Der Jahrgang 2014: So wird er wirklich

Die Winzer wurden bis an die Grenzen der Belastbarkeit gefordert, die Mühe hat sich aber gelohnt.

Es ist eine alte Winzerweisheit, dass sich die Qualität eines Jahrgangs erst im September und im Oktober entscheidet. Schon der August war sehr kühl und regnerisch, aber was dann im September folgte, brachte die Winzer schier zur Verzweiflung. Der Langenloiser Alwin Jurtschitsch erzählte im Gespräch mit Falstaff, dass er noch drei Wochen vor Erntebeginn an einen »ganz großen Jahrgang« geglaubt hat. Der Behang war schön wie schon lange nicht mehr. Doch dann kam der Regen. Rekord-Niederschläge verwandelten viele Weingärten in morastige Sumpflandschaften, die Nerven lagen blank. Der südsteirische Winzer Erwin Sabathi gestand, dass er nach dem Regen genau in der sensibelsten Phase am liebsten alles hängen gelassen hätte. Doch nun, rund zwei Monate später, ist der Jahrgang 2014 im Keller und es wird, entgegen seiner ersten Einschätzung, sogar alle Lagenweine geben. Grund dafür war ein trockener und sonniger Oktober, der die Gradationen noch ensprechend steigen ließ.

Falstaff hat sich in den Weinbauregionen umgehört und die Winzer gefragt, wie der Jahrgang ihrer Meinung nach geraten würde. Lesen Sie in dieser Bilderstrecke die Statements der Winzer, vom Weinviertel bis in die Südsteiermark.

Wettlauf gegen die Botrytis
Die miserablen Wetterbedingungen waren »gerecht« verteilt: In allen Weinbauregionen hatten die Winzer mit massivem Fäulnisdruck und verzögerter Reife zu kämpfen. Die Fäulnis war in manchen Weingärten so weit fortgeschritten, dass einige Weinbauern mit »Noternten« begannen, ohne dass die Trauben eine für gute Qualität notwendige Zuckergradation erreicht hätten. Selbst erfahrene Winzer waren unschlüssig, wie der Wettlauf gegen die Botrytis (Anm.: Edelfäule) gewonnen werden kann. Wie sich im Nachhinein zeigt, waren wohl jene am besten dran, die konsequent die befallenen Trauben entfernt, so lange wie möglich zugewartet und mehrere Erntedurchgänge organisiert haben. Für viele Winzer war es die teuerste Ernte aller Zeiten, da der Personalaufwand vielerorts drei Mal so hoch war wie in einfacheren Jahren. Die Weinbauern selbst schufteten Tag und Nacht – zur körperlichen Erschöpfung kam die nervliche Anspannung und angesichts des verheerenden Zustands mancher Weingärten auch eine gewisse Resignation. Zu allem Überdruss wurde in einigen Weingärten auch ein neuer Schädling entdeckt: die Kirschessigfliege.

Lohn für harte Arbeit
Das Qualitätsniveau des 2014ers wird höchst unterschiedlich ausfallen. Es liegt in erster Linie am Geschick der einzelnen Winzer, ob der Jahrgang gut in den Keller gebracht wurde. Am Ende wurde gewissenhafte Weingartenpflege belohnt: Schon im Sommer mussten Blätter in der Traubenzone entfernt werden, damit Licht und Luft zu den Trauben gelangt. Das Zeitfenster für die Lese war sehr eng, wodurch perfekte Ernteplanung notwendig war. Neben Erfahrung und Fingerspitzengefühl war wohl auch eine gewisse Portion Glück hilfreich, um die richtigen Zeitpunkte zu erraten. Die Winzer beschreiben den Charakter des 2014ers strahlig, fein, fruchtig und elegant. Alkoholbomben werden uns heuer wohl erspart bleiben. 

Des einen Leid...
Auch wenn die arrivierten Winzer die Qualität des Jahrgangs zu retten wussten, unterm Strich fehlt es an der Menge. Es gab Rückmeldungen von Winzern, die in ihren Weingärten bittere Einbußen von bis zu 50 Prozent hinnehmen mussten. Besonders schwierig waren die Voraussetzungen bei frühreifen und engbeerigen Sorten wie dem Zweigelt oder dem Sankt Laurent. Im bundesweiten Schnitt werden die Einbußen wohl bei zehn bis 20 Prozent im Fünf-Jahres-Vergleich liegen, für exakte Angaben ist es noch viel zu früh.

Des andren Freud
Von der grassierenden Botryitis war schon die Rede, sie ist in den Süßweinregionen eine durchaus willkommene Erscheinung. Da sie beim Jahrgang 2014 in allen Weinbauregionen aufgetreten ist, wird es wohl auch ein Jahr der Beeren- und Trockenbeerenauslesen werden. Freunde von Rosé-Weinen werden ebenfalls auf ihre Rechnung kommen, denn es mussten viele Rotwein-Trauben mit geringen Gradationen geerntet werden – für eine guten Rotwein zu wenig, für einen Rosé ideal.

von Bernhard Degen

Bernhard Degen
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