Studien zeigen: Nahrung beeinflusst unseren Cholesterinspiegel nicht so stark wie bisher angenommen.

Studien zeigen: Nahrung beeinflusst unseren Cholesterinspiegel nicht so stark wie bisher angenommen.
Illustration © Gina Müller

Cholesterin: Besser als sein Ruf?

Wir sprechen vom »guten« und vom »bösen« Cholesterin. Wie ausschlaggebend sind Eier und andere tierische Lebensmittel wirklich für unsere Cholesterinwerte?

Cholesterin ist lebensnotwendig. Immerhin stellt es der menschliche Körper auch selbst her. Es ist eine Vorstufe für die Bildung von Vitamin D, einer Reihe von Hormonen sowie von Gallensäuren. Außerdem ist es ein wichtiger Bestandteil der Zellmembranen. Und doch hat es einen schlechten Ruf. Hintergrund für die Cholesterindiskussion ist der Zusammenhang mit der Entwicklung von Fettstoffwechselstörungen und Arteriosklerose, der sogenannten Gefäßverkalkung.

Dafür ist die Höhe des Gesamtcholesterinspiegels ein Indikator, viel mehr noch kommt es aber auf den Anteil des Lipoproteins geringer Dichte (LDL; engl. low density lipoprotein) an. Dem Lipoprotein hoher Dichte (HDL; engl. high density lipoprotein) wiederum wird eine schützende Wirkung auf die Gefäße zugeschrieben. Doch diese Annahme gerät etwas ins Wanken.

Während zahlreiche Studien zwar tatsächlich die These unterstützen, dass LDL sich an den Gefäßwänden anlagert und so mit der Zeit die Arterien verengt und schlussendlich Herzinfarkt und Schlaganfall auslösen kann, weisen Gen-Studien neueren Datums darauf hin, dass umgekehrt ein hoher HDL-Wert nicht zwingend mit einer Schutzwirkung verbunden sein muss. Denn bei einer bestimmten Gen-Mutation kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen trotz hohem HDL-Wert hoch sein. Bei gesunden Menschen, die keine Mutation aufweisen, geht man aber nach wie vor davon aus, dass ein LDL/HDL-Quotient von maximal 4 erstrebenswert ist. Das bedeutet für viele: LDL runter, HDL rauf.

Ballaststoffe statt Fett

Lange Zeit galt das Cholesterin aus tierischen Produkten wie Fleisch, Käse und Eiern als Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall. Mittlerweile wurde jedoch das Cholesterin aus der Nahrung rehabilitiert. Denn längst ist belegt, dass die Aufnahme des Nahrungscholesterins den Cholesterinspiegel im Blut kaum verändert. Weniger Eier zu essen, hilft also zum Beispiel nicht, die Blutfettwerte zu verbessern. Eine Ausnahme bilden Menschen mit angeborener Cholesterinempfindlichkeit, die konsequent auf ihre Cholesterin- und Fettzufuhr achten müssen.

Auch bei Diabetikern scheinen eine erhöhte Cholesterinzufuhr und ein vermehrtes Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammenzuhängen. Bei gesunden Menschen allerdings gilt: Viel wichtiger als der Cholesteringehalt von Speisen ist deren Fettgehalt. Gesättigte und Trans-Fettsäuren verschlechtern die Blutfette, erhöhen den Cholesterinspiegel und damit wahrscheinlich die Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Daher empfehlen die meisten Fachgesellschaften im deutschen Sprachraum, möglichst wenig fettes Fleisch, Sahne, fetten Käse, Schmalz und Butter zu essen und Pflanzenfetten den Vorzug zu geben. Für Eier werden hier keine Obergrenzen mehr genannt.

© Gina Müller

Das Gute im Hafer

Ballaststoffe in Obst, Gemüse und Vollkornprodukten binden Cholesterin, wodurch es ausgeschieden wird und der Cholesterinspiegel sinkt. Das häufig diskutierte Beta-Glucan senkt den Cholesterinspiegel, indem es die Produktion der Gallensäuren aus Cholesterin anregt. Dadurch zirkuliert weniger Cholesterin im Blut. Ein weiterer Vorteil der löslichen Ballaststoffe ist, dass man durch ihr hohes Quellvermögen länger satt bleibt. Beta-Glucan ist in relevanten Mengen in Hafer und Gerste enthalten. Roggen enthält nur etwa halb so viel, Weizen nicht einmal ein Viertel. Wesentlich für die Wirkung ist aber nicht nur die Menge, sondern auch das Gewicht des Moleküls: je schwerer das Beta-Glucan-Molekül, desto besser der Effekt. Aus Hafer etwa wirkt es besser als aus anderen Getreidesorten, weil das Molekül darin eben schwerer ist.

Pflanzliches wirkt doppelt

Alle fetthaltigen pflanzlichen Nahrungsmittel (Avocado, Nüsse, Samen, Öle …) enthalten wiederum Pflanzensterine. Diese erhöhen die Ausscheidung des vom Körper selbst gebildeten Cholesterins. Mit der gewohnten Ernährung nehmen wir täglich 0,2 bis 0,4 Gramm auf. Um einen erhöhten Cholesterinspiegel jedoch entscheidend zu senken, sind rund zwei Gramm täglich notwendig. Dafür gibt es speziell angereicherte Produkte, die auch nur für Menschen mit erhöhtem Cholesterinspiegel gedacht sind – alle anderen ziehen keinen Vorteil daraus.

Erst bei regelmäßig hoher Pflanzensterin-Aufnahme kann der Gesamtcholesterinspiegel um bis zu zehn Prozent und der LDL-Cholesterinspiegel um bis zu 15 Prozent abfallen. Gleichzeitig jedoch hemmen die Pflanzensterine die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen – besonders von Beta-Carotin, der Vorstufe von Vitamin A. Auch aus diesem Grund ist es daher günstig, bei Obst und Gemüse verstärkt zuzugreifen.

Aktiv in Balance

In den meisten Fällen verbessern sich die Blutfettwerte auch, wenn man sich mehr bewegt. Bereits zwei Stunden Training pro Woche sollen den HDL-Cholesterinwert deutlich steigern. Dafür ist die Ausdauer wichtiger als die Intensität. Am meisten profitieren jene, deren Gesamtcholesterinwert hoch ist (220 mg/dl oder höher) und die leichtes Über- oder Normalgewicht haben (BMI von 28 und niedriger).

Zudem nützt Aktivität gleich mehrfach: Triglyceride, Gesamtcholesterin und LDL-Cholesterin lassen sich mit Sport ebenfalls reduzieren – zumindest ein wenig.

Marlies Gruber
Autor
Mehr zum Thema