Die Friedensburg Schlaining ist ein Ort, der die Geschichte, Kultur und Identität des Burgenlands erlebbar macht.

Die Friedensburg Schlaining ist ein Ort, der die Geschichte, Kultur und Identität des Burgenlands erlebbar macht.
© E. Wagner

Burgenland: Best of Burgen und Schlösser

Friedenssymbole, helle Zeitmesser, finstere Gestalten, außergewöhnliche Kostbarkeiten, wundervolle Orte für Auszeiten und mehr. Diese Vielfalt zeichnet nicht nur das Land, sondern auch seine Burgen aus. Ein Spaziergang mit Geschichte(n).

Das Burgenland ist Österreichs jüngstes Bundesland und feiert 2021 das 100. Jahr seines Bestehens. Und trotz dieser relativen »Jugend« im Vergleich zu anderen Bundesländern unseres Landes hat diese östlichste Region der Alpenrepublik eine reiche Geschichte und vor allem außergewöhnliche Burgen, Kastelle und Schlösser, die mit Geschichte und schönen Geschichten punkten. Vergangenheit und Gegenwart des Landes und auch das Bild, das die Welt vom Burgenland hat, sind immer auch geprägt von einer sehr vielschichtigen Geschichte, die aus beidem ein Ganzes macht. Auf unserem Spaziergang zu den Burgen und Schlössern treffen wir zuerst auf die Friedensburg Schlaining.

Geschichte und Identität

Im bunten Reigen des Außergewöhnlichen zum Feierjahr 2021 ist die Jubiläums­ausstellung »Wir sind 100. Burgenland schreibt Geschichte« auf der Friedensburg Schlaining ein besonderer Mosaikstein. In der Hügellandschaft des Südburgenlands liegt mitten im Ortskern die imposante Burg und ist ein Ort der Begegnung, Geschichte und Identität. Sie gehört zu den besterhaltenen mittelalterlichen Burg­anlagen Österreichs. Der ursprünglich ­gotische Bau wurde im Lauf der Zeit durch Zubauten im Stil der Renaissance und des Barock ergänzt, im Innenhof steht ein mächtiger Bergfried mit bis zu acht Meter dicken Mauern, die man auch begehen kann.

1271 erstmals urkundlich als »­castrum Zloynuk« erwähnt, erzählen ihre Mauern vom mittelalterlichen Leben, von legendenumwobenen Besitzern, Fehden und der Hinrichtung Andreas Baumkirchers, von der Herrschaft Schlaining unter den Batthyánys, von der Rolle der Burg in den beiden Weltkriegen, von der Entstehung der Friedensburg und schließlich vom Friedenszentrum. Die Idee, aus der schönen Burg Schlaining eine Friedensburg zu schaffen, entstand in der Zeit des Kalten Krieges.

Die Friedensburg Schlaining (ungarisch Szalónak vár) liegt mitten im Ortskern von Stadtschlaining und wurde 1271 erstmals urkundlich erwähnt.
© KBB
Die Friedensburg Schlaining (ungarisch Szalónak vár) liegt mitten im Ortskern von Stadtschlaining und wurde 1271 erstmals urkundlich erwähnt.

Krieg und Frieden

Die Friedensburg Schlaining in der Nähe der Stadt Oberwart gehört seit dem Jahr 1989 dem Land Burgenland. 1983 wurde in der Burg Schlaining das »Österreichische Studienzentrum für Frieden und Konflikt­lösung« (ASPR) eingerichtet, das sich als ein Ort respektvoller Begegnungen und des gemeinsamen Lernens versteht. Aus der Gründungsidee hat sich ein internationales Kompetenzzentrum für Friedensforschung entwickelt und etabliert. Die Burg ist ein historischer und authentischer Schauplatz des Friedens, eine Begegnungsstätte und ein Ort des Dialogs zwischen Menschen, Weltanschauungen und Religionen.

Ein wichtiger Teil der Jubiläumsausstellung ist die ehemalige Synagoge von Stadtschlaining, gegründet im 18. Jahrhundert, die bis heute besterhaltene Synagoge des Burgenlands. Sie liegt am Hauptplatz in unmittelbarer Nähe zur Friedensburg und ist lebendiger Zeuge der einst großen jüdischen Gemeinde der Stadt. Ein Blick in die Zukunft? Die Jubiläumsausstellung ist bereits ein ­wichtiges Fundament für das »Haus der burgenländischen Geschichte«, das ab 2023 auf der Friedensburg Schlaining seine ­Pforten öffnen soll.

Schönheit trifft Dracula

Wie schön das Burgenland ist, weiß die Welt nicht erst seit der Aufnahme der Landschaft um den Neusiedler See mit ihren Ortschaften, Kulturgütern und Naturbesonderheiten in die UNESCO-Welterbeliste als »Kulturlandschaft von außergewöhnlichem und universellem Wert« im Jahr 2001. Die Schönheit des Landes zeigt sich dem Geschichts- und Burgenflaneur auch an den imposanten Bauwerken, die das flache Land weithin überstrahlen. Das vielleicht fotogenste von allen ist Burg Forchtenstein, erbaut wurde sie im 14. Jahrhundert und ist mit ihrer imposanten Anlage eines der Wahrzeichen des Burgenlands.

Überall begegnet man der Schönheit. Einmal in Form der Esterházy-Schatzkammer, die eine der wenigen an ihrem Originalstandort erhaltenen barocken Kunstkammern Europas ist und eine beeindruckende Sammlung an Kostbarem, Rarem und Kuriosem zeigt. Schön und eindrucksvoll ist auch die opulente Silbermöbelausstattung aus dem 17. Jahrhundert oder der Bacchus-Wagen aus dem 16. Jahrhundert mit der Figurenuhr. Uhren sind jedenfalls ein Thema, denn eines der außergewöhnlichsten Exponate ist die Nachtlicht-Uhr, ein historischer Projektor aus dem 17. Jahrhundert.

Viel Schönheit zeigen auch die eindrucks­vollen Fensterbögen und Tiergartengemälde. Alles nur schön? Nein, die Burg Forchtenstein ist auch ein Ort der Dunkelheit. Denn auf der »Reise« mit dem einstigen Burghauptmann Franciscus Fabiankovich durch die Vergangenheit der finsteren Burg lernt man auch sehr viel von der jahrhunderte­alten und manchmal furchtbaren Familiengeschichte der Esterházy und trifft in der Ahnengalerie den berüchtigten Vlad Tepes Draculea oder kann sich im Labyrinth in den Kasematten der Burg verirren.

Burg Güssing

Auf einem erloschenen Vulkankegel thront Burg Güssing über dem Stremtal im ­Südburgenland. Sie ist die älteste noch erhaltene Burg im Burgenland, erbaut 1157 als Wehranlage. Im Batthyány-Burgmuseum begegnet den Besuchern viel historisches Leben und Wohnen, aber noch mehr Kunst, zum Beispiel zwei Porträts von Lucas ­Cranach dem Älteren. Sehenswert ist auch die beeindruckende Eisenkunstguss-Sammlung oder die der Zinnfiguren oder Waffen. Jährlich gibt es eine Sonderausstellung mit Burgenlandbezug. Empfehlenswert sind auch die Besichtigungen der Burgkapelle und der Aufstieg auf den Glockenturm mit »Krone« der Burg Güssing ist aber in jedem Fall die Hochburg mit der neugotischen Burgkapelle.

Traut euch!

Wer mag, kann sich in der Burg auch »­trauen«, mit oder ohne kirchlichen Segen. Standesamtlich schließt man im Gemäldesaal mit der außergewöhnlichen Bildergalerie den Bund fürs Leben, für eine kirchliche Trauung steht die spätgotische Burgkapelle Maria Schnee zur ­Verfügung. Für das kulinarische Umfeld sorgt das Burgrestaurant, in dem man auch abseits von Hochzeiten außergewöhnliche ­Ritteressen genießen kann.

Ritter und Musik

Die imposante Burg Lockenhaus im Naturpark Geschriebenstein lässt alle Herzen von Ritterfans höherschlagen, ist sie doch mit Burgfried, Rittersaal und der Burgkapelle mit Fresken aus dem 13. Jahrhundert ein klassisches Beispiel einer mittelalterlichen Wehranlage. Die Geschichten rund um die schaurige Blutgräfin Elisabeth Báthory, die Tempelritter oder die Fledermäuse bringen viel Gruselflair, werden aber manches Mal von wunderbaren Klängen »übertönt«. Denn nicht nur das Dracula-Eventtheater hat hier eine Heimat, sondern auch das berühmte Kammermusikfestival. Seit dem Jahr 1981 verwandelt sich die außergewöhnliche Ritterburg einmal im Jahr zur Hochburg der Kammermusik.

Damals lud der Weltgeiger Gidon Kremer einige ­Freunde ein, in familiärer Atmosphäre zu musizieren. Daraus wurde ein bekanntes Zentrum der Elite der Musikszene, die sich zu tollen Konzerten in wunderschönen Locations trifft. Apropos Location. Auf der ­einzigen Ritterburg Österreichs kann man herrschaftlich in Burgzimmern resi­dieren, Traumhochzeiten feiern oder in der »Burgtaverne Lockenhaus« köstlich speisen.

Burgenvielfalt

Burgen faszinieren immer, sie lassen Märchen und Sagen lebendig werden und gewähren Einblicke in die Vergangenheit, sind mystisch und imposant. Wie eine ­Prinzessin für einen Tag kann man sich im Schloss Rotenturm fühlen, denn es ist seit der umfassenden Renovierung ein Ort für außergewöhnliche Veranstaltungen, Taufen oder Hochzeiten. Das maurisch anmutende Schloss liegt in der Thermenregion des Südburgenlands und ist eines der schönsten historischen Schlösser Österreichs. Die Gäste genießen höchsten Komfort im Schloss, das, eingebettet in einen elf Hektar großen englischen Landschaftspark, viele Stücke spielt.

Ein Park und ein Schloss spielen auch bei der nächsten Burg eine Hauptrolle. In der Burg Bernstein kann man von Mai bis Oktober persönlicher Gast der Familie Almásy sein. Jedes der neun liebevollen Zimmer oder Suiten hat eine andere Anmutung und Geschichte. Studenten- oder doch lieber Tantenzimmer? Alles ist möglich, Dinner am Abend, gekocht von der Burg­herrin persönlich, inklusive. Die Vorfahren des heutigen Besitzers, Erasmus Almásy, erwarben im Jahr 1892 die Burg, sie ­befindet sich seitdem durchgehend in ­Familienbesitz, seit 1921 beherbergt die Burg Bernstein ­Sommergäste. Gastlichkeit mit Tradition.

Der wohl bekannteste Bewohner der Burg war sicher Ladislaus Almásy, dessen Leben als Vorlage für den mit neun Oscars prämierten Film »Der englische Patient« diente, der auch auf der Burg gedreht ­wurde. Die Almásys waren alle Entdecker und Abenteurer. Eduard Almásy reiste mit Frau und Kindern im späten 19. Jahrhundert zwei Jahre lang um die Welt. Sein Sohn Georg führte Expeditionen nach Kirgisistan und China, und Georgs Sohn László ­Almásy ging als Flugpionier und Forscher in die Geschichte ein. Sie alle wurden von ihrer Neugier und ihrem Entdeckergeist getrieben, die Burg Bernstein zu verlassen und sich in unbekannte Gefilde zu begeben. Um dann wieder zurückzukehren und ­Gastgeber zu sein. Und Winzer.

Jagdresidenz

Der bedeutendste Barockbau des Burgenlands ist das Schloss Halbturn, das einst dem Kaiserhaus als Jagd- und Sommerresidenz diente. Das Schloss mit seinem prachtvollen Schlosspark ist heute eine der wertvollsten historischen Sehenswürdigkeiten des Landes mit einem ­attraktiven Kulturprogramm. Aber nicht nur Kultur macht Lust auf Wein, auch die herausragende Qualität der Rebensäfte des Premiumweinguts Schloss Halbturn animiert zum Verkosten. Das kann man in der Vinothek, dem Schlosshotel oder im Restaurant »Knappenstöckl« tun, panno­nische Köstlichkeiten inklusive. Jedes Jahr im Dezember taucht man ein in den berühmten pannonischen Weihnachtsmarkt im historischen Ambiente des Schlosses.

Untrennbar mit dem Burgenland ist ein Name verbunden: Esterházy. Und nicht nur das Schloss Esterházy in Eisenstadt gibt einen beeindruckenden Einblick in das ­ehemals glanzvolle Leben am Hofe des Fürsten Esterházy. Das Schloss in der ­burgenländischen Hauptstadt ist eines der schönsten Barockschlösser Österreichs und mit dem Haydnsaal ein Mittelpunkt des kulturellen Geschehens. Konzerte, Feste und glanzvolle Ausstellungen sind hier an der Tagesordnung. Mit den ehemaligen Stallungen bildet es das »Schlossquartier Eisenstadt« als Hot Spot von Musik, Kunst, Kulinarik und Wein. Alles Dinge, die das gesamte Burgenland ausmachen.


Die Jubiläumsausstellung: 100 Jahre Burgenland

Seit August ist die Friedensburg Schlaining Schauplatz der ­Jubiläumsausstellung »Wir sind 100. Burgenland schreibt Geschichte«. Mit 850 Objekten von über 120 Leihgeberinnen und Leigebern in 160 Vitrinen und 30 Medienstationen wird die burgenländische Geschichte anschaulich erzählt. Momente, als das Burgenland im Rampenlicht des Weltgeschehens stand, zählen zum Repertoire der ­Ausstellung, wie die eindrucksvolle Entwicklung des Burgenlands von ­einer etwas rückständigen Gegend zu ­einer der innovativsten und lebens­wertesten Regionen Europas. Auch die kulturelle, sprachliche und religiöse Vielfalt findet in der ­Jubiläumsausstellung einen Platz.
wirsind100.at
friedensburg.at

Erschienen in
Burgenland Spezial 2021

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Ilse Fischer
Ilse Fischer
Autorin
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