Die Kiang Weinbar ist umgezogen und hat sich vergrößtert. Der Wachstumsschub hat dem Angebot sehr gut getan.
Es war einmal Ende des vorigen Jahrhunderts, als Thomas und sein Bruder Joseph Kiang in Wien eine neue Art von China-Küche etablierten. Thomas, der Ältere, zog eine kleine Kette auf, mit Essen, das von Glutamat, klebrigen Saucen und fragwürdigen Ingredienzien befreit war. Joseph betrieb sein eigenes Lokal in der Josefstadt. Irgendwann brach er mit Wien und zog nach Peking, um dort Österreichisches darzubieten. Dann tauchte er 2013 wieder auf und eröffnete am Yppenplatz eines der skurrilsten Lokale der Stadt.
Die »Kiang Weinbar« war ein von einem Künstler mit aufblasbaren Gebilden dekorierter Schlauch, in dem Kiangs Frau Li Chen auf zwei Kochplatten daheim vorgegartes finalisierte. Zu einer angesichts dieser Umstände bemerkenswerten Liste von Speisen mit markantem Innereien-Einschlag gab’s wirklich gute Weine. Nun sind die Kiangs mit dieser Idee in ein mindestens doppelt so großes und recht adrettes Lokal im Servitenviertel übersiedelt. Das hat mehrere Vorteile. Die Karte wurde noch länger, weil Frau Li nun in einer echten Küche werkt.
Und die Weinkarte wurde noch viel länger, blieb aber eine der günstigsten der Stadt. Ein Beispiel: Château Canon La Gaffelière 06 zu 90 Euro. Alles klar? Auch die Küche bleibt preislich an der untersten Grenze, Luxusprodukte darf man also nicht erwarten. Dafür gibt’s feine Jiaozi-Tascherln, kaltes Bang-Bang-Huhn auf Gurke mit glutig scharfem Sesam-Chili-Dressing oder saftiges Schweinebauch-Carpaccio mit Chili-Öl. Aber auch Mutspeisen aus der »Challenging«-Liste wie eine famose Lammsulz mit Reisessig oder »pikant geschmortes Hühnerherz und Magen«, wobei sich nur schön mürb gegarter Magen im Schüsserl findet – die Herzerln hat wohl wer anderer stibitzt.
BEWERTUNG
Alexander Bachl © Ingo PertramerAlexander Bachl
Essen 43 von 50
Service 15 von 20
Weinkarte 17 von 20
Ambiente 8 von 10
GESAMT 83 von 100
€
»Kiang Wine & Dine«
Grünentorgasse 19
1090 Wien
T: +43/(0)664/196 79 72
www.facebook.com/kiangwinebar
Von Alexander Bachl
Aus Falstaff 07/2015
