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»Clos du Temple«: Ein Rosé für 200 Euro

Gérard Bertrand setzt im Languedoc neue Maßstäbe mit seinem Rosé-Projekt »Clos du Temple«.

Das Maultier trottet geduldig die Rebzeilen entlang und zieht den Pflug, dem ein menschlicher Begleiter mit festem Griff die Richtung gibt. Das stattliche Tier, fast von der Größe eines Pferdes, trägt den humorvollen Namen »Bonsai«. Und wie es in der biodynamischen Wirtschaftsweise üblich ist, hilft es nicht nur mit, den Boden zu durchlüften und von Beikräutern freizuhalten. Es bringt auch die Aura des Animalischen in den Weinberg, wie die Biodynamiker zu sagen pflegen. Gérard Bertrand, der Wein-Unternehmer aus dem Languedoc und Biodyn-Pionier, betrachtet Bonsais Werk zufrieden, und mit ihm tut dies ein Häuflein Journalisten, die von Montpellier aus in anderthalb Autostunden hierhergekommen sind nach Cabrières, in einen der höchstgelegnen Weinbauorte des Languedoc.

Der Lieblingswein Louis XiV.

Die AOC Cabrières ist im deutschen Sprachraum kaum bekannt, und auch die meisten Franzosen dürften nicht wissen, dass von hier einer der Lieblingsweine des Sonnenkönigs Louis XIV. kam: Denn dem Pariser Hof, gewöhnt an die feinsten Burgunder, war es nicht entgangen, dass es auch andernorts Terroirs mit einzigartigen natürlichen Anlagen gab: so in Cabrières, wo die Frische der Höhenlage mit einer einzigartigen Geologie zusammentrifft. Denn hier liegt über einem Sockel auf Kalkstein eine Bodenauflage aus Schiefer, der aus derselben vulkanischen Aktivität stammt, die auch das Zentralmassiv und die Montagne Noire schuf. Die Würze und Mineralität aus dem Schiefer, Frische und Druck aus dem Kalk: Das sind die Zutaten zu einem Rosé von außergewöhnlicher Rafinesse.

Uralte Carignan- und Grenache-Stöcke bilden die Basis für diesen neusten Prestigewein von Gérard Bertand. Syrah. Mourvèdre und Viognier ergänzen den Sortenspiegel. 2016 konnte der vor Ideen übersprudelnde Winzer zwei aneinander grenzende Weingüter kaufen, eines davon trug den Namen »Domaine du Temple«, da es einst von Templern gegründet worden war. Bertrand nahm die Vorlage auf und begann einen Keller zu bauen, der einem Tempel des Roséweins gleicht.

Die Gärtanks (innen aus Inox bestehend) sind verkleidet wie in die Länge gezogene Pyramiden. Bertrand sagt, es gehe um eine Feier der mediterranen Lebenskultur, die die französische Küste mit Ägypten verbinde. Ob die Weine diesen weltanschaulichen Überbau wirklich benötigen, bleibe dahingestellt. Aber was hier vergoren und einen Raum weiter in Tonneaux, Barriques und Stockinger-Fässern ausgebaut wird, ist wirklich ein Rosé, der es zu Kult-Status bringen kann, und der im pinken Genre in eine neue Dimension vorstößt in Sachen Komplexität, Ernsthaftigkeit, und vermutlich auch Lagerfähigkeit.

Gerbstoff subtil und »al dente« zugleich

Der erste, noch in einem Keller in der Nachbarschaft gekelterte Jahrgang 2017 überzeugte Bertrand nicht, »wir waren zu spät dran mit der Lese der Grenache«, daher wurde der Wein nicht gefüllt. Der ersten verfügbare Jahrgang 2018 ist bereits ein »wow«-Wein, doch 2019 und 2020 stellen nochmals Steigerungen dar, vor allem in der Qualität der Phenole, die auf einzigartige Weise Finesse mit einer geradezu croquanten Frische verbinden. 2021 wird dann später im Jahr der erste Jahrgang sein, der im neuen Kellergebäude vinifiziert wird. Nach und nach wird sich dann auch die umgebende garrigue-Landschaft das Gebäude einverleiben, denn das Dach wird komplett begrünt werden. Von »sentimentalem Beton« sprach Architekt François Fontès bei der Einweihung des Keller-Tempels. Zum einen sei Beton letztlich Kalk, so Bertrand, das verbinde den Bau mit der Erde, auf dem er steht. Zum anderen gab der Architekt dem Baustoff eine organisch wirkende Oberflächenstruktur mit, die fast wirkt, als sei der Beton durchwurzelt.

11 Hektar und etwa 10.000 Flaschen – der Clos du Temple ist ein exklusiver und rarer Wein, und wird dies wohl auch bleiben. Und auch wenn 200 Euro viel Geld für einen Rosé erscheinen: Mit einem einfachen Sommergetränk hat dieser Wein nur wenig zu tun. Er gehört in die Oberklasse der großen Terroir-Weine unseres Planeten. Weinfarbe Nebensache.

Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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