziehung hielt trotzdem viele Jahre und brachte, so die Chronik, diesen von der Liebe inspirierten Schokoladenkuchen in die Konditoreien. Und sollte sie nicht wahr sein, so ist es doch eine schöne Geschichte. Der mitteleuropäisch-kulinarische Austausch brachte das Dessert nach Triest, wo es eine zweite Heimat und viele Liebhaber fand.
Ein feiner Feiertagskuchen ist der Bujadnik (oder Buiadnik), seine Heimat das Résiatal. Maismehl, Weizen, Eier, Zucker, Sahne, Äpfel, Birnen, Feigen, Sultaninen, Nüsse, Hefe, Wildfenchelsamen, Zimt oder Johannisbrotbaum – lang ist die Liste der Zutaten, ausgewogen dann der Geschmack. Das Geheimnis der perfekten Zubereitung wird von Generation zu Generation weitergegeben. Heute ist der Bujadnik ein wenig in Vergessenheit geraten, Grund genug, ihn unter den Schutz der »Arche des Ge­­schmacks« von Slow Food Italia zu stellen und damit zu versichern, dass er weiterhin so manchen Festtagstisch bereichert.

Üppiges Sinnbild für Liebe und Genuss durch Geschichte und Zutaten: Rigó Jancsi. 
© iStock
Üppiges Sinnbild für Liebe und Genuss durch Geschichte und Zutaten: Rigó Jancsi. 

Kärnten ist reich an kulinarischen Traditionen, sowohl alten als auch neuen. Da gibt es eine Kärntner Weltmutter, die ein Mandelmilchreis ist und schon vom Erzbischof von Caorle und seinem Sekretär Paolo Santonino auf Burg Finkenstein im Jahre 1486 verspeist wurde. Da gibt es Drautaler Hochzeitskrapfen, Kärntner Bauern- und Rosentaler Torten oder im Gailtal süße Kirchtagsbrezen. Auf diese Liste gehört auch eine besonders feine Torte, die es zwar erst seit 1975 gibt, die aber rasch in die Tortenelite aufgestiegen ist. Ihr Heimatort ist Villach, und diesen Namen trägt sie auch voll Stolz: die Villacher Torte. Erfunden wurde sie in der Konditorei Koloini, und im Handumdrehen wurde sie in der Draustadt das, was für Wiener die Sachertorte ist. Einfach köstlich, komponiert aus beschichtetem Nuss- und Schokoladenbiskuit, auf das eine Nuss-Sahne-Schicht und Kirschen kommen. Ummantelt mit Marzipan, trägt sie als eine Geschmacksbombe der süßesten Art aus dem Kärntner Land stolz das Villacher Wappen.

Berühmtheit aus Karnien

Wer hat es erfunden? Um die Entstehung des italienischen Desserts ranken sich zahlreiche Legenden, unwiderstehlich wie das Tiramisu selbst. Der Vollständigkeit halber ein Satz zum Tiramisu-Diskurs: Derzeit schwelt ein Herkunftsstreit zwischen Friaul und Venetien, Ausgang offen. Nur eines ist sicher: Tiramisu gehört zu den bekanntesten Desserts der Welt. Die zarte Köstlichkeit aus Löffelbiskuits, Mascarpone, Espresso und Kakao, manchmal mit einem Schuss Amaretto, neuerdings auch immer wieder mit frischen Früchten, schmeichelt Gaumen und Seele.

Die Geschichte aus friulanischer Sicht liest sich so: Die Ursprünge der karnischen Variante gehen auf das »Hotel Restaurant Roma« in Tolmezzo zurück, wo sie in den 50er-Jahren von der Köchin Norma Pielli als Dessert »Tirimi sù« serviert wurde. Schon 1950 hat Mario Cosolo di Pieris, Koch aus San Canzian d’Isonzo nahe Görz, eine Süßspeise kreiert. Ein Gast der Trattoria »Al Vetturino« soll nach dem Genuss des Desserts von Cosolo begeistert gerufen haben: »Ottimo, c’ha tirato su!«, was so viel heißt wie »Ausgezeichnet, das hat mich hochgezogen!« Dieser Ausruf inspirierte den Wirt schließlich zur Namensgebung. Sicher ist jedenfalls, dass die Speise ursprünglich in zwei Varianten zubereitet wurde: in der halb gefrorenen Version aus Pieris und der cremigen aus Tolmezzo. Beide wurden nun in das Verzeichnis der »Prodotti agroalimentari tradizionali« (PAT) aufgenommen, als ein Dessert, das aus dem Friaul stammt. Der Etappensieg geht also an Friaul-Julisch Venetien.

Erschienen in
Falstaff Spezial Alpe Adria 2019

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Ilse Fischer
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