Best of: Frühlings-Rezepte aus dem Mostviertel
Das niederösterreichische Mostviertel ist nicht nur besonders reizvoll – längst stellt die Region auch kulinarisch ihr Licht nicht mehr unter den Scheffel. Wir präsentieren sechs Rezepte für den Frühling.
Es hat auch Vorteile, wenn man in einer Region tätig ist, die kulinarisch nicht so klar definiert ist wie etwa die Wachau«, sagt Mike Nährer vom gleichnamigen Gasthaus in Rassing, »so hat man nämlich eher die Gelegenheit, den Ruf und Charakter der Gegend aktiv mitzuformen«. Nährer ist Teil der Feldversuche, einer losen – aber umso aktiveren – Truppe an Spitzenköchen und Produzenten, die dabei sind, das Mostviertel als Kulinarikdestination mit ganz neuer Spannung aufzuladen.
Das Mostviertel ist eine große, mit vielfältigen Terroirs gesegnete Region Niederösterreichs. Sie erstreckt sich vom westlichen Wienerwald bis an die oberösterreichische Grenze, vom Fuße des Ötschers bis zur Donau. Die Birnen für die namensgebende Spezialität, den Most (aber auch die Fruchtsäfte und andere Herrlichkeiten), sind natürlich das bekannteste Grundprodukt der Gegend. Das herausragende Wild und die fantastischen Wildfischbestände etwa der Pielach, die herrlichen Weine des Traisentals, die vielfach prämierten Edelbrände sind nur einige weitere Delikatessen, aus deren Fülle die Köchinnen und Köche schöpfen können.
Aber wer sind die Bannerträger dieser neuen Bewegung, die hier seit ein paar Jahren für frischen Wind sorgen? Die famose Theresia Palmetzhofer von der »Palme« in Neuhofen – lange Jahre Küchenchefin bei Zwei-Sterne-Koch Filippou – ist ebenso dabei wie Hubert Kalteis vom gleichnamigen Gasthof in Kirchberg an der Pielach. Stefan Hueber und Partnerin Silvia Aigner vom »Gasthaus Hueber« in St. Georgen an der Leys bringen sich an führender Stelle ein, ebenso Erich Mayrhofer und Renate Schaufler vom »Bärenwirt« in Petzenkirchen oder Andreas Plappert vom »Schlosswirt« in Waidhofen an der Ybbs.
Der Bogen reicht also von lange etablierten, traditionsreichen Haubenbetrieben bis zu jungen Avantgardisten wie Palmetzhofer oder Nährer. Dass alle ausnahmslos in Betrieben zugange sind, die fest in der Region und der lokalen Bevölkerung verwurzelt sind, ist ein weiteres Alleinstellungsmerkmal. Dem Experiment und der Erneuerung verpflichtet sein, gleichzeitig aber die lokale Bevölkerung als Rückgrat – und auch als Kontrollmechanismus gegen »Abgehobenheit« erleben zu dürfen, ist wohl eine der wesentlichen Stärken der Initiative.
Da werden alte Traditionen neu belebt und auf ungewöhnliche Art weiterentwickelt, da ist ein ganz ungewöhnlicher Teamgeist entstanden und eine inspirierende Freude daran, Überkommenes infrage zu stellen, Neues zu wagen und gemeinsam die kulinarische Weiterentwicklung einer Region zu wagen, die mit sehr unterschiedlichen, reichhaltigen Terroirs gesegnet ist – ihr Licht in der Vergangenheit aber zu oft unter den Scheffel gestellt hat.
Nach dem Vorbild international federführender Initiativen etwa in Skandinavien haben sich die Akteure auch hier zur Aufgabe gemacht, alte Traditionen neu zu denken, Tabus infrage zu stellen und Potenzial zu entdecken, wo zuvor lange keiner mehr hingeschaut hat. Die Ergebnisse sprechen für sich: Fernöstliche Techniken bei der Vorrichtung frisch gefangener Fische werden, Stichwort »Ike Jime«, ebenso erprobt wie die Anwendung uralten Wissens um Fermentation, wie es etwa in Zusammenarbeit mit dem Biohof Lutz in Wieselburg und der Entwicklung von Misopasten aus regional angebauten Hülsenfrüchten geschieht. Interessiertes Publikum ist stets eingeladen, sich von der Gültigkeit der Experimente zu überzeugen – wenn etwa im Rahmen einer der Jagd gewidmeten Veranstaltung in den Ötschergräben sogar Dachs zubereitet wird –, mit überzeugend köstlichen Ergebnissen.
Im südlichen Traisental haben sich manche Exponenten der Feldversuche längst vergessener Weingärten angenommen, wo einst eine Vielfalt kaum noch bekannter Reben kultiviert wurde. Was einst allzu oft als »saurer Haustrunk« aus wenig bevorteilten Regionen abgetan wurde, zeigt heute, nicht zuletzt dank des Klimawandels, plötzlich hoch begehrte Resultate: Die Weine der »vergessenen Gärten« am Fuße der Alpen begeistern heute durch Finesse und Charakter.
Für Falstaff Rezepte haben die Spitzenköche der Feldversuche Rezepte ausgearbeitet, die auf faszinierende Weise mit Innovation und Tradition spielen, die Region auf köstliche Weise abbilden – und doch ganz einfach nachkochbar sind. Mindestens so empfehlenswert ist es aber, sich den 25. und 26. April im Kalender anzustreichen: Da werden die Protagonisten der Feldversuche nämlich im Prater beim Riesenrad zu Gast sein, um vor und für Publikum zu kochen. Man darf sich auf Wagemut und wilde Experimente gefasst machen – vor allem aber auf den kulinarischen Ausdruck einer Region, die man sich wird merken müssen. Ist aber nur einer von mehreren Terminen, die heuer noch stattfinden – weitere Infos gibt’s hier!