Cortis Küchenzettel: Dem Spargel seine Eier
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Aber sicher doch: Mit gutem Willen lassen sich auch Rezepte ausdenken, die der Köstlichkeit des Spargels gerecht werden und ganz ohne Ei auskommen. Hauchdünn roh aufgeschnitten als Salat mit Erbsen, Schnittlauch und gerösteten Haselnüssen zum Beispiel; grün, gebraten mit Parmesan und brauner Butter; »à la polonaise« mit Butterbröseln. Wobei: Auch da wird eigentlich gehacktes Ei unter die Brösel gemischt – schmeckt einfach besser.
In Wahrheit gehört das Ei nämlich zum Spargel wie die Butter aufs Brot. Das hängt damit zusammen, dass die tollsten Saucen der Welt (Mayonnaise, Hollandaise, Bozner Sauce, Kräutervinaigrette …) ohne Ei undenkbar wären. Und weil ein rauschendes, den Frühling zügellos zelebrierendes Spargelgelage neben einem Berg dicker Stangen auch nach einer Schüssel solch geiler Sauce verlangt, in die sie nach Herzenslust getunkt werden.
Mit den Fingern, wohlgemerkt. Zum Glück hat sich ja herumgesprochen, dass es zum guten Ton gehört, einen strammen Spargel elegant am Schaft zu packen, mit Schwung durch die Sauce zu ziehen und abzubeißen. So machen es zumindest Menschen, die Knigge heißen oder das gute Benehmen sonstwie mit goldenem Löffel angefüttert bekommen haben. Und ganz ehrlich: Wie oft passiert es schon, dass die Lust an orgiastischem Gehabe mit den Regeln des guten Benehmens konform geht? Na eben.
An diese Stelle gehört ein Tipp fürs Gelingen der Hollandaise. Diese beste aller Spargelsaucen leidet nämlich derart unter ihrem Ruf, von heikler, weil allzu leicht gerinnender Natur zu sein, dass sie selbst im Restaurant oft aus dem Packerl kommt. Und dann nur den Namen mit dem echten Genuss gemeinsam hat. Dabei gerinnt Hollandaise nur, wenn sie über Wasserbad zu heiß geschlagen wird.
Weniger Hitze und alles wird gut: Zwei Eidotter mit dem Saft einer halben Zitrone, Salz und Cayennepfeffer schaumig rühren. 250 Gramm im Backrohr bei 50 °C langsam geschmolzener Butter (nur das oben schwimmende, gelbe Butterreinfett!) unter dauerndem Quirlen langsam zugeben, abschmecken, fertig. In eine vorgewärmte Sauciere geben und – da selbst nicht sehr warm – unbedingt mit sehr heißem Spargel servieren.
Nachdem der Frühling und die Spargelsaison zum Glück so lange dauern, dass man auch die Hollandaise irgendwann satthat (und weil Sizilien das Thema dieser Ausgabe ist!), empfiehlt sich das nebenstehende Rezept für einen ebendieser Tage. Dann aber durchaus auch schon zum Brunch. Auch, weil man danach gleich wieder ins Bett hüpfen kann, es ist schließlich Frühling!
Severin Corti's Rezept:
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