Bachls Restaurant der Woche: Bristol Lounge
Das Art-déco-Ambiente und das Service entsprechen fünf Sternen, das Essen leider nicht.
In einer stillen Ecke sitzt ein demnächst aus dem Amt scheidender Top-Politiker. Er ist wahrscheinlich der einzige anwesende Gast, der sich erinnert, dass sich in diesem Raum einst eine der Keimzellen der österreichischen Spitzengastronomie befand. Alle anderen dürften im »Bristol« nächtigen und wohl noch nie von Reinhard Gerer oder »Korso« gehört haben. 2013 mutierte der legendäre Ort zum ganztägig offenen Mehrzwecklokal namens »Bristol Lounge«. Kürzlich wurde ein Wechsel der Küchenleitung vermeldet. Als Kundmachung einer Rückkehr zu ambitionierterer Küche scheint die Information aber nicht gedacht zu sein. So macht es staunen, dass von gezählten drei Vorspeisen eine aus ist. Vielleicht auch ein Glücksfall, denn mit dem Ersatzkandidaten »Beef Tatar mit Kräuterseitling und Senfcreme« wird das beste Gericht des Abends aufgetragen – kein Schnickschnack, puristisch gewürzt, eleganter Fleischgeschmack. So geht das.
Die Idee des »Karotten-Muffins« erschließt sich weniger, die zwei kleinen Karottenteiggebilde sind schnittresistent, dazu gibt’s viererlei verhalten gewürzte Spielarten der gleichen Karotte. Prädikat: wenig außer »vegan«. Wer angesichts von 28 Euro für das Zwischengericht »Österreichischer Flusskrebs, Tortelloni, Sauerampfer, Molke« mit Frischware rechnet, hat sich verkalkuliert. Ein paar irgendwann durchgegarte Tierchen zieren diese seltsame Komposition. Die Goldforelle stammt zwar von Eishken, hat aber umso weniger diese Art der Hitzebehandlung verdient. Und auch »Osso Bucco« (sic!) kann man offenbar derart lange köcheln, dass auch die saftigste Stelze irgendwann zum Trockenfleisch mutiert. Ja, das Art-déco-Ambiente und das Service entsprechen fünf Sternen. Das Essen leider nicht.
Bristol Lounge
Kärntner Ring 1
1010 Wien
T: +43 1 51516553
www.bristol-lounge.at