Bei den Winzern wird nicht getrickst

ÖWM-Chef Willi Klinger und Wein Burgenland Obman Matthias Siess reagieren auf den Falstaff Artikel »So wird Wein manipuliert«.

Eine der großen Mystifikationen in der Kulinarik ist die Idee, dass Wein ein reines Naturprodukt sein müsse. Sie hat sich in unse­ren Köpfen so festgesetzt, dass man kaum mehr vernünftig über seine technische Seite reden kann. Das Resultat ist einerseits eine romantische Verklärung des Weins als gottgegebener Nektar, der nur in uralten Kellern und Fässern zu edler Güte heranreift, und andererseits eine publikumswirksame Brandmarkung der Kellertechnik als Manipulation an der Grenze der Legalität. ­Leider hat auch der Falstaff-­Artikel »Wie Weingeschmack manipuliert wird« in der ­September/Oktober-Ausgabe eine reißerische Schlagseite, und das ist schade.

Denn die Absicht, den Lesern eines hedonistischen Fachmagazins mehr Information über den technischen Aspekt des Weins zu vermitteln, ist an sich zu begrüßen. Sie entspricht auch der Forderung des Slow-Food-Gründers Carlo Petrini, die Produzenten von hochwertigen Lebens- und Genussmitteln müssten den Menschen mehr Hintergrundinformation liefern, sie quasi von Konsumenten zu Koproduzenten machen und sie dazu bringen, von selbst mehr Fragen zu Herkunft und Produktionsmethoden zu stellen.

Wein hat diesbezüglich ein besonders strenges Reglement, das alle Bereiche seiner Herstellung umfasst, auch die zulässigen Verfahren und Hilfsmittel. Wer sich wie unsere Winzer an diese gesetzlichen Bestimmungen hält, manipuliert nicht. Über die Sinnhaftigkeit mancher erlaubter Eingriffe kann man dagegen sehr wohl trefflich streiten, besonders im Hinblick auf den Charakter und die Stilistik der Weine. Von dieser Seite muss die Analyse und gegebenenfalls auch die Kritik der Methoden aufgezogen werden. Und da ist Falstaff als jenes Magazin, das wie kein anderes den Qualitätsboom unserer Weine und deren stilistische ­Entwicklung geprägt hat, heute selbst gefordert.

Mag. Wilhelm Klinger, Österreich Wein Marketing

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Matthias Siess, Obmann Wein Burgenland / © Falstaff, WindingIn der Winzerschaft gibt es momentan nicht nur Sorgen wegen der kritischen Situation bei der Lese, auch der Artikel von ­Ulrich Sautter und Herbert ­Hacker in der letzten Ausgabe von Falstaff erhitzt die Gemüter aufs Äußerste.

»So wird Wein manipuliert« und »Tricks der Winzer« ist eine massive Unterstellung, dass die Winzer »verbotene Mittel« verwenden, um guten Wein zu produzieren.

Diese önologischen Mittel, die alle erlaubt sind, um auch in Jahren wie diesen guten Wein zu produzieren, sind unbedenkliche Hilfsmittel, die selbst aus der Natur gewonnen werden durch Forschung in Klosterneuburg, Wädenswil und anderen Forschungsstellen und den Winzern zur Verfügung stehen, um ordentlichen Wein zu produzieren.

Viele Leser sind zwar profunde Kenner der Szene, haben aber trotzdem mit diesen Mitteln wenig zu tun, und es entsteht der Eindruck, dass bei den Winzer eben nur getrickst wird.

Wir schätzen Falstaff als Magazin sehr, aber mit solchen Artikeln sollten sich die Forschungsstellen auseinandersetzen und Fachzeitschriften berichten, die damit was anfangen können, um sie nicht in den falschen Hals zu bekommen. Ich bin auch der Meinung, dass ein solcher Artikel kontraproduktiv ist und die Konsumenten mehr verwirrt als Ihnen Nutzen bringt.

Es wurde auch in allen Gremien sehr intensiv diskutiert und auch überlegt, ob man nicht Maßnahmen finanzieller Natur setzt, um solche Artikel zu vermeiden. Denn immerhin ist Falstaff die letzten Jahrzehnte sehr gut gefahren mit den Winzern, und auch umgekehrt ist es das wichtigste Magazin.

Matthias Siess, Obmann der Wein Burgenland