Bordeaux: Bürgerliche Gewächse neu geregelt

Die Französische Regierung hat ein Gesetz zum Status der Crus Bourgeois verabschiedet. Ein "Bureau Veritas" muss jedes Jahr aufs Neue entscheiden, ob ein Betrieb diese Bezeichnung verwenden darf.

Nach einem langen Hin und Her und zahlreichen Rechtstreitigkeiten und Rekursen hat nun das neue Gesetz über den Rechtstatus der Crus Bourgeois in Bordeaux die Ratifikation durch das Landwirtschafts- und Konsumentenschutzministerium erhalten. Ist durch diesen Sanctus die Cru Bourgeois-Frage nun gelöst?

Gewiss nicht vollständig, soviel ist erstmals sicher. Anstatt einer klaren und zumindest für zehn Jahre angelegten Klassifikation wird zukünftig über Cru Bourgeois von Jahr zu Jahr entschieden. Ein ?Bureau Veritas? wurde eingerichtet, bei dem sich die Betriebe anmelden müssen, um dann nach verschiedenen Faktoren überprüft zu werden. Passt alles, dann darf ein Betrieb für den entsprechenden Jahrgang den Terminus Cru Bourgeois verwenden. Auch Blindproben durch Experten werden von diesem Bureau veranstaltet. Aus der ursprünglichen Klassifikation wird jetzt eine Art Gütesiegel.

Die Klassifikation der Bürgerlichen Gewächse war ursprünglich eine inoffizielle Wertung, datiert aus dem Jahre 1932 und wurde vom Bordelaiser Handel vorgenommen. Mit der Zeit war die Zahl der Betriebe auf 444 angewachsen, darunter auch solche, die qualitativ mit dem Image eines Cru Bourgeois nicht oder nur wenig zu tun hatten. Jene Betriebe, die auf ein gewisses Niveau wert legten, schlossen sich zusammen, um eine offizielle Klassifikation mit einem klaren Regelwerk durchzusetzen.

Im Juni 2003 war es dann soweit ? und kurz nach der Bekanntgabe trudelten bereits die ersten Klagen all Jener ein, die nicht mehr länger der gewinnbringenden Klassifikation entsprachen. Im Feber 2007 wurde das neue Klassement schließlich vom Verwaltungsgerichtshof in Bordeaux für ungültig und aufgehoben erklärt. Seither versuchte man fast schon verzweifelt eine Lösung zu finden.

Bisher haben sich aber nur etwa 290 Betriebe um das neue Qualitätssiegel ?Cru Bourgeois? beworben. Viele der wichtigsten und besten Weine sind (noch) nicht darunter. Leicht verständlich, denn in der neuen Regelung blieb die Hierarchie, welche die Bürgerlichen Gewächse in Crus Bourgeois, Crus Bourgeois Supérieur und Crus Bourgeois Exceptionnel unterteilt, völlig unberücksichtigt. Wen wundert es dann, wenn heute schon viele dieser prestigereichen Namen erklären, mit dem neuen System nicht zu tun haben zu wollen.

An die 40 Millionen Flaschen Jahresproduktion haben allein die Mitglieder der wichtigen Interessensvertretung Alliance des Cru Bouregois du Médoc bisher erzeugt, und damit rund 300 Millionen Euro erwirtschaftet ? rund ein Drittel des Weinumsatzes im Médoc, es geht hier also nicht um ?peanuts.?

Vertrauen und Prestige entsteht nur, wenn das neue Prüfverfahren einen möglichst hohen Qualitätsanspruch durchsetzen kann und das in den Weinen nachvollziehbar ist. 2010 werden die ersten Weine ? aus dem Jahrgang 2008 ? den Verkostungspanels vorgelegt. Die Zukunft wird zeigen müssen, ob das Vertrauen der Weinfreunde in ein Gütesiegel so groß ist wie in eine vielleicht schon in die Jahre gekommene Klassifikation.

(von Peter Moser)

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