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Cortis Küchenzettel: Scotch Eggs

Scotch Eggs, in würziges Wurstbrät gehüllt und knusprig paniert, sind eine hierzulande kaum bekannte Spezialität, die kalt oder warm genossen werden kann.

Der britische Küchenhistoriker Alan Davidson beschreibt die schottische Küche in seinem eleganten Standardwerk »The Oxford Companion to Food« als völlig eigenständig von der englischen und, in vielerlei Hinsicht, viel mehr von der französischen Kulinarik beeinflusst. Den Beginn dieser Verbindung datiert Davidson bemerkenswert früh, und zwar mit dem 12. Jahrhundert, als Schotten und Franzosen sich in der Auld Alliance gegen den gemeinsamen Feind England zusammengeschlossen hatten und fortan enge kulturelle Verbindungen eingingen. Man darf gespannt sein, ob und wie diese uralte politische wie kulinarische Allianz mit den Nachwehen des Brexit neue Aktualität erfährt.

Scotch Eggs mögen neben Porridge, Haggis und dem unerreicht köstlichen Wildgeflügel der Highlands die bekannteste mit Schottland in Verbindung gebrachte Spezialität sein. Ob sie tatsächlich schottischen Ursprungs sind, scheint aber nicht gesichert. Ist auch gar nicht so wichtig. Ob heiß als köstlicher Snack im Pub oder kalt zum Picknick, das die Engländer bekanntlich zu besonderer Perfektion geführt haben: Die mit Wurstbrät oder fein gewürztem Faschierten umhüllten, sodann panierten und knusprig herausgebackenen weichen Eier sind aus dem britischen Alltagsleben nicht wegzudenken. Es gibt sie auch fixfertig als schnelle Jause in jedem Supermarkt zu kaufen, wie bei uns die Wurstsemmeln.

Die Variationsmöglichkeiten der Scotch Eggs

Es ist schon eine geniale Idee, das Ei als perfektes, vollwertiges Essen zu begreifen und, zur Steigerung der Begehrlichkeit, in etwas Fleisch zu hüllen und knusprig herauszubacken. Dem Vernehmen nach begann es als kalte Marschverpflegung für die Offiziere der Kolonialzeit. Haben sich die Schotten aber angeblich gar nicht selbst einfallen lassen, sondern nur abgeschaut und klug weiterentwickelt: Die indische Mughlai-Küche kennt seit Jahrhunderten ein Gericht namens Nargisi Kofta, für das Eier in pikant gewürztes Lammfaschiertes gehüllt und in Joghurt-Curry-Sauce geschmort werden. Knusprig frittiert tauchen sie als Scotch Eggs in Großbritannien ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Kochbüchern auf.

Traditionell werden Scotch Eggs mit Piccalilli, einer hierorts kaum erhältlichen, pikanten Senfsauce mit knackigem Sauergemüse, kombiniert. Mit einer Vinaigrette aus Kapern, frischen Kräutern und Sardellen aber schmecken sie vielleicht noch besser. Die Variationsmöglichkeiten sind vielfältig, längst haben die Kochgrößen der Insel das Scotch Egg als zeitgemäßen Snack oder raffinierte Vorspeise wiederentdeckt: Koch-Edelmann und TV-Star Hugh Fearnley-Whittingstall hüllt sie traditionell in Blutwurst und trägt sie mit Schnittlauchmayonnaise auf. Jamie Oliver kombiniert sie exzentrisch mit reifem Käse und Essigzwiebeln, Gordon Ramsay hüllt sie in eine Farce aus Rehfaschiertem und serviert Chutney dazu. Und in Cornwall, im Südwesten Englands, wo das Meer mit beneidenswertem Reichtum an Meeresfrüchten gesegnet ist, existiert eine Variante, die statt Fleisch gehackte Garnelen als Hülle empfiehlt – in dem Fall genügt ein Spritzer Zitrone, um die Picknick-Freuden perfekt zu machen.

REZEPT & VIDEO: Scotch Eggs aus Wachteleiern

Erschienen in
Falstaff Nr. 01/2020

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Severin Corti
Severin Corti
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