Bachls Sixpack, Teil 2: Restaurant Imperial

Im Fünfsternehotel ist der Küchenchef auch für Frühstück und Zimmerservice zuständig. Darunter mag seine Kreativität leiden.

Ex-Coburg-Küchenchef und Neo-Chocolatier Christian Petz meinte kürzlich, ihm werde übel angesichts dessen, was in der Wiener Ringstraßenhotellerie gastronomisch so los sei. Damit meinte er wohl weniger das konkrete Angebot auf den Tellern als vielmehr die Tendenz des generellen Downgradings durch die Betreiber – siehe auch die Lokale Nummer drei und Nummer fünf.

Während in Paris oder London die aufregendsten Restaurants in Hotels zu Hause sind, gibt es in Wien kein einziges Fünfsternehotel (mehr), das sich ein Restaurant mit separatem Küchenchef leistet und mit ihm (oder ihr) in der absoluten Spitzenklasse mitspielen kann und will.

Im Hotel Imperial passierte jüngst dasselbe wie in den meisten anderen Häusern: Der neue Küchenchef Rupert Schnait ist nicht nur für das Luxusrestaurant, sondern auch noch für Café, Frühstück, Bankette, Catering und Zimmerservice zuständig. Angesichts dieses Portfolios an Aufgaben und eines Siebentagebetriebs ist somit klar, dass der Mann nur gelegentlich in der Küche vorbeischauen kann.

Schnait ist ein Mann der alten Garde, er genießt einen ausgezeichneten Ruf. Aber er ist kein Signal für Aufbruch und Neubeginn. Ein sehr gutes Beef Tatar ist abseits von allerlei Beiwerk in Form kalter und geschmacksarmer ScheDas schönste Restaurant am Ring iben von angebratenem Hochlandrindfilet begleitet. Ebenso rätselhaft ist die anachronistische Art, ein Vorspeisen-Salonbeuschel mit derart viel Rahm zu binden, dass seine cremige Konsistenz als Appetitkiller fungiert. Den zeitgenössischen Part übernimmt der glacierte Steinbutt mit Avocadotascherl, Mangold und Tamarillos – sehr guter Fisch, erfreuliche Beilagen und die Säure der Tamarillos, die dem Ganzen einen animierenden Pep verleihen. Wieder auf der klassischen Seite daheim ist der kleine Milchrahm­strudel mit Topfeneis. Wären nicht das Ambiente und die Grandezza der Servicemannschaft derart imperial, man käme ins Grübeln, warum man für so ein wenig inspirierendes Mahl solche Summen investieren darf. Das Prädikat erträglich verdient die Klassikmischung aus der Konserve, jenseitig sind die Darbietungen des diensthabenden Pianisten, der mit Aufzugmusik à la »Ballade pour Adeline« die Verdauung gefährdet.

von Alexander Bachl

Sixpack-Bewertung
Essen 44 von 50
Service 19 von 20
Weinkarte 17 von 20
Ambiente 9 von 10
GESAMT 89 von 100

Falstaff-Restaurantguide-Bewertung
Essen 44 von 50
Service 18 von 20
Weinkarte 17 von 20
Ambiente 10 von 10
GESAMT 89 von 100

Restaurant Imperial
Kärntner Ring 16
1015 Wien
T: +43/(0)1/501 10-356
Mo.–So. 18–24 Uhr
www.starwoodhotels.com/restaurant_imperial

aus Falstaff 03/2010

Die anderen fünf Restaurantkritiken aus dem Sixpack erreichen Sie über die Verweise links oben.

Alexander Bachl
Alexander Bachl
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