Vom Nussberg, einer der besten Weinrieden Wiens, eröffnet sich ein wunderbarer Blick auf die Donaumetropole.

Vom Nussberg, einer der besten Weinrieden Wiens, eröffnet sich ein wunderbarer Blick auf die Donaumetropole.
© Weingut Wieninger / Herbert Lehmann

Best of Wiener Wein

Als einzige Metropole der Welt verfügt Wien über eine relevante Rebfläche und ist ein veritables Weinbaugebiet. Dazu hat die Stadt mit dem Gemischten Satz eine eigene Wein-Spezialität. Die bekanntesten Wiener Weine und ihre Winzer im Portrait.

Wien ist in der großen Welt des Weines in mancherlei Hinsicht einzigartig. Sie ist die einzige Weinhauptstadt der Welt, denn die Donaumetropole verfügt über ein veritables Weinbaugebiet und ist ausgestattet mit einer bedeutsamen Geschichte, die weit über die Größe der Anbaufläche hinausreicht. Der Wein war über Jahrhunderte hinweg die wirtschaftliche Grundlage der Habsburger-Residenz. Die Weine aus dem »Weingebirge« rund um die Donaumetropole galten bis zum Ende der Monarchie als die besten und gesuchtesten Kreszenzen des Landes, ein »Nussberger« fehlte auf keiner gepflegten Weinkarte. Das freie Schankrecht der Bürger ließ im 19. Jahrhundert eine Heurigenkultur entstehen, die frühe Filmindustrie des 20. Jahrhunderts bediente sich, unterstützt von populären Protagonisten wie Maria Andergast, Paul Hörbiger und Hans Moser, des Wiener Heurigen als Wohlfühlklischee. Insbesondere in der zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts prägte der Heurige das Image des Wiener Weines. Das Bild von Scharen schunkelnder Touristen, die weinselig zu Zithermusik dem G’spritzen zusprachen, war fatal. Eine dringenden Korrektur war angesagt.

Im Reich der Reblaus

»Es war fünf vor zwölf«, erinnert sich Winzer Fritz Wieninger, »und es bedurfte eines gemeinsamen Kraftaktes, um den Leuten zu zeigen, was der Wiener Wein wirklich sein kann. Noch vor zwei Jahrzenten dachten die Leute, übrigens auch die Wiener selbst, in Verbindung mit dem Heurigen an die ›Reblaus‹, den ›Herrn Karl‹ und leider auch an schlechten Wein.« Auch mit Hilfe der städtischen Politik wurden die Weichen für die Zukunft gestellt, das Ruder gerade noch herumgerissen. Die Tatsache, dass die Wiener Weinberge unter strikten Verbauungsschutz kamen, sicherte sie vor dem Zugriff durch Spekulanten und ebnete einer neuer Generation von qualitätsorientierten Winzern den Weg.

Die Metamorphose

In den Neunzigerjahren begann Schritt für Schritt ein Umdenken. Und dieses wurde vorangetragen von einer Handvoll engagierter Weinbauern, die immer davon überzeugt waren, dass in den Wiener Rieden Großes steckt. Und so begann die Wandlung hin vom wenig animierenden Heurigenwein zu Weinen mit internationalen Qualitäten: Wegbereiter dieser Entwicklung war zweifellos Fritz Wieninger, ein Vertreter der Generation, die gleich nach dem leidigen Weinskandal voll auf höchste Qualität setzte und zunächst auf die angesagte Weißweinsorte Chardonnay setzte. Nach Vorbild Burgund in kleinen neuen Fässern ausgebaut, traf er genau den Punkt. Sein Chardonnay »Grand Select« vom Bisamberg zählt heute längst zu den gesuchtesten Weinen des Landes. Das rote Pendant Pinot Noir »Grand Select« ließ nicht lange auf sich warten, und bald waren die Wieninger-Weine nicht nur in den Wiener Spitzenlokalen, sondern in ganz Österreich gefragt. Später konnte er auch Weingärten am rechten Donauufer erwerben und kann heute am Nussberg in Döbling mit großen Weißweinen aus besten Lagen, darunter die Wiener Gemischten Sätze und die edle Sorte Riesling aufwarten. Bald war auch der Sprung ins Ausland geschafft, heute exportiert Wiens Vorzeigewinzer in 31 Länder auf drei Kontinenten.

Der Name verpflichtet: mit seinen hervorragenden Bio-Weinen hat der sympathische Winzer Fritz Wieninger bereits die Weinkarten der Welt erobert.
© Weingut Wieninger
Der Name verpflichtet: mit seinen hervorragenden Bio-Weinen hat der sympathische Winzer Fritz Wieninger bereits die Weinkarten der Welt erobert.

Wiener Big Player

Der zweite Big Player, wenn es um internationale Topweinqualität aus Wien geht, ist Hans Schmid, ein leidenschaftlicher Weinfreund, der als Quereinsteiger eine fulminante Winzerkarriere hingelegt hat. Was eigentlich mit dem Erwerb eines Wochenendhäuschens mit ein paar Rebzeilen begonnen hat, präsentiert sich heute dank einiger glücklicher Verkettungen als wahres Wiener Weinimperium. Der erfolgreiche Unternehmer ist heute Besitzer von zwei Weingütern im 19. Bezirk samt Traditionsheurigen und Restaurant. Der »Mayer am Pfarrplatz« war jahrzehntelang in Sachen Heurigenkultur und Weinqualität richtungsweisend, das große Weingut präsentiert sich heute besser denn je. Aus den legendären Rieden am Nussberg, in Grinzing und aus Hernals entstehen feinziselierte Weißweine, Weltklasseniveau erreichen der Nussberger Riesling »Weißer Marmor« oder aus der Ried Preussen, sehenswert ist die Rieslinglage Alsegg in Hernals. Die Linie seines Boutiqueweingutes »Rotes Haus« steht für einen kräftigeren, langlebigen Stil. Die Wiener Gemischten Sätze aus den Rieden Langteufel und Preussen Nussberg zählen neben Wieningers Ried Rosengartel und Ulm zu den Ikonen in dieser Reserve-Kategorie.

Im Süden Wiens hat sich in Mauer das Weingut Edlmoser unter die besten der Stadt eingereiht. Die Lagen-Gemischten-Sätze aus den Rieden Sätzen und Himmel von Maurerberg sind bemerkenswert, die Rotweine internationalen Zuschnitts nicht minder.

Rainer Christ zeigt am linken Donauufer mit seinem Wiener Gemischten Satz DAC das Potenzial der Ried Wiesthalen am Bi­­samberg auf, seine Weißburgunder, allen voran jener aus der Stammersdorfer Top­lage Ried Falkenberg, zählen zu den besten Sortenvertretern des Landes.

Das Weingut Wien Cobenzl ist seit 110 Jahren im Besitz der Stadt, hier produziert man unter der Leitung von Thomas Podsednik auf stattlichen 60 Hektar Spitzenlagen ein anspruchsvolles Sortiment. Rieden wie Seidenhaus, Pfeffer oder Bellevue zählen zu den besten der Stadt. In Neustift am Walde, einem der ehemaligen Winzerdörfer des 19. Bezirks, erzeugt der junge Kellermeister Thomas Huber im Weingut Fuhrgassl-Huber in den Rieden Neuberg und Mitterberg seine Wiener Gemischten Sätze. Riesling, Weißburgunder sowie Grüner Veltliner kommen aus Grinzing und von der Ried Preussen am Nussberg. Die genannten Betriebe bilden gemeinsam die »WienWein«-Gruppe, die seit 2018 geschlossen Mitglied der »Traditionwein­güter Österreich« ist. Diese Anerkennung unterstreicht den Stellenwert, den das kleine Weinbaugebiet heute bereits genießt. 

Hans Schmid ist Eigentümer der edelsten Wiener Weinlagen und führt sie in neue, ungeahnte Höhen.
© Ian Ehm / Verlagsgruppe News /picturedesk.com
Hans Schmid ist Eigentümer der edelsten Wiener Weinlagen und führt sie in neue, ungeahnte Höhen.

Einzigartige Mischung

Der Wiener Gemischte Satz DAC ist ein Weißwein, für den zumindest drei – es dürfen gerne mehr sein – weiße Qualitätssorten gemeinsam in einem Weingarten gepflanzt sind und deren Trauben gemeinsam gelesen und verarbeitet werden. Der Sinn dieser uralten Tradition lag im Sicherheitsbedürfnis der kleinen Winzer, unabhängig vom Verlauf des Jahres am Ende einen konstant trinkbaren Wein zu haben. Frühreife Sorten waren bei der Lese reif und zuckerreif, späte Sorten frisch und mit guter Säure ausgestattet. Im Laufe der Zeit haben die Wiener Winzer exakt herausgefunden, welche Sorten am besten zu einem Boden und Standort passen und können so den Stil des Endergebnisses durch Art und Verhältnis der gepflanzten Sorten steuern. Seit dem Jahrgang 2013 trägt der »Wiener Gemischte Satz« die Herkunftsbezeichnung DAC und hat sich dank des intensiven Qualitätsstrebens seiner Erzeuger zum wichtigsten Aushängeschild der Wiener Weinkultur entwickelt. An der Spitze des Wiener DAC-Weines steht jener mit Lagenbezeichnung, 140 exakt abgegrenzte Rieden sind im Kataster eingetragen. Innerhalb kurzer Zeit hat sich der »Wiener Gemischte Satz DAC«zur erfolgreichen Marke entwickelt, zuletzt haben bereits 64 Weingüter diese Spezialität abgefüllt. Die Nachfrage ist enorm, die Zukunft des Wiener Weines erscheint heute rosiger denn je.


Erfolgsstory Gemischter Satz

Der »Wiener Gemischte Satz DAC« folgt einem uralten Erfolgsrezept, das für den Wiener Weinbau besonders charakteristisch ist. Dabei werden mehrere Rebsorten, mindesten drei, gemeinsam in einem Weingarten gepflanzt und auch gemeinsam geerntet und zu Wein verarbeitet. Sinn der Sache war, unabhängig vom Jahrgangsverlauf, am Ende einen gut trinkbaren Wein zu erzielen. Das geschieht durch die Kombination von säurereichen und gut zuckerbildenden Sorten, von solchen, die früh, und solchen, die spät reifen. Durch die Zusammensetzung der Rebsorten, die natürlich auch boden- und standortabhängig ist, kann man das Ergebnis steuern, sozusagen ein »Cuvée im Weingarten« definieren. Es gibt den »Wiener Gemischten Satz DAC« als frisch-fruchtige, elegante Variante mit maximal 12,5 % Alkohol und als reifen, mineralischen Individualisten mit Lagenbezeichnung mit mindestens 12,5 % Alkohol. Aktuell erzeugen 64 Betriebe aus 25 verschiedenen Qualitätsweinsorten einen »Wiener Gemischten Satz DAC«.


Wiener Wein auf einen Blick

Das Wiener Weinbaugebiet umfasst 645 Hektar. 83 % davon sind Weißwein, 17 % sind mit blauen Reben bestockt. Für den mit dem Jahrgang 2013 eingeführten geschützten Herkunftswein Wiener Gemischter Satz DAC stehen 192 Hektar und damit 30 % der Rebfläche zur Verfügung. Die wichtigsten Rebsorten sind Grüner Veltliner, Riesling, Blauer Zweigelt, Weißburgunder, und Chardonnay. In Wien sind 139 Weinbaubetriebe aktiv, dazu kommen weitere 176, die Flächen kleiner als 0,4 Hektar betreuen. 125 Winzer füllen ihre Produkte selbst in Flaschen ab. Der Bio-Anteil an der Rebfläche in Wien ist mit 30 % sehr hoch, es sind bereits 29 Betriebe mit 197 Hektar, mitgerechnet auch die im Umstellung befindlichen Flächen. Die Durchschnittsernte beträgt 2,45 Mio. Liter (das war auch der Ertrag 2019), den Rekord (seit Beginn der Aufzeichnung 1991) hält das Jahr 2018 mit 2,88 Mio. Liter.

Weitere Infos: wienerwein.at

Tasting: Die besten Wiener Weine

© Gina Müller

Erschienen in
Wien Spezial 2020

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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