Auf die Markenentwicklung im Tourismus und im Bereich Destinationsbranding hat sich Engl spezialisiert.

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Das Reisemotiv der neuen Generation: Instagrammability

Christoph Engl ist Spezialist für bei der Managementberatung BrandTrust. In seiner Kolumne schreibt er über Instagrammability.

Als man in Großbritannien die Zielgruppe der Millennials studierte, um ihre Kriterien für eine Urlaubsentscheidung zu verifizieren, setzte sich mit über 40 % eine Antwort an die Spitze der Motivliste: »Wie gut man das Urlaubserlebnis auf Instagram abbilden kann«. Der neue Begriff »Instagrammability« war geboren.

Weit vor »Sehenswürdigkeiten«, »Lokale Küche«, »Selbstverwirklichungsmöglichkeiten« und ­»Verfügbarkeit und Preis alkoholischer Getränke« sprachen die 1000 Befragten schonungslos ihre ­neuen Bewertungsmaßstäbe aus. Dies legt die ­Vermutung nahe: Die neue Kundengruppe fängt mit den etablierten Qualitätskriterien von Hotel- und Michelin-Sternen offenbar wenig an. Den eintönigen Standardzimmern der großen Hotelketten wird mit ­dieser neuen Motivlage ebenso der Kampf angesagt wie den monotonen nach Vor-, Haupt- und Nachspeise aufgebauten Speisekarten. Doch was bedeutet dies für die touristischen Leistungsträger?

1. Kunden kaufen Sehnsüchte, keine Produkte

Es würde sich lohnen, wenn Hotels mit ihren Ausstattungen und Angeboten auf diese neuen Sehnsüchte ihrer Kunden reagieren. Zur starken Marke wird, wer nicht imitiert sondern kapiert. Die Reiseplattform Airbnb oder der bildliche Kommunikationskanal Instagram können getrost als die Trendsetter dieser neuen Zeit gelten. »Fahre nicht hin. Lebe dort« (Airbnb) adressiert authentische Reiseerlebnisse, »Momente sammeln, nicht Dinge« ­(Instagram) suggeriert, worauf es im gesättigten Markt der Reiseangebote ankommt. Die Menschen kaufen weder ein Kilometer-Angebot an Wanderwegen und Skipisten noch ein Quadratmeter-Angebot an Zimmern und Ferienwohnungen. Menschen kaufen Entdeckung, Abenteuer, Nostalgie, Vertrautheit.

»Der Kunde übernimmt das ­bisherige ­Kommunikationsgeschäft und macht die klassische ­Image­broschüre obsolet.«
Christoph Engl, Managementberatung BrandTrust

2. Marke heißt, eine eigene Identität zum Ausdruck zu bringen

Das Mehr vom Gleichen wird in einer Welt der schonungslosen Vergleichbarkeit kalt abgestraft. Kunden erkennen nur das Eigenwillige als besonders, nicht das Ähnliche. Zu den größten Gefahren der Markenbildung in Hotels gehört, den Erfolg in einer möglichst großen Vielfalt des Angebots für möglichst alle Zielgruppen zu suchen. Gekauft wird aber das unverwechselbar Besondere – und wenn es die spezielle Aufmerksamkeit des Hotelbetreibers für ein großes veganes Speisenangebot ist oder für Wild­gerichte, weil dieser selbst Veganer oder Jäger ist. Jedes Design­hotel ist seelenlos und austauschbar, wenn die Konzeption vom Architekten kam und vom Betreiber weder vermittelt wird noch als Teil der eigenen Überzeugung gilt. Hotels werden zur Identifikationsfläche der eigenen Sehnsüchte und Überzeugungen.

3. Die Kommunikation wird von den Kunden ­übernommen

Die digitalen Möglichkeiten erschaffen eine neue Weltordnung der Kommunikation: Kunden übernehmen das Informations- und Bewertungsgeschäft, filmen und fotografieren in bester Qualität, teilen die eigenen Erfahrungen bildlich und schriftlich mit ihrer Community. Dieser Kommunikation wird mehr geglaubt als den Bildern und Beschreibungen des Anbieters. Dieser muss darauf ­achten, dass sein Produkt einen Anlass hergibt, den es zu kommentieren bzw. zu fotografieren lohnt. Was kann man aus den allermeisten Hotelzimmern schon an die eigene Community als Bild verschicken? Was ist von den aus der Küche getragenen Tellern so, dass es auf einem Instagram-Kanal gegen andere Motive bestehen könnte? Was sollte man als »besonders« kommentieren, wenn es ­flächendeckend »Hot Stone Massagen« und »Regenduschen« gibt, aber die Orchideen aus Plastik sind und die Frühstückskipferl vom Tiefkühl­einheitslieferanten?

Kolumne aus Falstaff KARRIERE 03/2018.

Christoph Engl
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