Prachtblick und beste Weinkarte der Nation sind geblieben, an Küche und Service muss noch gefeilt werden.
Als vor einem Jahr das Zweitlokal des »Palais Coburg« wieder einmal ein neues Konzept und seinen originellen Namen verpasst bekam, schien hier endlich ein wirklich frischer Wind zu wehen. Supermotiviertes Service und zeitgenössische Küche, kombiniert mit den beiden Dauerfaktoren Prachtblick auf den Palaisgarten und der besten Weinkarte der Nation, die hier in gut gewählten Auszügen, aber auch in voller Breite zur Verfügung steht. Die beiden letzteren Dinge blieben, vom Rest ist gerade eher weniger zu spüren. Die Küche ist nach dem Abgang von Martin Nuart in seine Kärntner Heimat in Händen von Fabian Philler, der im Rahmen des aktuellen Koch-Ringelspiels vom »The Ring« hierher wechselte. Doch die vorher dort gepflegte Präzision ist noch nicht zum neuen Team mitübersiedelt.
Das Tatar – lobenswerterweise mit Dotter, wie es sich gehört – wird durch Beifügung des Stinkkrautes Bärlauch zu einer aromatisch ruppigen Sache. Das vegane Gericht aus Tomate, Olive, Kräutern, Reis(teig) und Zitrone ist dagegen frisch, aufregend und animierend wie selten und das Highlight des Abends. Hühnerbrust mit Fenchel, Chorizo und Pastinake kommt stimmig. Schwierig wird’s, wenn ein Stück mit wildem Brokkoli, Zwiebel und Kren arrangiertem superfettem Schweinebauch obenauf eine appetitlich knusprig aussehende Schwarte ziert, die sich als gänzlich resistent gegen jede Art der Zerkleinerung entpuppt – sei es mit dem angeforderten Steakmesser oder mit bestens intakten Zähnen. Zum Service: Klar, das ist hier nur die »Economy Class« des Coburg. Aber ganz so salopp und rustikal – mit den Fingern tief in Tellern und Schüsseln – muss man das Essen auch nicht auf den Tisch schupfen.
BEWERTUNG
Alexander Bachl © Ingo PertramerAlexander Bachl
2 Falstaff GabelnEssen 42 von 50
Service 16 von 20
Weinkarte 18 von 20
Ambiente 9 von 10
GESAMT 85 von 100
€€
Clementine im Glashaus
Hotel Palais Coburg
Coburgbastei 4
1010 Wien
T: +43 1 51818 114
www.palais-coburg.com
Von Alexander Bachl
Aus Falstaff 04/2015
