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Cortis Küchenzettel: Congee gegen den Kater

Für manche wird das neue Jahr mit einem Kater beginnen. Wer beizeiten vorsorgt, kann diesen aber gleich wieder ertränken – etwa in Reissuppe, wie sie in China seit jeher als restauratives Frühstück gilt.

Wer meint, dass wir Mitteleuropäer dank jahrtausendelanger Symbiose mit dem Alkohol ganz gut wissen, wie sich die Kollateralschäden des Lustigseins am besten eindämmen lassen, der sollte einmal nach China fahren. Einerseits, weil man einmal gesehen haben muss, wie atemberaubend sich die mitunter schon während des Essens zubürsteln – nicht mit Wein oder Bier, sondern mit Schnaps der richtig bösen Art. Und andererseits, weil sich die dort übliche Art der Regeneration am Morgen danach durchaus zur Nachahmung empfiehlt.

Das soll nicht heißen, dass unser Katerfrühstück – vorzugsweise aus Speck mit Ei, Teufelsroller und/oder Lachsbrötchen samt Reparaturseidl – den herbeigesehnten Druckabfall in den Weiten des Brummschädels nicht zuverlässig herbeiführte. Es ist aber halt meist mit Sodbrennen verbunden – denn selbst wenn man sich gar nicht mehr an die Sünden des Abends davor erinnern kann, der Magen tut es und ist beleidigt. Und in Wahrheit führt der Weg von einem Katerfrühstückstisch dieser reichhaltigen Art meist schnurstracks zurück ins Bett. Den Weisen des Neujahrskonzerts kann man zwar auch verdauungsschläfrig gut lauschen, das Auslüften in der klaren Kälte des neuen Jahrs aber verschiebt man in solchen Fällen meist so lange, bis es schon wieder dunkel und leider zu spät ist.

So viel Zeit haben sie in China aber nicht zu verschwenden, dort will der Welt auch postkomatös noch schnell ein Haxen ausgerissen werden. Womit wir endlich bei Congee sind. Die dick mit ungesalzenem Hühnerfond eingekochte Reissuppe mag aufs Erste nicht wirklich verlockend erscheinen, ihre Wirkung aber hat es in sich.

Immer wieder Ingwer

Die schneeweiße Creme ist eine durch und durch freundliche, den Magen versöhnlich stimmende Speise, die nur für sich aber nicht besonders attraktiv schmeckt. In China wissen sie dem beizukommen: Ein bisschen frisch geschnippelte Frühlingszwiebel, ganz langsam zu süßer Kraft karamellisierter Knoblauch, ein paar Tropfen hocharomatisches Sesamöl – und Ingwer, der hilft schließlich gegen fast alle Wehwehchen ­ausschweifenden Lebenswandels. Wer es gehaltvoller mag, löffelt sich ein weiches Ei hinein oder schaut, ob vom Sauschädel des Vorabends noch etwas übrig ist. Wenn ja, dann einfach mit Frühlingszwiebel, Ingwer und ein paar fermentierten schwarzen Bohnen durchrösten, fertig. 

Dass in so ein magenfreundliches Süppchen ordentlich Chili gehört, mag verwundern – aber nur, wenn man nicht weiß, dass das für die Schärfe am Gaumen verantwortliche Capsaicin eine deutlich lindernde Wirkung bei Verdauungsbeschwerden hat. In diesem Sinne: Möge 2021 zur Abwechslung ein echt scharfes Jahr werden!

Erschienen in
Falstaff Nr. 09/2020

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Severin Corti
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