Schmankerln aus dem Käseland Tirol.

Schmankerln aus dem Käseland Tirol.
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Berg & Tal in Fahrt: Käse in Tirol

Ob Grau-, Alm- oder Korbkäse, in Tirol bekommt Käse die Zeit, die er braucht, um Perfektion zu erreichen. Eine kleine kulinarische ­Visite zeigt, wie das geht.

Starten wir unseren Rundgang im westlichsten Westen von Tirol, am Ursprung des Lech. Der Lechweg ist eine Wanderung von der Quelle zur Mündung, von der Natur zur Kultur und vom Ursprung in die Gegenwart. Der Weg führt durch wilde Landschaften und kulinarische Abenteuer. Der Lech – hier heißt er noch Formarinbach – formt sich zu einem kleinen Bach, der Weg führt an seinem Anfang durch das Quellgebiet. An einigen Stellen fließt kristallklares Wasser aus der steinigen Erde, und auch der Lechweg selbst ist noch ein schmaler Pfad, der an Latschenkiefern und Almrosen vorbei durch die atemberaubende Bergkulisse des Arlbergs führt. Das Gehen verspricht Abwechslung, innere Einkehr, sportlichen Anspruch und allerhand Köstlichkeiten. 

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So zum Beispiel die Käsesorten der Lechtaler Naturkäserei der Familie Sojer in Steeg. Die Käserei verarbeitet die silofreie Heumilch der Region zu sensationell gutem Käse. Herausragend dabei ist der Bachensteiner, ein säuerlich-pikanter Schnittkäse mit Rotkultur, ähnlich dem italienischen Taleggio. Der würzige Teig des Bachensteiners ist so ausdrucksstark, dass sich beinahe die Almwiese mit ihren Sommerkräutern darin wahrnehmen lässt. Außerdem im Sortiment und über die Maßen köstlich: der Steinpilzkäse (natürlich nur, solange es Steinpilze zum Sammeln gibt), der Steeger Dorfkäse oder der Lechtaler Natur Bergkäse. 

Ab ins Körbchen

Weiter östlich in Kolsass im Inntal reift der legendäre Bio-Korbkäse heran, ein Weichkäse aus thermisierter Bio-Heumilch, der bereits seit Jahren internationale Preise und Auszeichnungen abräumt. Der Bio-Korbkäse ist mit dem Gütesiegel »Qualität Tirol« gekennzeichnet und reift in speziellen Bastkörben, die auf der natürlichen Rinde aus weißem Edelschimmel deutliche Spuren hinterlassen. Die Methode, Käse in Körben reifen zu lassen, wurde zwar nicht in Kolsass erfunden, dass man die uralte Tradition hier wieder aufleben lässt, darf man sich jedoch schon auf die Fahne heften. Das Resultat ist ein cremiger, milder und eleganter Käse für verwöhnte Gaumen.  
Unweit von Kolsass liegen Weer und Weerberg. So nah, dass Kolsass und Weer oft auch gleichzeitig genannt werden. In Weerberg finden wir die Käserei von Thomas Lieb und damit das Tiroler Kompetenzzentrum für Graukäse in allen Varianten und Reifestufen. Die Käserei Thomas Lieb ist seit vier Generationen auf den durch seine Zusammensetzung besonders bekömmlichen Graukäse spezialisiert. Bereits 50 Gramm davon liefern die Hälfte des täglichen Eiweißbedarfs. Beim Graukäse beginnt alles mit hochwertiger Magermilch. Die Milch wird über Nacht mit Hilfe einer Kultur »dickgelegt« und am nächsten Tag gerührt und erwärmt. Nach etwa zwei Wochen ist der junge Graukäse fertig. 
In diesem Stadium ist er noch weiß, topfig und brüchig. Erst mit der Zeit entwickelt er sein teilweise deftiges Aroma und wird vom Rand her gräulich und speckig. Am besten ganz traditionell zu genießen: sauer mariniert mit Zwiebel und Bauernbrot.

Graukäse wird in Tirol auch zu deftig-köstlicher Suppe verarbeitet.
© Alpbachtal Seenland Tourisumus
Graukäse wird in Tirol auch zu deftig-köstlicher Suppe verarbeitet.

Auch östlich ist es köstlich

Folgt man dem Inn weiter flussabwärts, kommt man zu zwei südlich gelegenen und berühmten Tiroler Tälern: Alpbach und Zillertal. In Reith im Alpbachtal befindet sich die Alpbachtaler Heumilchkäserei mit ihren 16 Käsesorten. Die Käserei sammelt und verarbeitet die Heumilch von über 60 Milchbauern des Tals. Spitzenreiter innerhalb des ohnehin großartigen Sortiments ist ein sensationell guter Bergkäse: der Alpbachtaler Bio Bergkäse. Dabei handelt es sich um einen Rohmilchkäse mit Oberflächenreifung aus Milch, die ausschließlich von Alpbachtaler Bio-Heumilchbauern angeliefert wird. Der Käse altert zumindest drei Monate im Reifekeller und präsentiert sich dann würzig und ausdrucksstark.
Noch ein Stück weiter im Osten Nordtirols finden sich mit der Bio-Sennerei Hatzenstädt und der Käserei Plangger zwei weitere großartige Käsereien. In der Kleinsennerei wird Käse höchster Qualität erzeugt. Die Milch schwebt von der Alm mittels Seilbahn direkt in die Sennerei. Diese kompromisslose Un-mittelbarkeit schmeckt man auch in den Produkten. Mit der Käserei Plangger hat man direkt am Walchsee einen Ort mit Tradition und Geschichte. Das Angebot reicht vom
saftigen und jugendlichen Frischkäse über den rassigen Räßkäse hin zum ausgesprochen kräftig-würzigen Sennkäse. Und: Seit Oktober 2015 reifen die aromatischen Laibe der Schnitt- und Hartkäse im neuen Felsenkeller. Überhaupt reifen in Tirol gerne Käse in Felsen. Bei Kitzbühel betreibt die Tirol Milch einen Felsenkeller und lässt dort preisgekrönten Käse reifen. Käse aus dem Berg scheint – so wie der bereits erwähnte Graukäse – eine Tiroler Spezialität zu sein. 

Ein typischer Felsenkeller.
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Ein typischer Felsenkeller.

Mit der Molkerei Lienz in Osttirol betreibt die Tirol Milch übrigens einen kleinen, aber feinen Standort, der sich in letzter Zeit zu einem Zentrum für Graukäse und Glundner entwickelt hat. Beides sind Spezialitäten mit starkem regionalem Bezug. Für Stefan Hörtnagl, den Milchprofi der Landwirtschaftskammer Tirol, ist die Sache jedenfalls klar:

»Tirol ist Käseland. In  unseren Käsen  findet sich nicht nur der Reiz des Almsommers, der kleinen Familienbetriebe oder der Sennereien, sondern auch die ganze Tradition der handwerklicher Käsekunst unseres Landes. Die Heumilch als ganz besonderer Qualitätsrohstoff unserer Rohmilchkäse rüstet diese Betriebe sehr gut für die Zukunft.«

Aus dem Falstaff Spezial »Käsekultur in Österreich« 2016.

Jürgen Schmücking
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