Spitzenkoch Andreas Döllerer und Schafzüchter Michael Wilhelm

Spitzenkoch Andreas Döllerer und Schafzüchter Michael Wilhelm
© Helge Kirchberger

Das Lamm-Experiment: Alpine Rassen im Vorteil

Im Koch.Campus wurden unter der Regie von Andreas Döllerer zehn verschiedene Schafrassen verkostet und bewertet. Das Tiroler Bergschaf wurde favorisiert.

Ein derartiges Experiment ist in der Geschichte der heimischen Spitzengastronomie einzigartig und stellt eine bemerkenswerte Pionierleistung dar. Andreas Döllerer wollte mit seinen Freunden und Kollegen vom Koch.Campus wissen, welche Schafrasse sich am besten für anspruchsvolle Küche eignet. Gemeinsam mit Michael Wilhelm, der sich mit seiner Söldener »Alpinmanufaktur« auf die Aufzucht von alpinen Rassen spezialisiert hat, wurde das aufwendige Experiment im Frühsommer 2019 gestartet.

Ein Proband ist bis heute verschollen

Elf Jungschafe unterschiedlicher Rassen aber gleichen Alters wurden auf eine Alm im Tiroler Windachtal geführt und ihrem Schicksal überlassen. Mit Spannung wurde beobachtet, wie die »Flachländer« mit den hochalpinen Bedingungen zurechtkamen. Das exponierte Gelände und die Witterung stellten für die meisten Tiere keine größeren Probleme dar. Rasch bildeten sich Gruppen, einige Tiere schlossen sich auch lokalen Herden an. Nicht alle überstanden den Sommer unbeschadet: Ein Jura-Schaf hatte sich die Schulter gebrochen, ein Schwedisches Götlandschaf ist bis heute verschollen.

Vom Lamm zum Jungschaf

Die zehn überlebenden Lämmer wurden im Oktober 2019 wieder in Wilhelms Stall zusammengeführt. Den Winter verbrachten die Tiere im Stall, wo sie mit Heu von der Alm gefüttert wurden. Die Ruhephase und das Heu mit seinen Mineralstoffen, ätherischen Ölen und würzigen Alpenkräutern, kommt der Fleischqualität mit feinem Biss und würziger Aromatik zugute. Die »überjährigen« Lämmer bzw. Schafe wurden am 10. Februar 2020 geschlachtet und zerlegt.

Edelbrenner Hans Reisetbauer mit den Spitzenköchen Heinz Reitbauer (»Steirereck«) und Thomas Dorfer (»Landhaus Bacher«)
© Helge Kirchberger
Edelbrenner Hans Reisetbauer mit den Spitzenköchen Heinz Reitbauer (»Steirereck«) und Thomas Dorfer (»Landhaus Bacher«)

Eine prominente Jury

Zur Beurteilung der Optik und vor allem des Geschmacks lud Andreas Döllerer nicht nur seine Kollegen vom Koch.Campus, unter Ihnen Heinz Reitbauer, Thomas Dorfer und Dieter Koschina, sondern auch Gourmet-Journalisten und erfahrene Feinschmecker. In einer Blind-Bewertung wurde das Fleisch der Schafe optisch bewertet und verkostet, roh und zart gebraten.

Die Ergebnisse

Die Bewertungen nach einem Zehn-Punkte-System wurden addiert und im Durchschnitt wurde das Tiroler Bergschaf relativ eindeutig am höchsten bewertet. Einzig in der Kategorie »roh« lag das Juraschaf vorne:

  1. Tiroler Bergschaf
  2. Juraschaf
  3. Zackelschaf
  4. Walliser Schwarznasenschaf
  5. Ile de France Schaf
  6. Kärntner Brillenschaf
  7. Alpines Steinschaf
  8. Suffolkschaf
  9. Deutsches Merinoschaf
  10. Texelschaf

Bewertet wurden ausschließlich Geruch, Geschmack, Textur und Optik. Für Züchter sind natürliche andere Komponenten ebenso relevant, wie beispielsweise die Widerstandskraft, der Charakter oder das Futterverhalten. Wilhelm berichtete jedenfalls, dass auch die Flachland-Rassen sofort den Weg ins hochalpine Gelände gesucht hatten, um dort auf Futtersuche zu gehen.

»Wir hatten so ein Ergebnis erhofft. Die alpinen, autochthonen Rassen waren die Gewinner.«
Andreas Döllerer

Hochleistungs-Fleischproduzenten wie Ile de France oder Texel können bei der Fleischqualität nicht mithalten. »Das Fleisch von Gebirgsschafen ist besonders fein marmoriert, hat einen festen Biss und ein ausgesprochen feines Aroma«, schwärmt Andreas Döllerer, der bekannt ist für seine »Cuisine Alpine«. Jeder Züchter sei gut beraten, auf alte alpine Rassen zu setzen.

Döllerer berichtet im Gespräch mit Falstaff von großem Echo auf das Experiment. Es hat sich u.a. der Tiroler Schafzuchtverband gemeldet, der einen ähnlichen Versuch gerne wiederholen würde. Thema könnte das nächste Mal auch Ziege sein, deren Fleisch ist in der Spitzengastronomie weitgehend unterschätzt.

Bernhard Degen
Autor
Mehr entdecken
Restaurant
Döllerers Restaurant
Andreas Döllerer wurde zum Synonym für die »Alpine Cuisine«. Seine Kochkunst und Aromenwelt...
Markt 56, 5440 Golling an der Salzach
Weinbar
Döllerers Enoteca
Die Eigendefinition von Sabine und Raimund Döllerer (»eine lebendige Mischung aus Weinladen und...
Kellau 160, 5431 Kuchl
Mehr zum Thema
Rezept
Délice vom Somafer Lamm
Im Restaurant »ESPLANADE« im »Relais & Châteaux« in Saarbrücken kocht Zwei-Sterne-Koch Silio...
Von Silio Del Fabro
Rezept
Lamm und Kamille
Einer der innovativsten Köche Italiens, Enrico Crippa, präsentiert sein köstliches Rezept...
Von Enrico Crippa
Rezept
Lammhaxen-Curry
Es gibt kaum ein besseres Stück zum Schmoren als die Lammhaxe: Dank reichlich Bindegewebe und dem...
Von Severin Corti