Das große Prickeln - Die Champagner-Spitzenklasse im Falstaff-Test

Die »Cuvée de Prestige« ist das Feinste vom Feinen. Mit ­ausgeprägter Stilistik und höchster Qualität, von Krug bis Roederer.

Nichts weckt höhere Erwartungen als große Champagner. Allein Namen wie Dom Pérignon, Roederer Cristal oder Krug sind schon Verheißungen. In ihren »Cuvées de Prestige« kumuliert das Wissen und Können der fähigsten Kellermeister, sie werden nur aus den besten Trauben der Toplagen ­erzeugt und reifen viele Jahre bis zur Perfek­tion. In aller Regel handelt es sich bei den Pres­tige-Cuvées um Jahrgangschampagner, das ist aber kein Muss. Denn längst haben die Champagnerhäuser das Potenzial der ­Nobelweine erkannt und neue Premium­produkte entwickelt, die Einblicke in die ­jeweilige Firmenphilosophie erlauben.

Die erste allgemein verfügbare Prestige-­Cuvée stammt aus dem Jahr 1937. Damals brachte Moët & Chandon den Dom Pérignon des Jahrgang 1921 in den Handel. Zwar hatte Jahrzehnte zuvor Louis Roederer bereits den Cristal entwickelt, der war aber dem russischen Zarenhof vorbehalten (und nebenbei eine extrem hoch dosierte, süße ­Cuvée).

Roederers Weinberge: Die »Cuvées de Prestige« werden nur aus den besten Trauben der Toplagen erzeugt. / Foto: beigestellt
Roederers Weinberge: Die »Cuvées de Prestige« werden nur aus den besten Trauben der Toplagen erzeugt.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis die meis­ten führenden Häuser der weißen auch eine ­Rosé-Version zur Seite stellten. Bei Dom Pérignon war es der Jahrgang 1959, der in kleiner Menge für den Schah von Persien zum Bankett der 2500-Jahr-Feier des Persischen Reichs in Persepolis erzeugt wurde. Nach dieser werbewirksamen Premiere folgte 1971 die kommer­zielle Einführung des Dom Pérignon Rosé mit dem Jahrgang 1962. Bei Louis Roederer brachte man den Cristal Rosé erstmals mit dem Jahrgang 1974 auf den Markt. Bei den feinen und extrem lagerfähigen Champagnern des Hauses Krug ging man einen an­deren Weg. Hier spielt bereits die »normale« Version von Krug, die Grande Cuvée, sowohl qualitativ als auch preislich in der Liga der Pres­tige-Cuvées. Auch Krug bietet eine Rosé-Version an; beide Produkte kommen ohne Jahrgang auf den Markt.

»Cuvée Sir Winston Churchill« heißt der Klassiker von Pol Roger, der zehn Jahre im Keller reift. / Foto: beigestellt
»Cuvée Sir Winston Churchill« heißt der Klassiker von Pol Roger, der zehn Jahre im Keller reift.

Das Haus Bollinger hingegen hat über seine Special Cuvée die Jahrgangschampagner unter die Bezeichnung »La Grande Année« gesetzt und lässt spezielle Lots entsprechend länger in seinem Keller reifen. Unter dem geschützten Namen R.D. (für »recemment dégorgé«) kommen diese »unlängst degorierten« (von der Hefe getrennten) Jahrgangschampagner mit deutlicher Zeitverzögerung auf den Markt.

Das jeweilige Datum wird auf der Flasche ­vermerkt. Eine erst vor Kurzem verkostete ­Magnum Bollinger R.D. aus dem Jahr 1961 war 1984 degoriert worden und präsentierte sich begeisternd jugendlich und voll Finesse.

Armand de Brignac – der Inhalt der goldenen Flaschen ist dem exklusiven Äußeren ebenbürtig. / Foto: beigestellt

Auch das Haus Krug bringt in sehr limitier­ter Menge ältere Jahrgänge auf den Markt, die in ihren Kellern auf der Hefe zur Vollendung gereift sind; sie tragen die Zusatzbezeichnung »Collection« – unter anderem die Jahrgänge 1973, 1976, der großartige 1981 und zuletzt 1989. Bei Dom Pérignon werden in kleinen Mengen ebenfalls deutlich länger gelagerte Jahrgänge auf den Markt gebracht, geadelt mit dem Zusatzbegriff »Oenothèque«. All diese Spezialitäten haben einen entsprechenden Preis, den man in Relation zu weißen Grands Crus des Burgund setzen sollte. Denn ein großer Champagner ist nicht nur ein edler Schaumwein, er ist zuallererst auch ein hervorragender Wein eines Terroirs. Noch exklusiver (und kostspieliger) wird die Angelegenheit, wenn man sich mit den Spezialchampagnern in der Luxusklasse auseinandersetzt. Das Haus Krug bietet einen Jahrgangs-»Blanc de Blancs« aus der Lage »Clos du Mesnil« in Le Mesnil-sur-Oger an. Dieser Einzellagenchampagner aus purem Chardonnay wird seit 1979 in seltenen Jahren gemacht und hat Maßstäbe in diesem Stil der Terroirweine gesetzt. Etwa 10.000 Flaschen werden erzeugt. Übertroffen hat sich Krug selbst vor einigen Jahren mit der Präsentation eines weiteren Monocru-Champagners aus reinem Pinot Noir aus der Einzellage »Clos d’Ambonnay«. Den Auftakt dieses Weins vor wenigen Jahren machte ein 1995er, der inzwischen für 4000 bis 5000 Euro pro Flasche auf Weinkarten steht. Sein Nachfolger, der 1996er, wird zu einem ähnlichen Preis gehandelt. Das macht den »Clos d’Ambonnay« zum mit Abstand teuersten »regulären« Champagner.

Die erste allgemein verfügbare Prestige-Cuvée stammt aus dem Jahr 1937 – der Dom Pérignon aus dem Keller von Moët & Chandon / Foto: beigestellt
Die erste allgemein verfügbare Prestige-Cuvée stammt aus dem Jahr 1937 – der Dom Pérignon aus dem Keller von Moët & Chandon.

Mit dem Gründungsdatum 1729 kann das Traditionshaus Ruinart für sich in Anspruch nehmen, der älteste bestehende Champagner­erzeuger zu sein. Die Prestige-Cuvée trägt den Namen des Gründers Dom Thierry Ruinart, eines Freundes und Vertrauten des Champagnererfinders Dom Pierre Pérignon. Der »Dom Ruinart« kommt aus den besten Jahrgängen und wird aus höchstwertigen Chardonnaytrauben gekeltert. Besondere Beachtung verdient der Dom Ruinart Rosé, aktueller Jahrgang 1996, der zu den besten seiner Kategorie gehört.
Auf eine ähnlich lange Tradition blickt das Haus Taittinger zurück, bis zum heutigen Tag – mit einer kurzen Unterbrechung – im Familienbesitz. Das Spitzenprodukt »Comtes de Champagne«, eine »Blanc de Blancs«-Pres­tige-Cuvée, wurde 1952 erstmals hergestellt. Im Jahre 1933 übersiedelte Taittinger von Mailly nach Reims in den ehemaligen Sitz der Grafen der Champagne, der Name ist also auch eine Hommage an diese Nachfahren Karls des Großen. Seit 1966 steht dem weißen Champagner auch der »Comtes de Cham­pagne Rosé« zur Seite, ein vollmundiger, komplexer Wein, der ursprünglich ausschließlich aus Pinot-Noir-Trauben hergestellt wurde (mittlerweile ist ­etwas Chardonnay in der Cuvée, wodurch sie jünger ­zugänglich ist). Eine Besonderheit ist die »Taittinger Collection«, ein spezieller Jahrgangschampagner mit einem ausgeglichenen Chardonnay-Pinot-Noir-Anteil, deren Flaschen bekannte Künstler gestaltet haben: Victor Vasarely machte für den Jahrgang 1978 den Anfang, es folgten unter anderem Arman, Masson, Lichtenstein und Rauschenberg.

Zu den Klassikern unter den Prestige-Cuvées zählt »La Grande Dame« aus dem Hause Veuve Clicquot, die aus acht historischen Grand-Cru-Parzellen gekeltert wird und mindestens sechs Jahre in den Kellern reift. Mit dem Zusatz von 15 Prozent Pinot-Noir-Rotweinen aus Bouzy entsteht »La Grande Dame Rosé«, ein Wein mit ausgezeichnetem Alterungspotenzial.

Dominique Demarville, neuer Kellermeis­ter bei Veuve Clicquot Ponsardin im Gespräch

Den vollständigen Artikel inklusive einem Best-Of Prestige-Cuvées lesen Sie im aktuellen Falstaff Nr. 8/2011 - Jetzt am Kiosk!

> Zu den Verkostungsnotizen

Text von Peter Moser

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