Das sind die Gastronomie-Trends 2013

Wie wird sich die Szene entwickeln? Was hat sich in der Vergangenheit durchgesetzt und was war bloß Mode? Eine Analyse.

GTrends kommen und gehen. Manche erweisen sich als Modeerscheinung, andere sorgen für neuen Schwung und Innovation. Das ist fast in jeder Branche so, in der ­Gastronomie aber sind Trends besonders heikel. Treten etwa Köche in Personalunion auch als Wirte auf, wird es schwierig: Als Köche wollen sie ihre Gäste mit innovativen Krea­tionen und kulinarischen Purzelbäumen verblüffen, es soll ein Essen sein, wie es der Gast noch nie erlebt hat. Das ist riskant, denn der eine oder andere zieht leicht irritiert von dannen und kommt nie wieder. Als Lokalbesitzer müssen sie aber dem Gast aufs Maul schauen und im Idealfall erahnen, wonach den Menschen der Sinn steht. Eine Gratwanderung, die in der Frage gipfelt: »Wollen wir unsere Gäste zum Genuss erziehen oder geben wir ihnen einfach, was sie wollen?«

Wohlfühlatmosphäre
Hinzu kommt die Kurzlebigkeit der Inneneinrichtung. Das weiß keiner besser als Fabio Giacobello, der heuer sein »Fabios« in der Wiener Innenstadt umgestalten ließ. »Wie ein Restaurant gestaltet ist«, sagt Giacobello, »ist extrem vom Zeitgeist abhängig. Und der hat sich gewaltig geändert. Früher haben coole Linien dominiert, heute muss alles wohnlicher, ­farbenfroher und lässiger sein.«

Neue Einfachheit
Inzwischen hat landesweit fast jede Dorfkondi­torei ein »cooles« Ambiente. »Cool« allein genügt nicht mehr, »ein gutes Restaurant braucht mehr denn je eine Seele«, sagt Giacobello, dessen neuer Koch Joachim Gradwohl auch auf dem Teller einem internationalen Trend entsprechen will: »Die Zeit der üppigen Menüs nach französischem Vorbild ist vorbei. Heute genügen ein, zwei Gerichte, bei denen die Grundprodukte nicht von Hunderten Saucen begleitet werden.«

Individualismus gefragt
Eine neue Ära wollte heuer auch Familie Döllerer im salzburgischen Goling einläuten. Sie eröffnete im Sommer ein von Grund auf umgebautes Restaurant samt erweitertem Hotel. Am Beispiel des jungen Küchenchefs Andreas Döllerer zeigt sich auch, wo die ­kulinarische Reise hingehen kann. Er ist ­bekannt dafür, dass er sich laufend in den ­besten Restaurants der Welt umschaut. Von der Molekularküche hat er sich nur kurz beeinflussen lassen, sie erscheint ihm heute als »entbehrliche Modeerscheinung«. Stattdessen setzt er vermehrt auf die kreative Ver­arbeitung regionaler Spitzenprodukte – auf sehr persönliche Weise umgesetzt.

Mitläufer
Weshalb es österreichischen, aber auch deutschen Spitzenköchen nicht gelingt, einen Trend wie etwa die New Nordic Cuisine in die Welt zu setzten, mag viele Gründe ­haben. Einer davon ist die Tatsache, dass sie meist nur auf einen Zug aufspringen, der ­anderswo schon abgefahren ist.

Silvio Nickol setzt im Palais Coburg die Trends / Foto: beigestelltDetailverliebt
Eine der wenigen Ausnahmen ist der junge Silvio Nickol im Wiener Nobelhotel Palais Coburg. Der aus Deutschland stammende Schüler des Drei-Sterne-Altmeisters Harald Wohlfahrt zieht seit zwei Jahren konsequent eine Linie durch, die Respekt verdient. Unbeirrbar kreiert er Gerichte mit einem in Österreich unüblich hohen Aufwand. Man mag seine Küche mögen oder nicht, sie ist in ­jedem Fall weder gefällig noch all zu sehr an internationale Trends angelehnt. Wie ein Feinmechaniker ziseliert Nickol Gerichte in seiner persönlichen Gangart, seine Detailverliebtheit scheint fast manisch.

Eigene Linie
Weitgehend unbeirrt von Trends und Moden geht auch Heinz Reitbauer vom Wiener »Steirereck« ans Werk. Zwar fließen in seine Küche durchaus auch internationale Strömungen ein, wer das »Steirereck« aber öfter frequentiert, wird feststellen, dass Reitbauers Küche eine ganz persönliche Stilistik aufweist.

Heinz Reitbauer vom »Steirereck« hat seinen eigenen Stil gefunden / Foto: beigestelltFalstaff-Umfrage
Und was sagen die Gäste zu all den kulinarischen Trends und Strömungen? Falstaff hat dazu unter Clubmitgliedern eine Umfrage gemacht. Die Ergebnisse sind erstaunlich. Nur zur Erklärung: Da bei den in der Umfrage angeführten Antworten auch Mehrfachnennungen möglich waren, ist nicht von einem Gesamtwert von 100 Prozent auszugehen. Beispiel: Fast 42 Prozent der Befragten halten die New Nordic Cuisine für die derzeit innovativste Küchenstilistik. Mehr als 70 Prozent glauben hingegen im Bereich der »Regionalküche« die meisten Innovationen zu erkennen. Die Molekularküche – einst als die ­Küchenrevolution schlechthin gefeiert – erscheint heute nur noch rund 15 Prozent der Befragten als »innovativ«. Auf die Frage »Auf welchen Küchenstil könnten Sie am ehesten verzichten?« kreuzten sogar 40 Prozent die Molekularküche an.

Zeit der Luxusgastronomie vorbei?
Überraschend auch die Antworten auf die Frage »Welche Formen der Gastronomie werden sich vermutlich noch stärker verbreiten?«. Fast 41 Prozent wählten dabei das ­»Bistro«, dicht gefolgt vom klassischen »Beisl« und der Systemgastronomie, deren weitere Verbreitung 37 Prozent vermuten. Weit abgeschlagen hingegen die Luxusgastronomie mit 21 Prozent.

Gegessen wird immer
Die Antwort auf die Frage »Wie wird sich vermutlich ihr Restaurantverhalten im nächs­ten Jahr entwickeln?« ist für Gastronomen beruhigend: Nur knapp vier Prozent der Befragten gaben an, weniger häufig essen gehen zu wollen. 75 Prozent sind hingegen der Meinung: »Es wird sich gar nichts ändern.«

Text von Herbert Hacker
Aus Falstaff Nr. 08/2012