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Bergzucchini und wilde Rinder: Tobias Moretti im Talk

Falstaff spricht mit dem Schauspieler Tobias Moretti über seine zweite Beschäftigung als Biolandwirt, über Nachhaltigkeit und sein Lieblings-Zucchini-Gericht.

FALSTAFF: Sie leben mit Ihrer Familie auf dem alten Erbhof Ihrer Familie, produzieren die exklusiven Bergzucchini, züchten Rinder und liefern einige der besten Wildkräuter Europas. Wie ist dieses andere Leben des Tobias Moretti?
Tobias Moretti: Man kann das ein anderes Leben nennen, ich betrachte es aber eher als Teil meines bzw. unseres Lebens: Wir sind Künstler und wir sind Landwirte. Und den Hof haben wir seinerzeit deswegen übernommen, weil wir uns für dieses Lebenskonzept entschlossen hatten. Auch wenn beides unterschiedliche Welten sein mögen, gibt es da keine quasi-schizophrene Spaltung. Zuweilen ergänzen sich die beiden Tätigkeitsfelder gut, manchmal können sie sich auch unbarmherzig verspreizen: Wenn ich zum Beispiel zum Dreh muss und gleichzeitig ein Kalbl zur Welt kommt.

Nachhaltigkeit, sanfter Tourismus biologische Landwirtschaft: Schlagworte oder Lebensphilosophie?
So wie meine Familie und ich leben, ist uns das so selbstverständlich, dass ich es nicht als ein ausdrückliches »Bewusstsein« wahrnehme. »Nachhaltigkeit« als modische Worthülse, mit der man alles ökologisch aufhübschen kann, geht mir eher auf die Nerven. Sie ist im Übrigen nicht nur eine Kategorie der Ökologie, sondern auch des Nutzens, nur längerfristig gedacht: Der Nutzen stellt sich vielleicht erst ein paar Generationen später ein. Das Gegenteil erleben wir ja in diesen Jahrzehnten: Die ökologischen Sünden, für die wir gerade büßen, sind nicht nur unsere eigenen.

Sie engagieren sich auch gegen das Zubetonieren von Grünflächen. Was treibt Sie dabei an?
Dieses Umwidmen von Grün- und Ackerflächen in Bau- und Industrieland in Österreich ist ein Wahnsinn. Damit wird nicht nur die regionale Nahrungsmittelversorgung gefährdet, und das, obwohl alle dauernd über regionale Lebensmittel und ihre ökologische Bedeutung reden. Man braucht nie mehr von Kultur zu reden, wenn man die Kultur des eigenen Lebens und Lebensraums vernichtet.

Sie kritisieren die Wirtschaftsphilosophie vieler Wachstumsdogmatiker. Gibt Ihnen die Pandemie nun recht, dass es auch anders geht/gehen muss?
Das klingt ein bisschen nach moralischem Gutmenschentum. Es geht mir dabei nicht um Profit-Verneinung, sondern um einen »Profit des längeren Atems«. Dieser »Atem« wäre zentral für Wirtschaft, Landwirtschaft und Tourismus. Ich bin kein weltfremder Fantast, ich führe ja selber einen Vollerwerbsbetrieb und muss profitabel wirtschaften. Nur dann gibt er mir die Autonomie, die ich als ungemein bereichernd empfinde: eigene Entscheidungen treffen zu können und unabhängig zu sein.

Zum Schluss eine kulinarische Frage. Welches Zucchini-Gericht ist Ihr Favorit? Gibt es eine »Moretti-Familienspeise« aus dem Fleisch Ihrer autochthonen Rasse »Tuxer Rind«?
Meine Frau hat ein Rezept für wunderbare Tagliatelle mit Bergzucchini, frischen Schwammerln und Wildkräutern von unseren eigenen Wiesen kreiert. Und nicht nur unsere Kinder lieben den »Omes-Burger«.

Tobias Moretti

...ist ein brillanter Schauspieler und diplomierter Biolandwirt. »Ohne Schauspielerei kann ich nicht, ohne Landwirtschaft will ich nicht leben«, sagt der Mime und Produzent landwirtschaftlicher Spitzenprodukte.


Erschienen in
Falstaff Spezial Neue Alpine Küche 2021

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Ilse Fischer
Ilse Fischer
Autorin
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