Champagner: Lasst die Korken knallen!

Der edelste aller Schaumweine steht weltweit für einen Hauch von Luxus und hat viele faszinierende Facetten.

Zunächst ein paar Fakten: Die Anbaufläche der Champagne befindet sich etwa 150 Kilo­meter östlich von Paris um die Städte Reims und Épernay im Marnetal, reicht aber auch in das Département Aube hinein sowie in Teile von Haute-Marne und Seine-et-Marne. Heute stehen den Winzern zur Produktion von Champagnertrauben rund 34.000 Hektar Rebberge zur Verfügung, was in etwa 3,4 Prozent der französischen Gesamtrebfläche entspricht. Eine echte Besonderheit stellt das Zusammenspiel von Traubenerzeugern und den sogenannten Champagnerhäusern dar, denn längst nicht jeder, der hier über Wein­gärten verfügt, erzeugt auch selbst den edlen Schaumwein. Rund 15.000 Winzer gibt es in der Champagne, die ein paar Hektar bearbeiten. Die meisten liefern ihre Trauben entweder an eine der 150 Kooperativen (von denen wiederum keine 70 auch selbst Champagner herstellen) oder an eines der mehr als 300 Champagnerhäuser. Die großen Markenerzeuger besitzen zwar ebenfalls Weingärten, allerdings nicht in dem Umfang, den sie für ihre Produktion benötigen.

Große Nachfrage, gute Preise
Es wird geschätzt, dass die Champagnerhäuser im Moment rund zehn Prozent des Weingartenbesitzes halten, sie wickeln aber zwei Drittel der Verkäufe ab, im Export ist ihr Anteil noch deutlich dominanter. Das heißt: Die Markenhersteller brauchen die Trauben der Winzer, und die Winzer bekommen dank einer sehr wettbewerbsorientierten Marktlage sehr gute Preise dafür. Die Bezahlung orientiert sich an Qualität und Herkunft, fünf Euro und mehr pro Kilo sind für die besten Trauben keine Seltenheit – die Mindesterntemenge pro Hektar beträgt erstaunliche 10.500 Kilo. Das erklärt, wie auch ein Winzer mit verhältnismäßig kleiner Fläche sehr gut leben kann und sich dem Abenteuer der Selbstvermarktung gar nicht aussetzen muss. Von den 319 Ortschaften in der Champagne sind die 17 mit den besten Voraussetzungen als Grands Crus und weitere 42 als Premiers Crus eingestuft.

Ein besonders schonender ­Umgang mit dem Lesegut ist die Voraussetzung für ­den ­optimalen Grundwein. Im ­Hause Krug ­arbeitet man ­konsequent nach diesem Prinzip / Foto: Krug

Einzigartiges Terroir
Das große Plus der Champagne ist das einzigartige Terroir, geprägt durch den hohen Kalk­anteil. Auf einem Unterboden aus Sandstein liegen die Sedimente eines Urmeeres, ein Granulat von Kalzit aus Überresten maritimen Phytoplanktons und komprimierter Skelette von Kleinstmeeresbewohnern aus dem Mesozoikum. Dieser kalkige Boden ist sehr porös und verfügt selbst in heißesten Sommern über die Eigenschaft, Wasser so gut zu halten wie ein Schwamm, er sorgt aber auch bei einem Überangebot von Wasser für eine gute Dränage unter den Weingärten. Diese speziellen Böden sind das Geheimnis hinter der feinen Mineralik der Weine der Champagne.

Sortentrio
Drei Rebsorten bilden das Rückgrat der Champagnerweine, als Solisten oder in Teamwork. Auf den ersten Blick präsentiert sich die Champagne als Rotweingebiet, denn 72 Prozent sind mit den blauen Sorten Pinot Noir (39 Prozent) und und Pinot Meunier (33 Prozent) bestockt. Lediglich 28 Prozent der Rebfläche gehören der weißen Chardonnay-Traube. Dieses Sortentrio dominiert das Geschehen. Was nur wenige wissen: In der Champagne sind noch vier weitere weiße Sorten zugelassen – Arbanne, Petit Meslier, Pinot Blanc und Pinot Gris (insgesamt 0,3 Prozent). Die drei Hauptrebsorten folgen den jeweiligen Vorzügen der Böden, ihnen liegen die kühlen Sandsteinböden in der Montagne de Reims und der Côte des Bar. Der Meunier kommt auch mit wechselhafteren Klimabedingungen und dem sehr kalkreichen Terroir in der Vallée de la Marne bestens zurecht. Der Chardonnay hingegen findet seine besten Rahmenbedingungen in der Côte des Blancs, die Kombination aus Terroir und Rebsorte schlägt sich in den Grundweinen entsprechend nieder.

Mit über 34.000 Hektar Anbaufläche präsentiert sich die Landschaft der Champagne als ein Meer von Reben / Foto: beigestellt

Unterschiedliche Charaktere
Den Löwenanteil der Champagner bilden Cuvées aus den angesprochenen Sorten, wobei auch die Weine aus den blauen Trauben als Weißweine auftreten. Ohne Maischestandzeit abgepresst geben auch die roten Beeren einen weißen Most, verfügen dabei aber dennoch über ihre sortentypischen Qualitäten. Der Pinot Noir verleiht jeder Cuvée Körper und Rückgrat, während der Meunier als eher robust bis etwas rustikal gilt. Er verfügt aber über gute Frucht und Komplexität, er steht in dem Ruf, einen etwas schneller reifenden Wein zu ergeben. Der Chardonnay mit seinen feinen Nuancen nach weißen Blüten und Zitruszesten ist erfüllt von Mineralik, er sorgt für Langlebigkeit und Finesse im Champagner. Es ist nun Aufgabe des Kellermeisters, eine balancierte Mischung für sein Haus zu finden und seinem Champagner Ausdruck zu verleihen.

Die beeindruckenden Kreidekeller sind die Reifezonen für die großen Champagner, wie hier bei Champagne Ruinart / Foto: Ruinart

Den unverwechselbaren Stil des Hauses in die Flasche bringen
Normalerweise macht er das so: Am Anfang steht eine normale Vinifikation von Grundweinen, die sich überwiegend in temperaturgesteuerten Edelstahltanks abspielt. Holzfässer werden nur noch selten verwendet. Da die Trauben relativ früh geerntet werden, ist oft eine Chaptalisation (Zusatz von Zucker zum Most) notwendig, um den vorgeschriebenen Mindestalkoholgehalt von elf Volumenprozent im fertigen Champagner zu erreichen. Sind die Grundweine fertig, dann sind die Experten gefragt – es kommt zur Assemblage, dem Verschnitt der Grundweine. Diese können aus verschiedenen Terroirs stammen, von unterschiedlichen Sorten und aus verschiedenen Jahrgängen. Denn die meisten Champagner sind keineswegs Weine, die ausschließlich aus ein und demselben Jahrgang stammen. »Non-Vintage« ist im wichtigsten Segment, dem der »Brut«-Champagner, die Regel. Hier versucht der Keller­meister jedes Jahr wieder, den speziellen
unverkennbaren Stil des Hauses auf die Flasche zu bringen – ein Kunststück, das nur den Besten gelingt. Diesen Könnern ist es zu verdanken, dass die Champagner-Liebhaber etwa einen stets mineralischen »Krug-Stil« problemlos von einem reiferen, komplexen »Bollinger« unterscheiden können.

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Falstaff hat mehr als 200 Champagner probiert (herzlichen Dank an Christian Josephi vom Champagner-Informationsbüro www.champagne.de, der uns bei der Einladung zur Probe unterstützt hat). Eine Auswahl der besten Muster sowohl der Marken- wie auch der Winzerchampagner finden Sie im Tasting.


Text von Peter Moser
Aus Falstaff Nr. 08/2012 bzw. Falstaff Deutschland Nr. 06/2012.

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