Christoph Wagner ist tot

Österreich verliert den besten Gourmetkritiker den das Land je hervorgebracht hat.

Es gibt wenige Berufe, die in der Gastronomieszene unbeliebter sind als die der Gourmetkritiker. Christoph Wagner ist es aber durch seine positive Lebenseinstellung und seine großartige Fachkenntnis in unnachahmlicher Weise trotzdem gelungen, an jedem Tisch gern gesehener Gast zu sein. Es gibt keinen Politiker, keinen Koch und keinen Funktionär, der mehr für die österreichische Gastronomie getan hat. Er hat junge Talente gefördert und etablierten Köchen konstruktiv auf die Finger geklopft, immer mit dem Ziele die Qualität des Essens weiter zu heben. Der begnadete Gourmetkrititker und Kochbuchautor ist am 17. Juni nach kurzem Krebsleiden verstorben.

Vor allem als Kochbuchautor ist Christoph Wagner schon jetzt unsterblich: Es ist kaum vorstellbar, dass es in Österreich eine Küche gibt, in der nicht mindestens ein Kochbuch des Workaholics steht. Sein Leistungspensum war zeitweise übermenschlich. Es verging kaum ein Jahr, in dem Wagner – neben seiner regelmäßigen publizistischen Tätigkeit – nicht mindestens ein Buch veröffentlicht hat. Wenn es kein Kochbuch war, dann war es einer seiner Krimis, die er leidenschaftlich gern schrieb.

Uns wird Wagner aber nicht nur als Gourmetkritiker in Erinnerung bleiben, sondern vor allem als Mensch. Wer je das Vergnügen hatte, seine Tischgesellschaft zu genießen, der wird diese Abende für immer schmerzhaft vermissen. Der leidenschaftliche Genießer sorgte mit seinen Anekdoten und Geschichten stets für gute Stimmung und fröhliches Gelächter. Er konnte aus einem reichen Erfahrungsschatz berichten, es gibt nur wenige Menschen, die so viele Wirtshäuser und Restaurants in Österreich und rund um den Globus gekannt haben.

Christoph Wagner wurde 1954 in Linz geboren und studierte Germanistik, Anglistik und Kulturelles Management in Wien. Zunächst verfasste er selbst Kabarett-Programme und Theaterstücke, aber dann wechselte er die Seiten und war zwischen 1979 und 1983 Theaterkritiker, ab 1981 Kulturchef beim »Wiener Extrablatt«. Nach der Einstellung des »Extrablatts« wechselte Wagner zum »Kurier«, wo er eine wöchentliche Restaurantkolumne schrieb. Er erzählte mir einmal mit Augenzwinkern, dass sich sein Leben dadurch nicht groß geändert habe: Zuerst ging er beruflich ins Theater oder in die Oper und dann ging er privat essen. Mit seiner neuen Aufgabe änderte er seine Gewohnheiten in keiner Weise, schrieb nur nicht mehr über Kultur, sondern über Kulinarik.

Von 1984 bis 1998 war Wagner Chefredakteur des »GaultMillau Österreich« und gründete 1989 das »GaultMillau Magazin«. Seit 1998 war er Herausgeber des jährlich erscheinenden Gastronomieführers »Wo isst Österreich?«. Von 1996 bis 2006 war er Gourmet-Kolumnist beim »profil«, danach bei »News« und nebenher stets beim Kochmagazin »Gusto«. Außerdem publizierte er in Zeitungen und Zeitschriften von »GEO« und »Merian« über »FAZ« bis zum »Zürcher Tagesanzeiger«. Seine Leser liebten ihn wegen seiner feinen Klinge, seine Texte waren pointiert, hintergründig und stets von großer Sachkenntnis geprägt.

Neben vielen Auszeichnungen erhielt Wagner im Jahr 2004 den Gourmand World Cookbook Award für das beste Regionalkochbuch (»Tirol kocht«) und einen weiteren für »Drei Damen und mein Herd« als bestes literarisches Kochbuch im deutschsprachigen Raum. Diesen drei Damen – seiner Frau und seinen beiden Töchtern – gilt in diesen Stunden unser vollstes Mitgefühl.

Das Falstaff-Team ist sehr stolz, dass Wagner seit dem Relaunch im Jänner dieses Jahres als fixer Kolumnist Mitglied der Redaktion war. Es macht uns sehr traurig, dass wir auf ihn und seine großartigen Texte verzichten müssen. Wir werden ihn sehr vermissen.

Bernhard Degen, Wolfgang Rosam

Bernhard Degen
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