Spaghetti Carbonara mit Schwarzkohl und Maroni

Spaghetti Carbonara mit Schwarzkohl und Maroni
© Lena Staal

Cortis Küchenzettel: Maroni lassen die Pasta herbsteln

Natürlich ist der Kürbis ein wunderbar saisonales Gemüse, das den Tisch im Herbst mit Farbe erfüllt. Doch da gibt es noch so viel mehr!

Dieser Tage führt am Kürbis kein Weg vorbei, da haben die amerikanischen Kulturhegemonen ganze Arbeit geleistet. Von Scheibbs bis Nebraska werden Plutzer ausgehöhlt, das Fruchtfleisch versuppt und die Schale mit zahnluckerten Fratzen beschnitzt. Dabei hat der Kürbis in unseren Breiten die längste Zeit als Tierfutter gegolten – für manchen Feinschmecker durchaus zu Recht.

Die halloweenigen »Jack O'Lantern«-Kürbisse sind mit ihrem weichen Fleisch und der orangen Schale zwar ideal für monströse Laternen-Schnitzereien, kulinarisch aber darf man sich nichts von ihnen erwarten. Eher im Gegenteil: Ihr Geschmack ist in erster Linie dumpf, mehlig, unattraktiv, was leicht zur Folge haben kann, dass die Kürbissaison vom Familienverband bereits nach der ersten Suppe für beendet erklärt wird. Wäre einerseits schade, weil wir von jetzt bis März von abwechslungsreichem Gemüse aus der Region ja eher nicht erschlagen werden. Es könnte aber auch sein Gutes haben.

Schließlich wird der Kürbis auf eine Art als saisonale Köstlichkeit propagiert, die andere, mindestens so herbstliche Gemüse gnadenlos in den Hintergrund drückt. Manche davon so sehr, dass sie – wie etwa Bohnen und Linsen – in Österreich kaum oder gar nicht mehr angebaut werden. Auch Kraut und Kohl gibt es nur noch in wenigen, zu supermarkttauglicher Gleichförmigkeit (und kulinarischer Ödnis) heruntergezüchteten Varianten.

Dabei haben wir Österreicher doch das Glück der unmittelbaren Nachbarschaft zu einer der weltweit meistbewunderten kulinarischen Supermächte. Der Blick nach Italien lohnt sich gerade im Herbst und Winter. Ob Linsen oder extrasüße Zwiebeln, ob Kohl oder Rüben, Bohnen, Maroni oder Bittersalate: Die Italiener haben ein dicht gewebtes Netz an winterlichen Köstlichkeiten der pflanzlichen Art über ihr Land gebreitet, in zahllosen Varianten und Sonderformen.

Und sie haben Gerichte daraus geschaffen, die zwar der Arme-Leute-Küche entsprungen sind, heute aber in Luxusrestaurants von London bis Tokio als Delikatessen aufgetragen werden. Dass sie auf diese Art auch als energische Botschafter der italienischen Kultur und Lebensart funktionieren, ist nur ein Nebenprodukt dieser geschmacklichen Besessenheit.

Also: Was ist mit den Linsen aus dem niederösterreichischen Steinfeld? Mit Schwarzkohl aus dem Burgenland, Winteräpfeln aus der Ober- und Maroni aus der Südsteiermark? Oder mit heurigen Bohnen aus dem Eferdinger Becken? Es gibt zahllose Möglichkeiten, dem Kürbis als großmächtigem – bis zur Karikatur durchinszeniertem – Saisongemüse den Rang abzulaufen. Man muss sie nur nutzen. Engagierte Gärtner und markterfahrene Bauern haben das längst bemerkt, und sie bedienen mit ihren herausragenden Feldfrüchten immer mehr bewusste Genießer. Dennoch verdrückt die Mehrheit von uns, den Supermärkten sei Dank, auch im Winter lieber Tomaten, Gurken und Paprika.

Unserem kulinarischen Verständnis stellt das, bitte gar schön, nicht gerade das beste Zeugnis aus.

Erschienen in
Falstaff Nr. 07/2021

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Severin Corti
Severin Corti
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