Der Salvator und seine Verwandten

»-ator« – diese Endung bei einem Biernamen verspricht Kraft. Der Doppelbock ist zwar nicht doppelt so stark wie ein Bock, aber er stellt einen eigenständigen Stil dar, der ­einen Kult begründet hat – und zunehmend kulinarisch interessant wird.

Begonnen hat die Geschichte in einem Kloster – in diesem Fall in einem der »Minimi«, der »mindesten Brüder«, wie sich die seit dem Jahr 1627 nach der Regel des heiligen Francesco de Paola lebenden Mönche selber nannten. Die Nachbarn hingegen nannten sie einfach nach ihrer Herkunft »Paulaner«. Und sie taten das mit großem Respekt, nicht nur, aber schon auch wegen des im Kloster gebrauten Bieres. Ihr Fastenbier nannten die Mönche im Gedenken an den heiligen Ordensstifter »Heiligvaterbier« oder »Sankt Vater Bier«, nach Aufhebung ihres Klosters im Jahr 1799 und nach der Übernahme der schon damals berühmten Paulaner-Brauerei 1806 durch den bürgerlichen Brauer Franz Xaver Zacherl setzte sich der Name »Salvator« endgültig durch.

Und es wurde umgehend ein Kult daraus: Zacherl war nämlich so ziemlich der erste Brauer, der sich traute, die strenge Bierpreisbindung zu durchbrechen. Und was teuer ist, das verstanden die Münchner rasch, muss auch etwas Besonderes sein.

Besonders war aber auch die Kraft: Die Stammwürze, also der Anteil vergärbarer Zucker an der unvergorenen Würze, lag bei über 18 Prozent, an Alkoholgehalt bringt es der Salvator auf 7,9 Prozent, und sein heute von der Paulaner Brauerei angewendetes Brauverfahren sorgt für zusätzliche Vollmundigkeit.

Braumeister Christian Dahncke verzichtet nämlich darauf, das Bier zu filtrieren – im Geschmack zahlt sich diese schonende Behandlung aus: Es trinkt sich sehr weich an, der Alkohol kommt allerdings schnell ins Spiel. Das aktuell ausgeschenkte Bier – das traditionelle Starkbierfest auf dem Münchner Nockherberg dauert in diesem Jahr von Freitag, 1. März, bis Sonntag, 17. März – hat einen besonderen Duft nach Pflaumen, Himbeere, Mango, ein bisschen Vanille, aber auch Schokolade und Karamell.

Zur Tradition gehört natürlich, dass man das Starkbier vor allem in der Fastenzeit – die der Münchner folglich die »fünfte Jahreszeit« nennt – genießt. Und dass beim Salvator-Anstich eine deftige Rede gehalten wird (in diesem Jahr von der Kabarettis­tin Luise Kinseher in der Rolle der Bavaria), bei der vor allem die bayerischen Politiker und Promis »derbleckt«, also auf den Arm genommen, werden.

Der einprägsame auf »-ator« endende Name lockte die konkurrierenden Brauereien im Laufe des 19. Jahrhunderts, am Erfolg des Zacherl’schen Starkbiers mit eigenen Salvator-Varianten mitzunaschen. Zacherl klagte und bekam schließlich im Jahr 1895 Patentschutz für den Namen Salvator.

Nicht aber für den Stil: Umgehend registrierten auch andere bayerische Brauereien Namen für ihre Starkbiere, mehr als 120 sind geschützt; vom Animator (Hacker-Pschorr und damit aus demselben Haus wie Paulaners Salvator) bis zum Triumphator (vom Mitbewerber Löwenbräu).Zwar sind alle »-ator«-Biere Doppelböcke, aber längst nicht alle Biere dieser Stärke tragen das Suffix auch im Namen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie in der Flasche sehr interessant nachreifen, eine Eigenschaft, die den Brauern (und Gastronomen) erst nach und nach bewusst wird.

Celebrator / Foto: beigestelltCELEBRATOR
Brauerei: Brauerei Ayinger
Braumeister: Hans-Jürgen Iwan
Alkohol: 6,7 % ABV
Bierstil: Doppelbock

Der Ayinger Doppelbock hat seinen Namen, sein Etikett und die am Flaschenhals hängende Bock­figur vom amerikanischen Importeur Charles ­Finkel verpasst bekommen – Celebrator ist das weltweit bekannteste Doppelbock-Bier neben dem Salvator. Eine schöne dunkelbraune Farbe zeigt, dass hier die altbayerische Interpretation eines »-ator«-­Biers vorliegt: Sehr kräftiger, dichter Schaum und ein Duft nach Karamellmalz und Schmalzbrot charakterisieren diesen »urbayerischen« Doppelbock, der schon in zahlreichen Wettbewerben die Höchstnoten ­bekommen hat. Das ist unter anderem seiner Ausgewogenheit in Malzsüße und Hopfenbittere (Hopfenaroma ist kaum präsent) zu verdanken: Der ­Antrunk wirkt leicht, der Nachtrunk herb und einladend zum ­Weitertrinken. 
www.ayinger.de

Forstner Doppelbock / Foto: beigestelltDOPPELBOCK
Brauerei: Forstner Biere, Kalsdorf
Braumeister: Gerhard Forstner
Alkohol: 7,5 % ABV
Bierstil: Doppelbock

Bernsteinfarben mit leichtem Kupferrot liegt dieses unfiltrierte Bier im Glas, wenn man es (wie ausdrücklich empfohlen) vorsichtig dekantiert. Es zeigt wenig Schaum, dafür umso mehr Aromen: Hefe und Südfrüchte (Mango, Ananas) in der Nase, der Antrunk ist voll und leicht süß, was die Fruchtigkeit unterstreicht. Auffallend ist der herbe Eindruck, der die Süße rasch ablöst und der durch die fein gelöste Kohlensäure noch verstärkt wird. Das ergibt dann einen trocken-­herben Nachtrunk. Ungewöhnlich an Forstners Interpretation des Stils ist nicht nur die Verwendung von Zucker, sondern auch der Einsatz unterschiedlicher Hefen. Das Hefedepot in der Flasche belegt, dass hier eine Nachgärung in der Flasche stattfindet. Entsprechend ist eine Nachreifung über fünf Jahre vorgesehen.
www.forstner-biere.at

Aldersback Doppelbock Dunkel / Foto: beigestelltDOPPELBOCK DUNKEL
Brauerei: Brauerei Aldersbach
Braumeister: Peter Wagner
Alkohol: 7,5 % ABV
Bierstil: Doppelbock

Tiefes Weinrot und fester, leicht bräunlich gefärb­ter Schaum identifizieren dieses Bier als einen klas­sischen Doppelbock. In der Nase zeigt sich als Erstes Schokolade, erst dann kommen die fruchtigen Komponenten (Kirsche, Datteln, Walderdbeeren, vielleicht auch Weinbeeren) durch. Der Trunk erinnert zunächst wieder an Scho­kolade, dann auch an Nüsse, vielleicht Nougat. Obwohl die fein perlende Kohlensäure auch einen erfrischenden Ton ins Gesamtbild mischt, dominiert zunächst die Süße, erst nach und nach verlangen die herben Komponenten nach ihrem Recht. Dabei ist der Hopfen kaum mit seinen Aromen zu spüren, die wahrnehmbare Bittere scheint vielmehr fast ausschließlich von den eingesetzten dunklen ­Spezialmalzen zu kommen. Im Nachtrunk sind ­damit wieder die Kakaotöne dominierend, sie ­erhöhen die Trinkbarkeit.
www.aldersbacher.de/online-shop

Gauder Bock / Foto: beigestelltGAUDER BOCK
Brauerei: Zillertal Bier, Zell am Ziller
Braumeister: Peter Kaufmann
Alkohol: 7,8 % ABV
Bierstil: Doppelbock

Dieses jährlich zum Zillertaler Gauderfest am ersten Maiwochenende gebraute helle ­Bockbier ist »gefährlich« leicht zu trinken: Sein sattes Goldgelb verrät recht wenig
von der zu erwartenden alkoholischen Kraft. Aber das Aroma: Eine an Vanille und Wiesen­kräuter erinnernde Nase lässt den Kenner den Bock ausmachen. Es folgt ein voller, dennoch ­intensiv hopfenbitterer Antrunk, der das Prickeln der Kohlensäure angenehm begleitet. Lang anhaltender und eher trockener hopfen­aromatischer Nachtrunk mit Walnuss- und ­Mandelaromen.
www.zillertal-bier.at


Palmator / Foto: beigestelltPALMATOR

Brauerei: Prößlbräu, Adlersberg
Braumeister: Heinrich Prößl
Alkohol: 7,5 % ABV
Bierstil: Doppelbock

Dieser Doppelbock hat zwar seinen Namen vom Palmsonntag, er ist aber das ganze Jahr über in der kleinen Brauerei auf dem Adlersberg nordwestlich von Regensburg zu bekommen: Das Bier zeigt ein sehr dunkles, fast schwarzes Braun mit ­cremigem Schaum, in der Nase sind Röst­töne ebenso festzustellen wie Karamell und der Duft von Rosinen. Der Antrunk ist voll, leicht süß und sehr schokoladig – der Alkohol wirkt gleichzeitig wärmend. Wenn das Bier frisch ist, dann kom­men ­frische Fruchtnoten, ein wenig Nuss und deutlich Schokolade durch – wirklich ­erstaunlich ist aber die ­aromatische Vielfalt, wenn dieser ­Doppelbock drei oder vier Jahre in der ­Flasche nachreift, da dominieren Schokotöne, gleichzeitig melden sich  aber auch ­holzige ­Komponenten und ein esteriges Kletzen­brot-Aroma.
www.adlersberg.com

Schlägl Doppel Bock / Foto: beigestelltSCHLÄGL DOPPEL BOCK
Brauerei: Stiftsbrauerei Schlägl, Schlägl
Braumeister: Reinhard Bayer
Alkohol: 8,3 % ABV
Bierstil: Doppelbock

Das satte Goldgelb ist kaum dunkler als das eines Pilsbiers, und auch Schaum und ­
Bittere ­täuschen über die Stärke hinweg. In der Nase zeigen sich ein leichter Hefeton und ein Hauch von Kräutern. Der Antrunk ist ausgeprägt herb, öffnet aber den ­Gaumen für die folgende leichte Malzsüße. Diese geht einher mit erfrischenden Fruchtnoten – das Prickeln der ­Kohlensäure am Obergaumen und der retro-­nasale Eindruck von Zwetschgen, getrockneten Feigen und ­kandierten Kirschen ergänzen ­einander. Im ­Nachtrunk ­dominiert wieder der ­Hopfen. ­Alljährliche Sonderfüllungen werden ­eingelagert und nach mehreren Jahren als ­»Reserve« ­verkauft. Dieses gereifte Bier ist dann überraschenderweise weniger vom Hopfen als von der Malzsüße bestimmt und ­deutlich fruchtiger.  
www.schlaegl.co.at

von Conrad Seidl
aus Falstaff Nr. 01/2013

Conrad Seidl
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