Der runde unterirdische Chai von Lafite-Rothschild ist ein optisch spektakulärer Reifekeller.

Der runde unterirdische Chai von Lafite-Rothschild ist ein optisch spektakulärer Reifekeller.
© F. Poincet / Occit Media

Das Imperium Rothschild

Im Laufe der letzten 150 Jahre haben drei Familienzweige eine weltumspannende Produktion von Spitzenweinen geschaffen.

Als die Rothschilds begannen, sich Weingüter im Bordeaux zuzulegen, waren sie längst zu überaus wohlhabenden Bankiers und Unternehmern geworden. Wie aber kam es zu dem Reichtum, der diese Investitionen ermöglichte – und sie schließlich zu einer der schillerndsten Weindynastien machte?

Gespür für Geld

Ein Blick zurück: Der Stammvater der Rothschild-Dynastie, Mayer Amschel, bezog sich mit seinem Familiennamen auf ein Haus »Zum roten Schild«, das von Vorfahren im 17. Jahrhundert in der Frankfurter Judengasse bewohnt wurde. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts lebten allerdings bereits ein Dutzend Rothschild-Familien von Geldwechsel sowie Kleider- und Altwarenhandel in Frankfurt. Mayer Amschel erwarb ein größeres Haus »Zum grünen Schild«, wo er mit seiner Frau Gutle und den zahlreichen Kindern lebte. ­Seine Ausbildung absolvierte Mayer Amschel in der Bank von Simon Oppenheimer in Hannover, bis 1763 hatte er alles über Fernhandel und Geldgeschäfte gelernt, um ins Geschäft seines Bruders nach Frankfurt zurückzukehren. Seine besonderen Kennt­nisse in Sachen rare Münzen machten ihn bald zum Liebling des hessischen Erbprinzen ­Wilhelm, dessen Finanzhaushalt und Münzsammlung er betreute. 1769 führt Mayer Amschel bereits den Titel eines »Hof-Agenten«, und er bleibt auch für das immense Vermögen seines Protektors verantwortlich, als dieser zum Landgrafen und späteren Kurfürsten Wilhelm IX. von Hessen-Kassel avanciert.

»Gebt mir die Kontrolle über die Währung einer Nation, und es ist mir völlig gleichgültig, wer die Gesetze macht!« 
Mayer Amschel Rothschild (1744-1812)
 

Ein Prachtexemplar: Das Chateau Lafite.
© F. Poincet / Occit Media
Ein Prachtexemplar: Das Chateau Lafite.
Kampf gegen Franzosen

Seit dem Ausbruch des Unabhängigkeitskriegs in Nordamerika wuchs in Hessen-Kassel der Geldsegen stetig an. Der Vater Wilhelms, Friedrich II., vermietete den Engländern auf Basis von Subsidienverträgen seine zwangsrekrutierten Soldaten als Söldner im Kampf gegen amerikanische Siedler und Franzosen. Dass nicht wenig Geld davon in London verbleibt, macht es Rothschild möglich, mit geliehenem Geld des Landgrafen internationale Anleihen zu geben. Als Napoleon als Antwort auf Wilhelms Unterstützung von Preußen in Hessen einmarschiert, flieht Wilhelm ins dänische Holstein ins Exil. Rothschild geht weiter den lukrativen Bankgeschäften nach und verdient durch seinen Handel mit England – unter erfolgreicher Umgehung der französischen Kontinentalsperre – selbst ein Vermögen. 1810 etablierte er mit seinen vier Söhnen, die noch in Frankfurt waren, die Bank M. A. Rothschild & Söhne. Sein fünfter Sohn Nathan Mayer hatte sich bereits 1798 in England etabliert.

James de Rothschild kaufte 1853 das Weingut Brane-Mouton.
Foto beigestellt
James de Rothschild kaufte 1853 das Weingut Brane-Mouton.
Finanzier und Philanthrop

Er betätigte sich ebenso erfolgreich als Tuchhändler in Manchester, als Wechselhändler in London und als gewiefter Blockadebrecher. Durch Heirat verband er sich mit der einflussreichen Familie von Levi Cohen, was ihm Zugang zu den besten Kreisen und guten Geschäften ermöglichte. Er entwickelte sich zum Experten für Barren- und Devisenhandel. Sein Geschick brachte ihm einen Regierungsauftrag ein, die Truppen von Wellington in den Jahren 1814 und 1815 mit Goldmünzen zu besolden. Der Sieg bei Waterloo spülte auch in Nathans Kasse einen gewaltigen Profit, der es ihm ermöglichte, bis 1835 nicht weniger als 26 englische oder ausländische Staatsanleihen zu begeben. Nathans drittältester Sohn Nathaniel heira­tete seine französische Cousine und lebte in Paris, wo er seinem Onkel James, dem jüngsten Bruder von Nathan, bei dessen Bankgeschäften zur Hand ging. Nathaniel galt als »Finanzier und Philanthrop im Hauptberuf« und sammelte altmeisterliche Bilder, Bücher und Manuskripte. Und kaufte 1853 ein Weingut namens Brane-Mouton. Die drei jüngeren Brüder seiner Gattin Charlotte, die Herren Alphonse, Gustave und Edmond de Rothschild, wurden 1868 zu den Besitzern von Château Lafite, nachdem ihr Vater nur wenige Monate nach dem Kauf des Weinguts verstorben waren. Seither befinden sich sowohl Château Mouton-Rothschild als auch Château Lafite-Rothschild im Besitz dieser illustren Dynastie. Edmond de Rothschild unterstützte die Zionisten in Palästina und erwarb Hunderte Hektar Land, womit er die Initialzündung für den modernen Weinbau im heutigen Israel gab. Sein Enkel Ed­­mond Adolphe kaufte 1973 das »bürgerliche Gewächs« Château Clarke in Listrac und begründete die dritte Rothschild-Winzerfamilie im Bordeaux. Er ließ die gesamte Fläche roden und neu bepflanzen. Sein Sohn Benjamin übernahm das Gut 1998 und hat seither erfolgreich eine weltumspannende Weinproduktion aufgebaut. Es gibt auch ein Gemeinschaftsprojekt der drei önophilen Rothschildfamilien: ihre feinen Schaumweine kommen – noblesse oblige – aus der Champagne. 
TASTING: ALMaVIVA – das 20 Jahrjubiläum

Erschienen in
Falstaff Nr. 08/2015

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Ulrich Sautter
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Wein-Chefredakteur Deutschland
Peter Moser
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