Cortis Küchenzettel: Fasan – das »andere« Huhn

Severin Corti weiß, wie man dem ethisch korrekten Huhn auf ­lohnende Weise zu Leibe rückt.

Es soll angesichts der industriellen Hühnermast nicht wenige Freunde guten Essens geben, die sich den Genuss von Huhn mittlerweile in jeder Form versagen. Nun bedeutet ein Verzicht aber keineswegs, den Freuden weißfleischigen Geflügels völlig entsagen zu müssen. Schließlich hat das Haushuhn einen ziemlich engen, wild lebenden Verwandten. Und die Jagdsaison für Fasan ist seit 1. Oktober eröffnet.

Schon wahr: Echtes Wildgeflügel ist auch der Fasan nur noch in Ausnahmefällen. Weil er so hübsch anzusehen ist und eine relativ leichte Beute auch für wenig geübte Schützen abgibt, wird er seit Jahren in großem Stil gezüchtet und oft erst wenige ­Monate oder gar Wochen vor der Jagdsaison freigelassen: Die Jagdgäste sollen schließlich ­ordentlich etwas vor die Flinten ­bekommen.

Das hat aber auch sein Gutes. Erstens haben die in Volieren gezüchteten Fasane die Freiheit zumindest kosten dürfen, was man auch schmeckt: Selbst bei ganz jungen Tieren ist das Fleisch von deutlich besserem, mineralischerem Geschmack, als man sich das bei Huhn je erwarten könn­te. Und zweitens bringt die Flut an Fasanen, die dieser Tage die Wildhändler und Wochenmärkte überschwemmt, überaus konkurrenzfähige Preise mit sich. Ein Paar Fasane kostet mit Sicherheit weniger als ein ordentliches ­Bio-Huhn. Allerdings sind sie in ­diesem Fall noch im Federkleid oder schon abgezogen – eine eher barbarische und nur in unseren Breiten heimisch gewordene Art, dem Vogel die Federn samt der Haut vom Fleisch zu ziehen. Das macht zwar deutlich weniger Arbeit als das Rupfen, entledigt den Braten aber nachhaltig seiner wohl größten Delikatesse: nämlich all dessen, was sich bei korrekter Behandlung in zarten Knusper verwandelt.

Andererseits eignet sich Fasan ohnehin nur als ganz junges Tier wirklich zum Braten. Kaum erwachsen, tendiert sein mageres Fleisch dazu, im Ofen über die Maßen auszutrocknen – die Beine sind wegen der zahllosen Sehnen überhaupt nur eingeschränkt für den Verzehr zu empfehlen. Das ist auch der Grund, warum die nebenstehenden Zubereitungsarten sich den Vogel mittels Schmoren bei niedriger Temperatur vornehmen – so nämlich lassen sich auch aus einem abgezogenen Tier wahre Delikatessen formen. Das Braten im Speckmantel, das gemeinhin als klassische Zubereitung gilt, ergibt zwar einen Braten, der stattlich anzusehen ist – zum ­Genuss ist ein solcher aber nur unerschrockenen Essern zu ­empfehlen: Es ist immer wieder ­verblüffend, wie trocken das Fleisch selbst unter einer ­dicken Fettschicht geraten kann.

Außergewöhnlich gut eignet sich Fasan aber für gehaltvolle Currys, nicht zuletzt, weil das Fleisch in diesem Fall (und spe­ziell bei Zubereitungen nach »Mogul-Art«, siehe Rezept) über Nacht in Joghurt und Ingwer mariniert wird, wobei die Enzyme des ­Ingwers in Kombina­tion mit den Joghurtkulturen das Fleisch um einiges zarter ­machen.

Bei langsamem Schmoren mit entsprechenden Aromastoffen und Flüssigkeit werden freilich selbst ältere Vögel wunderbar weich – und zwar ohne auszutrocknen. Man muss nur darauf achten, dass die Garung schonend vor sich geht und stets nur ein zartes Blubbern – aber ja kein heftiges Brodeln – den Schmortopf belebt. Dann steht auch einem wunderbar aromatischen Fasan nach klassisch magyarischer Paprikahuhn-Manier (Tipp: Fleisch zuvor in Buttermilch marinieren!) oder einer Zubereitung à la Coq au Vin nichts mehr im Weg. Oder man schmort den Vogel – ebenso einfach wie verlockend – zu einem kraftvollen Ragout, bis das Fleisch butterweich ist und buchstäblich von der Karkasse fällt. Wie stets bei Wild, wird so ein toskanisch anmuten­des Ragout am besten mit breiten Pappardelle oder Fettuccine serviert.

Fasanen-Curry

für 6 Personen

Zutaten
Brüste und Beine von drei Fasanen

Für die Marinade
2 EL griechischer oder türkischer Joghurt
Saft einer Limette
2 EL Garam Masala
2 TL mildes Currypulver
2 TL Kreuzkümmel, gemahlen
2 TL Koriander, gemahlen
2 TL Bockshornklee, gemahlen
Frischer Ingwer in der Größe eines ­Golfballs, geschält und gerieben
4 große Knoblauchzehen, fein gehackt
1 TL Salz
1–2 EL Öl
Frische Chilischoten nach Geschmack, ­gehackt

Für die Tomatensauce
2 Dosen geschälte Tomaten à 400 g
1 daumengroßes Stück Ingwer, geschält und gerieben
2 Knoblauchzehen, geschält und gehackt
1–3 kleine frische Chilischoten, je nach ­Geschmack
5 Gewürznelken
1 Stange Zimt, 1 TL Salz
175 ml Wasser

Gewürzjoghurt zum Abschmecken
150 ml griechischer oder türkischer Joghurt
100 ml Sahne
2 TL Kreuzkümmel, gemahlen
2 TL Tomatenmark
4 TL Honig, Saft einer halben Limette
Frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
1 Bund frischer Koriander nach ­Geschmack zum Garnieren

Zubereitung
24 Stunden vor dem Essen die Zutaten für die Marinade in einer großen Schüssel vermengen, die Fasanstücke einlegen und kühl stellen. Tags darauf die tendenziell zäheren Fasanenbeine aus der Marinade holen, in etwas Öl anbraten. Die Zutaten der Tomaten­sauce zugeben, umrühren und sanft etwa 60 bis 80 Minuten schmoren lassen. Dann die Fasanenbrüste in einer Pfanne in heißem Öl beidseitig rasch anbraten, die Reste der Marinade zur Tomatensauce geben. Die Brüste nach Geschmack in kleinere Stücke teilen und zur Sauce geben. Jetzt nicht mehr kochen lassen, die Brüste sollen ganz gemächlich in der Sauce gar ziehen. Die Zutaten für den Gewürzjoghurt vermengen, zur Sauce geben, alles gut erwärmen, mit Koriander bestreuen und mit Basmatireis und/oder Roti-Fladenbrot servieren.

Falstaff-Weinempfehlung
Ravenswood Zinfandel Lodi Old Vine 2009
Ravenswood, Kalifornien
Kraftvoll und würzig, feine Heidelbeernote, mit satter Extraktsüße, dicht und lange anhaltend

Rezepttipp: Ragù di Fagiano al Barbera

Text von Severin Corti
Aus Falstaff Nr. 07/12

Severin Corti
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