Cohiba – die ungekrönte Königin wird fünfzig

Es gibt Markennamen mit geradezu sinnlichem Nimbus: Chanel N°5 als Synonym für Parfum, Dom Pérignon für Champagner und Cohiba für Zigarrengenuss aus Kuba.

Allerlei Mythen ranken sich um die Entstehung der kubanischen Zigarrenmarke Cohiba, die dieses Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert. Eine besagt, dass Che Guevara von seinem Máximo Líder Fidel Castro den Auftrag erhielt, die schwächelnde kubanische Zigarrenproduktion mit Cohiba wiederzubeleben. Denn im Zuge der Revolution sei die Herstellung von Zigarren verstaatlicht und die vielen Marken wie Montecristo und Romeo y Julieta durch die Einheitsmarke Siboney ersetzt worden.

Siboney vs. Cohiba

Ein dramatischer Rückgang der Umsatzzahlen folgte, und Che Guevara habe sie wieder mit der neuen Marke Cohiba ankurbeln sollen. Dieser Geschichte widerspricht die «Bibel» der Havanna-Fans, «Eine illustrierte Enzy­klopädie der postrevolutionären Havanna-Cigarren» von Min Ron Nee. Denn die kubanische «Einheitsmarke» El Siboney sei um 1900 eine von zwölf Tabakfabriken gewesen, unter ihrem Namen seien aber erst 1986 Zigarillos und 1988 das Zigarrenformat Especiales hergestellt worden. Die Produktion wurde 1996 eingestellt.

Fidel Castro und die Cohiba

Es gibt auch eine charmantere Variante der Cohiba-Entstehungsgeschichte, und die ist wieder eng mit Fidel Castro verknüpft. Sein Leibwächter Bienvenido Pérez, besser bekannt unter dem Namen «Chicho», bot 1963 seinem Chef eine Zigarre an, die er von seinem Freund und Zigarrenroller Eduardo Rivera erhalten hatte. Es war eine sogenannte «Fuma», das sind Zigarren, die die Torcedores für ihren eigenen Bedarf rollen dürfen. Fidel Castro war begeistert von der Zigarre und bat um Nachschub. Bald konnte Rivera den Bedarf nicht mehr befriedigen, da Fidel Castro die Zigarren nicht nur selber begeistert rauchte, sondern auch als persönliche  Aufmerksamkeit insbesondere an Staatsoberhäupter und Diplomaten verschenkte. 1964 richtete man in einem ehemaligen Country-Club eine kleine Fabrik ein, um die Zigarren herzustellen.

In der El-Laguito-Manufaktur werden die Cohiba-Zigarren von Hand gerollt. / © EmcondeEinige Zeit lang hielt die Staatsführung den Ort der Herstellung geheim, 1967 zog die Manufaktur dann in die Villa der heute weltberühmten Manufaktur El Laguito ein. Nun brauchte das Kind natürlich auch einen trefflichen Namen, aber der war der Zigarre erst 1966 verpasst worden. Eine Legende sagt, dass Celia Sanchez, die persönliche Assistentin von Eduardo Rivera, die Zigarren auf den Namen Cohiba taufte. Dieses uralte Wort benützten die Urein­wohner Kubas, die Taíno-Indianer, für die zusammengewickelten Tabakblätter, die sie rauchten. Nun war die erste neue postrevo­lutionäre Marke Kubas geboren, aber erst 1982 gelangten die Cohiba-Zigarren auf den freien Markt. Auf Cohiba sollten dann ab den 1990er-Jahren noch die neuen Marken Vegas Robaina, Cuaba und Trinidad folgen.

El Laguito ist die schönste Zigarrenmanufaktur Kubas, aber leider nicht für Besucher geöffnet. / © Michael Dalder

Handarbeit

Die Cohiba-Manufaktur befindet sich in einer wunderschönen Villa, die aus den 1920er-Jahren stammt und vor der Revolution der Familie Fowler gehörte, die es als Zuckerbarone zu Wohlstand gebracht hatte. Besuchern steht sie normalerweise nicht offen. Eine Ausnahme bildete das Festival del Habano, das im Februar stattfand und sich unter anderem dem Jubiläum der Cohiba widmete. Keine andere Manufaktur verbreitet diesen intimen Charme wie El Laguito, wo relativ wenige Torcedores in kleinen Räumen, die ehemals als Wohn- oder Schlafzimmer genützt wurden, die Zigarren per Hand rollen.
Wer eine andere Zigarrenmanufaktur be­­suchen möchte, dem sei die Partagás-Manufaktur in der Innenstadt Havannas empfohlen. Dort gibt es auch die eine oder andere Cohiba zu sehen, denn El Laguito kann aufgrund der räumlichen Verhältnisse nicht die komplette Produktion herstellen.

Vom Nimbus einer Zigarrenmarke

Bevor die Zigarren in der Kabinett-Kiste landen, erhält das Bündel noch eine Schleife. / © www.5thavenue.de

Aus Kuba werden 27 Zigarrenmarken exportiert, die zusammen über zweihundert verschiedene Zigarrenformate produzieren. Hierzu zählen nicht die für den Binnenmarkt produzierten Marken. Fachleute schätzen, dass sie in Stückzahl die exportierten Mengen sogar übertreffen. In keinem anderen Herstellerland der Welt gibt es eine derartige Identifikation der Einwohner mit ihrem Produkt. Wobei Habanos S.A., der Vermarkter der Havannas, sich zu den genauen Stückzahlen nicht äussert.

Um die Jahrtausendwende gab es Aussagen, die Grenze von einhundert Millionen Stück deutlich überschreiten zu wollen. Guter kubanischer Tabak aber ist endlich, er wird im Westen der Insel in der Region Vuelta Abajo angebaut, während die Tabake aus dem Gebiet Oriente im Osten bei Weitem nicht die gleiche Qualität aufweisen und für den einheimischen Gebrauch oder zu Zigaretten verarbeitet werden. Es ist wohlgemerkt von handgerollten Zigarren die Rede, denn die vielen kubanischen Zigarillo-Marken, die maschinell produziert werden, dürften das erwähnte Ziel ohnehin locker erreichen.

Stellenwert der Cohiba

Welchen Stellenwert nimmt die Cohiba in dieser kubanischen Konkurrenz ein, beispielsweise neben fast ebenso bekannten Marken wie Montecristo, Romeo y Julieta und Partagás? Und ist eine Cohiba-Zigarre ihren Preis wert, der bei der Nobellinie Behike auch schon mal 45 Franken pro Stück erreichen kann? Preis ist relativ und Geschmack ist subjektiv. Aber die Fachleute sind sich einig, dass die Marke Cohiba nicht nur wegen ihres modernen, aber zeitlosen Erscheinungsbilds, sondern auch wegen ihrer hohen Qualität einen Sonderstatus einnimmt. Wer sich einmal durch alle 27 Marken durchgeraucht hat, wird den ausgewogenen, aromareichen und charakteristischen Geschmack zu schätzen wissen. Die Einlagetabake werden nach einer durchaus üblichen zweimaligen Fermentation ein drittes Mal in Fässern fermentiert. Und wer Cohiba so erleben will, dass er zu keiner anderen Zigarre mehr greifen möchte, der teste eine Cohiba Siglo VI.

Die Cohiba-Linien

Línea Clásica
Mit dieser Linie begann der Mythos 
Cohiba. Acht Formate, darunter die üppige Espléndido, die durch den deutschen Ex-Kanzler Gerhard Schröder endgültig bekannt wurde. Ausserdem die Lanceros, die seinerzeit Fidel Castro von seinem Leibwächter erhielt, und seit wenigen Jahren die Pirámides Extra. Das Kennzeichen der Lanceros ist der Zipfel am Kopf der Zigarre – er zeigt an, dass sie nicht maschinell, sondern mit der Hand her-gestellt wurde.

Línea 1492
Sie kam 1992 zum 500. Jahrestag der -Entdeckungsreise von Kolumbus mit den Formaten Siglo I bis V auf den Markt – für jedes Jahrhundert eine Zigarre. Zum zehnjährigen Jubiläum legte Kuba nach und kreierte mit der Siglo VI eine der besten Zigarren der Insel. Das 52er-Ringmass, das einem Durchmesser von 20,64 mm entspricht und das bisherige klassische 50er-Ringmass übertraf, sowie die 150 mm Länge setzten Massstäbe in der gesamten Zigarrenwelt und wurden vielfach kopiert.

Línea Maduro 5
Kam 2007 auf den Markt. Die sehr dunklen Deckblätter sind mindestens fünf Jahre reif gelagert. Es gibt drei Formate: die Secretos, Mágicos und Genios.

Behike
2010 lancierte Kuba die Super-Premium-linie Cohiba Behike. Die Bezeichnung «Behike» ist ein alter Begriff der Taínos und bezeichnet einen Medizinmann. Die Serie Behike besteht aus den Formaten BHK 52, BHK 54 und BHK 56. Die Ziffern bezeichnen dabei jeweils das grosse Ringmass der Zigarren. Der charakteristische Geschmack der Zigarren und der stolze Preis sind auf einen vierten Einlagetabak zurückzuführen, der Medio Tiempo genannt wird. Es handelt sich um die zwei Blätter an der Spitze der Tabakpflanzen, die unter freier Sonne wachsen. Nicht jede Pflanze bildet diese Blätter aus, und so steht nur eine begrenzte Menge für die Fertigung der Cohiba Behikes zur Verfügung.

Best of Kuba

Neben der Havanna-Königin Cohiba zählen auch andere kubanische Zigarren zu den besten der Welt.

Die Top 6 »Habanos« finden Sie in der Gallerie.

Text: Frank Hidien
Falstaff Magazin Nr. 02/2016

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