Craft-Beer eint große wie kleine Brauereien in der Mission, dem Bier den Geschmack zurückzugeben.

Craft-Beer eint große wie kleine Brauereien in der Mission, dem Bier den Geschmack zurückzugeben.
© shutterstock

Craft Beer: Die volle Kraft des Bieres

40 Jahre Falstaff: Österreich ist (auch) ein Bierland – und das nicht erst seit der Craft-Beer-Welle. Doch in den vergangenen Jahren hat die Biervielfalt noch einmal deutlich zugelegt.

Als 1980 das erste Falstaff-Magazin erschien, gab es in Österreich gerade einmal 59  Brauereien. 30 Jahre später – im Jahr 2010 – waren es immerhin bereits 172. Und im Jahr 2019 schließlich registrierte der Verband der Brauereien Österreichs satte 311 Betriebe. Die Biertrinker können heute aus weit mehr als 1000 verschiedenen österreichischen Bieren wählen, schätzt der Verband. Vielfalt im Glas ist Trumpf, und Einheitsgebräu ist Schnee von gestern.

»Microbreweries«

Der Trend zu innovativen, kleinen Brauereien und Bieren fernab vom Einheitsgeschmack kommt aus den USA. Die meisten österreichischen Betriebe, auch die traditionellen, würden dort als sogenannte »Microbreweries« angesehen. Als Mikrobrauereien also, die nur Kleinstmengen produzieren. Diese Brauereien waren es, die dafür sorgten, dass das einst für sein Leichtbier verachtete Amerika heute zu den innovativsten Bier-Pflastern der Welt gehört. Der Begriff »Craft Beer« – handwerklich gebrautes Bier also – entstand in dieser Zeit als Abgrenzung zum allgegenwärtigen Industriebier in Amerika. Es begründete nicht weniger als eine Revolution gegen die großen Konzerne. Auch wenn viele europäische Brauereien seit jeher auf ebendieses Handwerk setzen, gilt »Craft« heute auch bei uns als Begriff für das neue Bier. Gemeint sind damit meist neue Bierstile, die oft mit viel Aroma trumpfen – allen voran das eigentlich aus England stammende IPA, das auch hierzulande immer öfter aus dem Zapfhahn, der Flasche oder der trendig gestalteten Dose fließt.

Eine neue Generation

Wir Europäer haben Glück. Denn ganz verloren ging bei uns die Tradition der Biervielfalt nie. Auch wenn unsere Biere über die Jahre hinweg eindeutig an Geschmack verloren. Reinhold Barta vom 2007 gegründeten Brauhaus Gusswerk bei Salzburg gehört zur neuen, kreativen Brauergeneration und zählt hier bereits zu den alten Hasen. »Bis in die 80er-Jahre wurde weltweit das Bier immer geschmacksneutraler«, erzählt der erfahrene Biermacher. »Für mich war eigentlich immer klar, dass die Leute irgendwann umdenken würden. Heute wollen sie wieder Geschmack haben – und das ist gut so

Neues Biererlebnis

Diesen Geschmack liefern die österreichischen Betriebe natürlich gerne. Etwa die Brauerei BrewAge, die insbesondere mit intensiven, nach belgischer Tradition gebrauten Bieren für Furore sorgt. Oder die Brauerei Bevog unmittelbar an der slowenischen Grenze, deren Gründer Vasja Golar wie kaum ein anderer für die internationale Ausrichtung der heutigen Craft-Beer-Szene steht. Er exportiert sein IPA, Pale Ale und Co. weit über die Region hinaus.

Das neuartige Biererlebnis liefern längst jedoch nicht mehr nur neue Brauereien mit neuen Sorten, sondern auch viele alte und größere Betriebe. Bekannte Namen wie Stiegl oder Ottakringer kreieren seit einigen Jahren Biere, die das Attribut »Craft« durchaus verdienen. Und so eint das Craft Beer, das eigentlich aus Widerstand gegen den Einheitsgeschmack der Großbrauereien entstand, heute große und kleine Brauereien in der Mission, dem Bier seinen Geschmack zurückzugeben. Im (Craft-)Bier liegt die Kraft – und den Biertrinker freut’s.

Erschienen in
Falstaff Jubiläums Spezial 2020

Zum Magazin

Benjamin Herzog
Benjamin Herzog
Chefredaktion Schweiz
Mehr zum Thema
Bier
Die dunkle Seite des Bieres
Ein kühles Blondes ins Glas? Nein danke, heute nicht. Wir möchten gerne etwas Dunkles zu uns...
Von Peter Eichhorn
Eventtipp
Craft Bier Fest in Wien
Bier-Liebhaber aufgepasst: Wem das gewöhnliche Pils, Zwickel oder Bock zu langweilig ist, der ist...
Von Ferdinand von Vopelius