Viel länger mischen nur wenige Gasthäuser in Österreichs Gastronomiegeschichte mit. Schon in den späten 1970er-Jahren war »Zum Roten Wolf« eine beliebte Adresse für kulinarische Landpartien. Bis vor drei Jahren prägten die stets zurückhaltende Susanne Böck und ihr umso gesprächsfreudiger Mann Johannes das Geschehen. Damit es seinem Lieblingsgasthaus auch fürderhin wohlergehe, erwarb der Tullner Pflanzenhändler Wolfgang Praskac vorsorglich die Liegenschaft und übergab die Leitung an ein junges Team.
Christoph Mayer kümmert sich um Gast und Keller, Christian Wöber, unter anderem lange bei Toni Mörwald in Diensten, ist der Mann in Weiß. Bloß das Ambiente war in die Jahre gekommen, was nun ziemlich stilsicher geändert wurde. Auch in Pension geschickt wurde das »Rot« vom Wolf. »Das Wolf« steht für den Umbruch. Der sich in der Küche zum Glück kaum widerspiegelt. So blieb der großartige Klassiker Sesampalatschinke mit Fasanfülle, Steinpilzen und Zwetschken-­Chutney ebenso auf der Karte wie die zur Rarität mutierte Rindsuppe mit Milzschnitte. Von den entzückenden kleinen Grammelknöderln auf Sauerkraut mit Bratensaftl nimmt man besser gleich drei als zwei. Der Neusiedler-See-Wels auf Wasabipüree, mit Rote-Rüben-Sauce und Krenschaum zählt zu den dezent international gefärbten Gerichten, ebenso stilsicher wie der ganz klassische und schön mürb geschmorte Hirschschlögel in Wacholderrahmsauce mit Serviettenknödel. Spätestens nach der Schoko-Mandel-Tarte mit Passionsfruchtsorbet hat man Herrn Praskac’ Investment verstanden.
Irreführend ist die im Internet abrufbare Weinliste, die nur einen winzigen Auszug des grandios und eher klassisch bestückten Weinkellers mit großer Jahrgangstiefe offenbart.