Der Pinot Noir-Gipfel

Falstaff Chefredakteur Peter Moser über die Raritäten-Verkostung der Domaine de la Romanée-Conti.

Als das Falstaff Magazin vierzehn namhafte Verkoster als Juroren zur traditionellen Jahresabschluss-Verkostung lud, war eigentlich von vornherein klar, dass es da keine Absage geben wird. Spätestens als bekannt gegeben wurde, dass auch der eine oder andere Wein der legendären Domaine de la Romanée-Conti geben würde. Dass es aber gleich achtzehn dieser gesuchtesten Burgunder geben würde, davon konnte die Jury zunächst aber nicht einmal träumen.

Nach einem feinen Dom Pérignon zum Aperitif ging es direkt zur Sache, ein sensorisches Feuerwerk nahm seinen fulminanten Auftakt. Eröffnet wurde der DRC-Grand Cru-Reigen passender Weise mit dem vielleicht besten Weißwein der Welt. Der Le Montrâchet aus dem Jahrgang 2012 zeigte sich ungemein frisch und vital, und im Vergleich zu früheren Jahrgängen weniger massiv und holzbeladen: einfach der perfekteste nur vorstellbare Ausdruck eines Chardonnays. Seine Mineralität und Balance faszinieren, dieser Wein kann in den kommenden Jahren nur noch besser werden, überzeugte aber bereits zu 100 Prozent.

Aus ebendemselben Jahr machten dann die Lagen Richebourg und La Tâche den Anfang im Rotweinreigen und zeigten auf, dass auch der Rotweinjahrgang 2012 im Burgund von höchster Güte ist. Floral, elegant und finessenreich der Richebourg, rauchig-würzig, mit frischer Säure und Extraktsüße der La Tâche, der in dieser Verkostung noch tonangeben werden sollte.

Es folgten nun fünf Grands Crus des herausragenden Jahres 2009, und sie zeigten eindrucksvoll auf, mit welcher Perfektion auf der Domaine de la Romanée-Conti vinifiziert wird und warum die Mystifikation durchaus ihre Berechtigung hat. Eröffnet wurde mit einem verhalten gewürzigem Échéchezeaux, der wiederum von beerenfruchtigen Grands Échézeaux überstrahlt wurde. Tabakig im Bukett und schokoladig am Gaumen präsentierte sich der Richebourg, komplex, würzig und schwarzbeerig hingegen der 2009er La Tâche. Hinreißend delikat und ungemein facettiert der Romanée-Conti, viel zu früh geöffnet – gewiss – aber nur wer diese Weine auch in der Jugend probiert, kann nach Jahren der Reife die ganze Grandezza dieses Pinot Noir-Giganten ermessen. So er das Glück hat, ihn wieder einmal auf die Zunge zu bekommen. Insgesamt 6.465 Flaschen wurden von diesem Meisterwerk gekeltert, da muss man schon froh sein, diesen Wein überhaupt einmal verkosten zu dürfen. An dieser Stelle war für die meisten Mitverkoster bereits das zweite Mal die Höchstnote von 100 Punkten erreicht.

Nun folgte eine Serie des Grands Crus La Tâche. Sehr gut, aber noch etwas verschlossen der 2006er, dessen Zukunftspotenzial unstrittig ist, der aktuell aber vom 2005er überstrahlt wird. Ein Paraderepräsentant des La Tâche-Terroirs, ein Wein mit einer gewaltigen Zukunft und 100-Punkte-Potenzial. Der Korkteufel beraubte die Probe des 1995ers, es folgte der herrliche 1990er, der gerade seinen Trinkhöhepunkt erreicht zu haben scheint, dann der delikate 1988er und ein schlanker 1982er, der die besten Zeiten hinter sich hat. Von den vier Weinen des Jahrgangs 1978 ragte der schokoladig-würzige La Tâche  einem Leuchtturm gleich heraus wiewohl sich auch der Richebourg als ein herrlich herangereifter Pinot Noir der Extraklasse präsentierte. Auf sehr gutem Niveau nach wie vor der rotbeerig-seidige Grands Échézeaux und ebenso der frische, schwarzbeerige Romanée Saint-Vivant.

Als überraschender Abschluss wurde ein La Tâche aus 1942 vorgestellt. Nach 73 Jahre bot diese historische Weinantiquität noch einiges Trinkvergnügen, ein anmutiger Wein aus der Zeit des 2. Weltkrieges, geprägt von zarten Sherrynuancen. Da das ausgezeichnete begleitende Menü auch noch einen Süßwein verlangte, musste in diesem Fall die Bordeaux-Region mit dem hocheleganten Château d’Yquem 2009 aushelfen.

Um die vielen Facetten der großartigen Weine  der Domaine de la Romanée-Conti zu beschreiben, reichen leider auch viele Worte nicht aus,  sicher ist aber, dass dieser Verkostungsabend für alle Teilnehmer eines der großen Highlights in ihrer Weinlaufbahn bleiben wird.

VERKOSTUNGSNOTIZEN

99 Punkte
2012 Le Montrâch
et
Mittleres Gelbgrün, Silberreflexe. Sehr feine Röstaromen, Nuancen von Karamell und Mandeln, ein Hauch von frischem Steinobst, mineralischer Touch. Am Gaumen sehr elegant, zarte Nuancen von Tropenfrüchten, perfekte Säurestruktur, die tolle Vitalität vermittelt, dezente Anklänge von Haselnussmehl, sehr gut eingebundene Holzwürze, zart nach Orangen im Abgang, salziger Terroirtouch im sehr langen Nachhall. Ein perfekt balancierter Chardonnay aus einem der besten Weißweinrebberge der Welt.

96 Punkte
2012 Richebourg

(7.610 Flaschen)
, 13%
Kräftiges Rubingranat, violette Reflexe, zarter Wasserrand. Feine Röstanklänge, eingelegte Herzkirschen, zart floral, facettenreiches Bukett, ein Hauch von Orangenblüten. Saftig, elegant und etxraktsüß, feines Waldbeerkonfit, feine Tannine, salziger Touch im Abgang, mineralisch und anhaltend, sicheres Reifepotenzial, bereits in der Jugend sehr verführerisch.
(Lagern/Trinken +35)

97 Punkte
2012 La Tâche

(13.358 Flaschen), 13%
Kräftiges Rubingranat, violette Reflexe, zarter Wasserrand. Attraktives florales Jugendbukett, rotbeerige Frucht, feiner Lakritzetouch, reife Kirschen, angenehme rauchige Nuancen, zart nach Bergamottenzesten. Elegant, mittlere Kompexität, gute Fruchtsüße, feines Tannin, zart nach Kirschen und Schokolade im Abgang, frische, lebendige Säurestruktur, sicheres Reifepotenzial.
(Lagern/Trinken +35)

93 Punkte
2009 Échéchezeaux

Dunkles Rubingranat, violette Reflexe, breiterer Wasserrand. Dunkle Beeren, etwas Nougat, ein Hauch von Mandarinen, noch etwas zurückhaltend, feiner Kirschentouch. Komplex, saftige Nuancen von rotem Waldbeerkonfit und Blutorangen, präsente Tannine, zart nach Kardamom und Gewürznelken, bleibt gut haften, noch verhalten im Finale, feine Brombeer-Preiselbeernuancen im Rückgeschmack.
(Lagern/Trinken +35)

95 Punkte
2009 Grands Échézeaux

(12.472 Flaschen), 13,5%
Kräftiges Rubingranat, violette Reflexe, zarter Wasserrand. Feine süße Gewürzmischung, Nelken, Vanille, kleine schwarze Beerenfrucht, ein Hauch von Himbeermark, Orangenblüten, Edelholz. Saftig, extraktsüß, präsentes, würziges Tannin, rotbeeriger Touch, feine Erdbeer-Orangennote, bleibt sehr gut haften, gutes Reifepotenzial, fruchtsüßer Nachhall.
(Lagern/Trinken +40)

96 Punkte
2009 Richebourg

(15.742 Flaschen), 13,5%
Kräftiges Rubingranat, violette Reflexe, zarter Wasserrand. Zart floral unterlegte feine frische Herzkirschenfrucht, zart nach Pfeifentabak und Veloursleder, ein Hauch von dunklen Beeren, Rosenblätter. Komplex, saftig und extraktsüß, feines, tragendes Tannin, schokoladiger Anklang im Finale, schokoladig und lang, vielversprechendes Potenzial.
(Lagern/Trinken +40)

98 Punkte
2009 La Tâche

(21.393 Flaschen), 13,5%
Kräftiges Rubingranat, violette Reflexe, zarter Wasserrand. Feiner Hauch von kandierten Orangenzesten, eigelegten Kirschen und Rosen, angenehme Edelholzwürze, frische Brombeeren, zart nach Lakritze und Veilchen. Stoffig, komplex, sehr saftig, schwarze Kirschen, reife Weichseln, perfekt integrierte Tannine, große Länge, mineralisch und anhaltend, bleibt minutenlang haften, tolles Zukunftspotenzial.
(Lagern /Trinken +50)

100 Punkte
2009 Romanée-Conti

(6.465 Flaschen), 13,5%
Kräftiges Rubingranat, violette Reflexe, zarter Wasserrand. Süßes rotbeeriges Konfit, zart nach frischen Kirschen, noch etwas verhalten, einladende Gewürznuancen, ein Hauch von Nougat, zart nach Walderdbeeren, frische Orangenzesten, vielschichtiges Bukett, das sich mit Luft immer weiter auffächert. Krafvoll, saftig und extraktsüß, rotbeeriger Fruchtschmelz, feste tragende Tannine, die den Gaumen voll auskleiden, frischer Säurebogen, saliner Nachhall, sollte noch mindestens zehn Jahre Flaschenreife erfahren, frische Orangen im Rückgeschmack.
(Lagern/Trinken +50)

95 Punkte
2006 La Tâche

(22.140 Flaschen), 13%
Kräftiges Rubingranat, violette Reflexe, zarter Wasserrand. Etwas verhalten, süße rote Waldbeerfrucht, etwas Nougat, ein Hauch von Feigen, wirkt bereits entwickelt. Stoffig, reife Kirschenfrucht, präsente Tannine, schokoladig, noch etwas rau im Abgang, wirkt am Gaumen im Gegensatz zur Nase noch sehr verschlossen und unterentwickelt, hier ist noch Geduld gefragt.
(Lagern/Trinken +25)

98 Punkte
2005 La Tâche

(21.906 Flaschen), 13%
Dunkles Rubingranat, violette Reflexe, zarter Wasserrand. Süße Gewürzanklänge, feines dunkles Beerenkonfit, florale Noten, kandierte Veilchen, zart nach Mandarinenzesten. Komplex, saftig, süße Frucht nach vollreifen Kirschen und Pflaumen, stramme Tannine, feine Orangenfrucht im Abgang, zarter Schokoschmelz, besitzt eine ausgezeichnete Länge und Frische, etwas Nougat und Gewürznelken im Nachhall, ein Wein mit einer gewaltigen Zukunft und 100 Punkte-Potenzial.
(Lagern/Trinken +35)

96 Punkte
1990 La Tâche

Kräftiges, tiefes Karmingranat, rubinrote Reflexe, breiter Ockerrand. Zart rauchig unterlegte, schwarzbeerige Fruchtnuancen, Brombeeren, Nuancen von Röstaromen, etwas Schokolade, Noten von Minze und ein Hauch von Trüffeln, facettenreich, öffnet sich gut mit Luft. Am Gaumen ein festes Rückgrat, wieder dunkle Beeren, frischer Säurebogen, präsente, seidige Tannine, etwas Nougat, mineralisch, lange anhaltend und voll Finesse, hat nun nach 25 Jahren seinen Trinkhöhepunkt leicht überschritten, immer noch ein Parade-La Tâche. (Trinken/Lagern +20)

92 Punkte
1988 La Tâche
(20.137 Flaschen)
Mittleres Karmingranat, dezente Ockerreflexe, breite Randaufhellung. Kandierte Orangenzesten, eingelegte Kirschen, ein Hauch von frischen Feigen, Nuancen von Veilchen. Straffes Tannin, sehr lebendiger Säurebogen, rotbeerige Frucht, leicht zitronig im Abgang, mineralischer Nachhall, delikat, es fehlt etwas die Länge, die einen großen Jahrgang auszeichnet.

88 Punkte
1982 La Tâche

(32.225 Flaschen)
Aufgehelltes Karmingranat, Ockerreflexe, breiter Wasserrand. Zart kräuterwürzig unterlegtes rotes Waldbeerkonfit, zart nach Veilchen, ein Hauch von Dörrobst, kandierte Orangenzesten, erdige Würze, dezenter Oxidationsanflug. Schlank, wirkt etwas weitmaschig, die Tannine sind bereits verbraucht, reife Aromatik, bleibt etwas kurz.
(Austrinken)

98 Punkte
1978 La Tâche

Kräftiges Rubingranat, Ockerreflexe, breitere Randaufhellung. Dunkelbeerig unterlegte feine Karamellsüße, feinwürzig, zart floraler Touch von schwarzen Trüffeln, etwas Unterholz, kandierte Mandarinenzesten unterlegt. Am Gaumen komplex, extraktsüß, verfügt über feste, tragende Tannine, dicht, feine schokoladige Nuancen, zeigt eine sehr große Länge, seit einer Dekade absolut am Punkt, verfügt aber über weiteres Reifepotenzial.
(Trinken/Lagern +20)

95 Punkte
1978 Richebourg

Kräftiges Rubingranat, Ockerreflexe, breitere Randaufhellung. Reife Herzkirschen, mit süßen roten Waldbeeren unterlegt, florale Nuancen, ein Hauch von exotischen Gewürzen. Saftig, elegant, verfügt über eine gute Extraktsüße, tragende Tannine, finessenreiche Säurestruktur, wirkt mineralisch und kraftvoll, zarter Nougattouch im Finale, ein herrlich herangereifter Pinot Noir der Extraklasse.
(Trinken/Lagern +15)

93 Punkte
1978 Grands Échézeaux

(11.550 Flaschen)
Mittleres, zart gebräuntes Karmingranat, breitere Randaufhellung. Ein Hauch von Kirschkonfit, rotbeeriger Hauch, unterlegt mit etwas Kräuterwürze, Nuancen von Quittengelée, Hagenbuttenkonfit und Orangenzesten. Feine Extraktsüße, mittelgewichtig, finessenreich strukturiert, reife, seidige Tannine, bleibt gut haften, zarte Mineralik, salziger Touch im Finale.
(Trinken +10)

93 Punkte
1978 Romanée Saint-Vivant (Marey-Monge)

(15.045 Flaschen)
Mittleres, zart gebräuntes Karmingranat, breitere Randaufhellung. Feines rotes Waldbeerkonfit, aber auch Brombeeren, florale Nuancen, ein Hauch von Cassis, ein Hauch von Tabak. Elegant, frische Säurestruktur, rotbeerig, süße Kirschen, zitroniger Nachhall, ein Hauch von Karamell, sehr gute Länge.
(Trinken +10)

***(**)
1942 La Tâche

Helles Bernstein, Mahagoni-Schimmer. Feine Noten von Nüssen und Dörrpflaumen, kandierte Orangenzesten, Adventnuancen. Am Gaumen leichtgewichtig, Anklänge von  süßem Sherry, rosinierte Frucht, dezentes Säurespiel, angenehme Schokonote im Nachhall, aber natürlich schon in die Jahre gekommen. Nach 73 Jahren bietet diese historische Weinantiquität allerdings noch einiges Trinkvergnügen, ein anmutiger Wein aus der Zeit des 2. Weltkrieges.

Notiert von Peter Moser

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