Das süße Gold der Reben

Dessertweine haben eine lange kulinarische Tradition, obwohl sie nur einen kleinen Teil der weltweiten Wein­produktion ausmachen - ihre Her­stellung kann auf sehr unterschiedliche Weise erfolgen. Ein Falstaff-Streifzug durch die Weinkeller ...

Schuld an den edelsüßen Weinen ist ein Schimmelpilz. Botrytis cinerea lässt die reifen Beeren wie Rosinen schrumpfen. Durch diesen Prozess wird der flüssige Inhalt stark konzentriert, der Zuckergehalt im Most steigt. Um exzellente Ergebnisse zu erzielen, sind ein spezielles Mikroklima und ein entsprechendes Terroir notwendig.

Lediglich vier Länder in Europa sind für die Herstellung großer edelsüßer Weine prädestiniert: Deutschland mit seinen süßen Rieslingen, Ungarn mit den Tokajer-Weinen, Österreich mit den Süßweinen rund um den Neusiedler See und Frankreich mit Sauternes und Barsac. Natürlich wachsen auch in vielen anderen ­Weinregionen der Welt, etwa im Elsass, Süßweine auf Basis der Botrytis – sie erreichen aber längst nicht diese Qualität.

Der Schimmelpilz ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit, wie süße Weine entstehen. Beim Eiswein konzentriert der Frost die Beeren, die gefroren in die Presse kommen. In warmen ­Regionen wird diese Form technisch imitiert, ­indem man Traubenmaterial in Kühlanlagen einfriert und dann presst. Diese Methode nennt sich Kryoextraktion und wurde in Sauternes für den Fall entwickelt, dass sowohl Botrytis wie auch Frost ausbleiben.

Die Süßweine der Dönnhoffs von der Nahe werden in Amerika besonders geschätzt. / Foto: beigestellt
Die Süßweine der Dönnhoffs von der Nahe werden in Amerika besonders geschätzt.

Die echten Eisweine bestechen neben ihrem Zuckergehalt durch ihre besonders klare Frucht und eine rassige Säure. Neben Deutschland, wo der Riesling die besten Ergebnisse bringt, liefert Kanada Spitzenprodukte, vorwiegend aus der Region Ontario. Auf der Niagara-Halbinsel werden Eisweine aus den Sorten Vidal, Riesling und Cabernet Franc erzeugt, bekanntester Hersteller ist Inniskillin Wines.

Eine andere Methode ist die Trocknung: Die Trauben werden auf Strohmatten oder Holzgestellen unter Dach aufgelegt, und man wartet, bis durch die Verdunstung des Wassers in den Beeren ein entsprechender Zuckergehalt vorhanden ist. Diese Methode ist in vielen Ländern verbreitet und durch gesetzliche Vorschriften ­geregelt. In Deutschland war die Herstellung von »Strohwein« seit 1971 verboten, erst seit der neuen EU-Weinmarktordnung 2009 ist sie wieder zugelassen, die Bezeichnung allerdings ist durch Österreich und Italien geschützt. Die ­Moselwinzer Ulrich und Peter Stein aus Bullay, altgediente Kämpfer gegen das Verbot, verwenden nun die mundartliche Bezeichnung »Striehween«. In Frankreich spricht man vom »vin de paille«, in Italien vom »passito«. Auch der griechische »Samos« und der zyprische »Commandaria« fallen in diese Gruppe.

Willi Opitz aus Illmitz in Österreich lässt gesunde Trauben für seinen »Schilfwein« schrumpfen. / Foto: Steve Haider
Willi Opitz aus Illmitz in Österreich lässt gesunde Trauben für seinen »Schilfwein« schrumpfen.

In Österreich wird Strohwein vor allem im burgenländischen Seewinkel erzeugt, die Trauben trocknen auf Schilfmatten. Dafür ist der Name »Schilfwein« gebräuchlich, den der ­Winzer Willi Opitz aus Illmitz erfunden hat.

Ein besonderer Typus Süßwein ist jener, bei dem die Trauben direkt am Stock rosinieren und dann verarbeitet werden. Der legendärste ist der Vin de Constance, der in Südafrika vom Weingut Klein Constantia aus Muskatellertrauben gemacht wird.

Ein Wein mit Süße lässt sich auch herstellen, indem man die Gärung des Mostes unterbricht; das Endprodukt weist dadurch einen erheblichen Restzuckergehalt auf. Dies erreicht man durch den Zusatz von Alkohol, der die für die Gärung nötigen Hefen absterben lässt. Man spricht von fortifizierten Weinen, es gibt eine große Bandbreite von Herkünften und Stilen. Port und Sherry sind die wohl bekanntesten, ebenso Madeira und Malaga. In Frankreich ­bezeichnet man diese Produktgruppe reichlich irreführend sehr elegant als »vin doux naturel« (VDN). Diese südfranzösischen Varianten tragen elf Appellationen, neben den Muscats sind ­Banyuls, Maury, Rasteau und Rivesaltes von ­Bedeutung.

Den vollständigen Artikel lesen Sie im aktuellen Falstaff Nr. 8/2011 - Jetzt im Handel!

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Text von Peter Moser