Bier: Mit voller Craft voraus

Der Trend ist auch in Österreich voll angekommen: Braumeister experimentieren, und Lokalbetreiber bestücken ihre Karte mit immer exotischeren Bieren.

Ausgerechnet Innsbruck! Noch vor zwei, drei Jahren war ein Bierlokal dort bestenfalls ein Geheimtipp – aber einer, der in der »New York Times« Erwähnung fand, wo von den fantastischen, aber weithin unbekannten Bieren noch unbekannterer Kleinstbrauer berichtet wurde, die man hier finden könnte. Wenn man sie denn suchte, im damaligen »Sowieso« (heute »Esquina Cerveceria«) oder im stets verlässlichen »Krahvogel«. Aber die Suche hat ein Ende. Kürzlich haben in Innsbruck zwei Lokale aufgesperrt, die sich ganz den Spezialitäten widmen, die aus kleinen und kleinsten Brauereien in Österreich und Deutschland, Italien und natürlich Belgien kommen. Und beide Lokale sind gerammelt voll: Im winzigen »Pangea« gleich hinter dem neuen Rathaus kriegt man ohne Reservierung keinen Tisch – hat man aber einen ergattert, gibt es nicht nur eine beachtliche Bierauswahl: Inhaber Punit Sikand und sein Küchenchef Chris Ammon bemühen sich auch, das Speisenangebot mit entsprechenden Bieren zu kombinieren. Einige davon stehen noch nicht auf der Karte, nachzufragen lohnt also.

Das gilt umso mehr im »Tribaun«, das man über einen Seiteneingang des Hauses Museumstraße 5 erreicht. Dort gibt es nämlich nicht einmal eine Bierkarte. Aber 20 Zapfhähne, aus denen Biere fließen, von denen Robby Haesebrouck (der den Salz­burgern vor einigen Jahren im »Alchimiste Belge« die belgische Biervielfalt nahegebracht hat) oft nur ein einziges kleines Fass auftreiben konnte. Wenn die 25 oder 30 Liter ausgetrunken sind, muss man halt was anderes wählen. Was, das ist auf einem Bildschirm hinter der Bar zu lesen. Der Laden brummt. Man trinkt aus kleinen Kostgläsern und erfreut sich einer Vielfalt, die es bis vor wenigen Jahren nicht gegeben hat. Schon gar nicht in Tirol. Zwar gibt es da etliche Klein- und Gasthausbrauereien, aber deren Angebot war bis vor Kurzem sehr, sehr konventionell. Zum Beispiel in Schwoich, wo eine der schönsten Gasthausbrauereien Österreichs steht: Mehr als ein Weizenbier hat die Bevölkerung nie als Spezialität akzeptieren wollen. Macht nichts. Im selben Haus hat sich mit Bierol ein Craft-Bier-Unternehmen etabliert, das all die Besonderheiten braut, die dringend gefragt sind. Also gibt es die Bierol-­Biere eben in der Landeshauptstadt.

Bierol: Maximilian Karner und Christoph Bichler (r.) brauen Craft-Biere in Innsbruck. / Foto beigestellt

In Aktion: beim Brauen eines Bierol-Craft-Biers. / © Markus Niederacher
In Aktion: beim Brauen eines Bierol-Craft-Biers. / © Markus Niederacher

Dass gerade Innsbruck die speziellen Biere so gut annimmt, hat auch damit zu tun, dass Innsbruck eine Universitätsstadt ist, in der etwa jeder sechste Bewohner Student ist – das sind Leute, die sich nicht mit dem Märzen-Pils-Weizen-Einerlei abspeisen lassen, sondern nach einem Styrian Ale fragen. Das ist ein Bier aus der kleinen Brauerei Forstner, die seit mehr als zehn Jahren der neuen Bierkultur einen Weg bahnt. Gründer Gerhard Forstner hat damals eine kleine Brauanlage installiert – und sich damit nicht nur vom Industrieangebot, sondern auch von den Bieren der anderen Kleinbrauer unterschieden.

Was Forstner für die Steirer ist, ist 1516 Brewing Company für die Wiener: Dieses Brewpub brachte den aus den USA stammenden Craft-Beer-Trend nach Wien – wo inzwischen auch andere Lokale internationales Bier-Flair verströmen, mit dem »Brick­makers« in der Zieglergasse als bedeutendster Neueröffnung. Und auch Essigkaiser Erwin Gegenbauer mischt nun die Szene auf und braut sein Wiener Bier auch mit Weizen und den Urkorn-Getreidesorten Emmer und Einkorn. Erhältlich ab Mitte Mai.
 

Text von Conrad Seidl
Aus Falstaff Nr. 03/2015

Conrad Seidl
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