»Das Spittelberg« folgt dem »Kussmaul«
Harry Brunner mit seinem Küchenteam
© Joachim Haslinger

Harry Brunner mit seinem Küchenteam
© Joachim Haslinger
Das Restaurant »Kussmaul« am Spittelberg, im Besitz der Familie des Baulöwen Hans Peter Haselsteiner, heißt jetzt »Das Spittelberg« und wurde vor wenigen Tagen nach einer längeren Umbauphase wieder eröffnet. Vom Ambiente her wurde nicht viel geändert, dennoch wirkt alles jetzt ein wenig heller und freundlicher und weniger gewollt weltstädtisch. Ein Detail fällt allerdings sofort auf: die wunderschöne Rotisserie (derzeit noch im Probebetrieb) von Molteni, der wohl berühmtesten Herdmanufaktur Frankreichs. Herde und Rotisserie-Geräte von Molteni sind in Sachen Funktion und Design absolute Kunstwerke.
Gerer-Schüler Harry Brunner
Einer, der dafür immer schon ein Faible hatte, ist Harald Brunner, er ist jetzt Küchenchef im neuen »Das Spittelberg«. Brunner ist ein überaus erfahrener Routinier, das Kochen lernte er bei Reinhard Gerer im legendären Korso, wo er es schon früh zum Sous Chef brachte, später war er in Österreich einer der ersten, der die euro-asiatische Fusionsküche bekannt gemacht hatte. Danach folgten einige Stationen, zuletzt sorgte er im Heurigen »Spätrot« in Gumpoldskirchen für eine Heurigenküche, die von Falstaff als die beste des Landes ausgezeichnet wurde. Ein Großmeister auf einer kleinen Bühne, der für Esserlebnisse mit Seltenheitswert sorgte.

Das ehemalige »Kussmaul« wurde einem Facelift unterzogen.
© Joachim Haslinger
Klassiker mit Asia-Note
Doch jetzt geht es erst wirklich zur Sache. Brunner scheint motiviert, wie selten zuvor. Und das wirkt sich auch auf seine Gerichte aus. Stilistisch will er das machen, was er am besten kann: eine gehobene Wiener Küche mit vielen Klassikern und einer leichten asiatischen Note - und vor allem aber mit Rotisserie-Schwerpunkt. Das wollte Brunner schon immer. Schon allein seine kleinen Grammelknödel und Chilli-Fleischknödel mit Speckkraut sind hinreißend gut. Seine Dim Sum mit Kalbsbries und Flusskrebsen in einem fantastischen Sud aber wirken so ausgereift und stimmig, als hätte er dieses Gericht schon sein ganzes Leben gemacht. Das ist ganz große Klasse.
Highlights von der Rotisserie
Knuspriger Schweinebauch vom Duroc Schwein. Macht inzwischen fast jeder. Doch in den meisten Fällen nicht annähernd so gut wie Harry Brunner. Und natürlich seine Ente. Die konnte er schon immer so knusprig und trotzdem saftig machen, wie kaum ein anderer. Ein weiteres Highlight von der Rotisserie: die »alte Kuh«, ein acht Wochen gereiftes Fleisch von einer 14 Jahre alten Simmentaler Kuh. Der Geschmack eine Sensation.
Abkehr von der Weltstadtküche
Wohltuend ist, dass Brunner jetzt – im Unterschied zum früheren »Kussmaul« – keine prätentiöse Weltstadtküche an den Gast bringen möchte. Eine internationale, moderne Hochküche etwa nach dem Vorbild skandinavischer oder spanischer Spitzenköche können nur wenige, meist enden solche Versuche verkrampft, peinlich und prätentiös. Harald Brunner erspart uns das, allein dafür gebührt ihm schon Hochachtung.
Eine Bereicherung
Sein gesamtes Team wirkt schon nach wenigen Tagen überraschend gut eingespielt. Dennoch wird sich so manches erst nach und nach entwickeln. So ist etwa die Weinkarte mit Schwerpunkt Österreich noch ausbaufähig, ebenso die Bar. Insgesamt aber ist »Das Spittelberg« schon jetzt eine echte gastronomische Bereicherung und könnte einen ähnlichen Erfolg einfahren, wie das Christian Petz mit seinem »Petz im Gußhaus« gelungen ist. Qualitäts-Garantin in dieser Hinsicht ist Sous Chefin Heidi Neuländtner, die jahrelang an der Seite von »Meister Petz« gekocht hat.
Das Spittelberg
Spittelberggasse 12
1070 Wien
www.das-spittelberg.at
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