© Stine Christiansen

Cortis Küchenzettel: Dicke Knochen machen klug

Zum Fest der Auferstehung backen wir Lamm in Heu und fackeln dieses hernach ab. Klingt gefährlich, sollte nur im Freien gemacht werden – sorgt aber für tolles Aroma.

Jetzt dauert es wirklich nicht mehr lang, dann hat die Fastenzeit ein Ende, und das Opferlamm darf geschlachtet werden. Also, nur bildlich natürlich. Das Rezept wird nämlich mit Kitz – speziell in Ostösterreich der klassische österliche Festtagsbraten – mindestens genauso gut.

Die Freude über das, was man gerade hinter sich gebracht hat, sollte aber der Ernsthaftigkeit in der Planung dessen, wie und womit man nun zu feiern gedenkt, nicht im Wege stehen. Nichts wäre schließlich leichter, als in einer Situation wie dieser alle Zurückhaltung fahren zu lassen, um endlich dem Überfluss zu frönen und sich möglichst viel von allem, was gut, teuer und in der Fastenzeit verboten war, aufzutischen. Das entspräche wohl dem barockkatholischen Zugang, sich schon hienieden ein Abbild des Paradieses zu schaffen – zur höheren Ehre des Retters und Schöpfers natürlich.

Einfach, geil!

Ein anderer Zugang besteht darin, aus der Fülle der Möglichkeiten die eine, zwingende herauszufinden, mit der sich der Glückseligkeit im Idealfall auch geistig nacheifern ließe.

Dazu gehört auch die Idee, edle Produkte mit dem zu kombinieren, was schon zu Lebzeiten ihre natürliche Umgebung oder gar ihr Futter darstellte. In Salz gegarter Meeresfisch ist so eine bestmögliche Art der Zubereitung, oder die Kombination aus kurz gegrilltem Reh oder Hirsch mit herben Waldfrüchten (Brombeeren!). Jörg Wörther, Österreichs einst größter Koch, hat auch so einen Klassiker geprägt: Wachtel mit Rollgerstl, ein scheinbar bescheidenes Gericht (Wörther: »A Hendl mit sein’ Körndl halt«), das sich am Gaumen als vollkommene Harmonie manifestierte.

Zarter Rauch

In Rezeptbüchern aus dem 17. Jahrhundert taucht analog dazu eine Zubereitung für Lamm auf, mittels derer vornehmen Jagdgesellschaften auch beim Picknick ein warmes Mahl geboten werden sollte: das Backen in Heu. Heu wirkt isolierend, Fleisch hält seine Hitze darin über Stunden.

Außerdem, und das ist der österlich-pastorale Aroma-Effekt, wird der Braten auf wunderbare Weise mit dem Duft der Wiese imprägniert. Das finale Abfackeln sorgt für eine hintergründige Rauchigkeit, die extrem gut mit dem zarten Fleisch harmoniert. Wichtig: Die Rauchentwicklung ist erheblich, deshalb nur im Freien versuchen! Heu aus dem eigenem Schober ist dafür natürlich ideal, wenn derlei nicht zur Hand sein sollte, tut es das im Fachhandel als Hamster- und Hasenfutter erhältliche Wiesenheu aber genauso.

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Erschienen in
Falstaff Nr. 02/2021

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Severin Corti
Severin Corti
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