Australien: Die besten Weine

Down Under liegt bereits auf Platz vier der weltweiten Weinexporteure. Falstaff stellt die spannendsten Weinregionen vor – plus die zehn Kultweine.

Australien hat den Ruf als Lieferant von Einheitssüppchen und alkohollastigen Fruchtbomben. Zu Unrecht: Aus Down Under kommt inzwischen eine Vielfalt authentischer, einzigartiger Weine von bester Qualität. Immerhin verfügt das Land über 160 Jahre alte unveredelte Vitis-vinifera-Reben, aus deren Trauben noch Wein produziert wird.

Kampf gegen die Reblaus
Der Reblaus-Katastrophe, die mehr als zwei Drittel der Weinberge in Europa zerstörte, fiel Australien 1875 zum Opfer. Eine der Konsequenzen: Am Ausgang des Weinkellers von Henschke im Eden Valley hängt ein Verbotsschild mit einem großen durchgestrichenen Ungeziefer und der Aufschrift »Don’t spread Phylloxera!«. Prue Henschke bittet ihre Gäste, in eine Wanne zu treten, um die Schuhsolen zu desinfizieren, bevor man in den berühm­ten Weingarten »Hill of Grace« geht. Prue Henschke, Wissenschaftlerin mit Spezialgebiet Rebenbotanik und Weinbau, ist verantwortlich für die Weingärten des Familienwein­guts. Seit fünf Generationen produzieren die Henschkes hier in der »Barossa Zone« Wein. »Durch strikte Quarantänevorschriften blieben die Weinbaugebiete in South Australia bis jetzt fast reblausfrei«, erklärt Prue.

Zehn Kultweine aus Down Under in der Bilderstrecke

Eine Ballonfahrt ist eine gute Möglichkeit, die Weinbaugebiete zu genießen / Foto: Global Ballooning

Tatsächlich glaubt man sich hier im Garten Eden: In der einen Hand hält man ein Glas Hill of Grace 2008, mit der anderen streift man über den unglaublich knotigen, dicken Stamm einer Shiraz-Rebe. Ein Teil dieser Reben wurde um 1860 gepflanzt und muss gehegt und gepflegt werden, um wenigstens eine geringe Ernte hervorzubringen. Aber dafür kommt ein Wein mit tiefschwarz-violetter Farbe ins Glas. Das fast explosive Aroma erinnert an Brombeere, Lakritze, Lavendel, geröstetes Schwarzbrot und Grafit. Im Mund erlebt man massive, kräftige, aber samtige Tannine und freut sich über genügend Säure, die die Frucht noch hervorhebt.

Weine aus dem Barossa Valley wurden schon früh exportiert / Foto: PR

Kurz zur Geschichte: Das erste kommerzielle Weingut Australiens wurde von John Mac­Arthur auf seinem Anwesen Camden Park, rund 50 Kilometer südwestlich von Sydney, im frühen 19. Jahrhundert gegründet. Die uralten Böden Australiens, die bis in das Äon Archaikum vor über 2,5 Milliarden Jahren zurückreichen, erwiesen sich als hervorragend geeignet für Vitis-vinifera-Reben. Bis 1850 hat sich der Weinbau in fast allen Staaten ausgebreitet – von den sanft rollenden Hügeln des Hunter Valley in New South Wales bis nach Barossa in South Australia und zu den Hängen des Yarra Valley in Victoria. 1854 wurde mit 1384 Gallonen (6291 Liter) der erste Weinexport in das Vereinigte Königreich dokumentiert.

Neue Weintrends durch Einwanderer
Bis in die 1960er-Jahre wurden etwa 80 Prozent des australischen Weins gespritet und in der Stilistik von Port oder süßem Sherry ausgebaut, bevor Einwanderer aus Italien, Griechenland und Deutschland einen Trend zu trockenen Tischweinen einleiteten. Peter Gago, Chief Winemaker bei Penfolds, erzählt vom Wechsel von gespriteten Weinen zu trockenen: »Max Schubert war mit seinem ersten Jahrgang des Penfolds Grange Hermitage 1951 ein Rebell. Der Wein entsprach nicht der allgemeinen Stilrichtung der Zeit, Schuberts Traum von einem hochwertigen trockenen Rotwein nach französischem Vorbild stand nach wenigen Jahrgängen vor dem Aus. Schubert blieb jedoch dem Grange treu und produzierte ihn heimlich, bis sich der Geschmack wandelte. Grange wird seither als die trockene Rotwein-Ikone Australiens international gelobt.«

Überall lassen sich gut bestückte Weinkeller finden / Foto: Château Yering

Heute sind viele australische Weinproduzenten internationale Vorbilder, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Biologisch-organischer Weinbau stellt nur den Anfang dar. Mathew Pick, Winemaker bei Oxford Landing: »98 Prozent unserer Verpackung bestehen aus wiederverwerteten und/oder wiederverwertbaren Materialien. Gebrauchtes und überschüssiges Wasser wird aufgefangen, gereinigt und wieder dem Kreislauf zugeführt. Fester natürlicher Abfall wird ausgesondert und kompostiert. Während der ganzen Produktion verbrauchen wir nur einen Liter Wasser pro Liter Wein. Zum Vergleich werden in Deutschland etwa zehn Liter Wasser pro Liter Wein benötigt.«

160 Jahre alte Reben
Australien liegt hinter Frankreich, Italien und Spanien auf Platz vier der weltweiten Weinexporteure. Nur hat die Herstellung von Massenware in der Vergangenheit zu dem Bild beigetragen, der fünfte Kontinent liefere nur Einheitssüppchen und alkohollastige Fruchtbomben. Inzwischen kommen aus Down Under jedoch zahlreiche authentische Weine von höchster Qualität – verfügt das Land doch über 160 Jahre alte Vitis-vinifera-Reben, aus deren Trauben noch Wein produziert wird.

Falstaff stellt die sechs wichtigsten und spannendsten Weinbaugebiete mit ihren typischen Weinen vor. Als kleinen Vorgeschmack gibt es hier bereits unsere Reise ins Hunter Valley und Yarra Valley. Die übrigen vier finden Sie im neuen Falstaff - jetzt am Kiosk!

>>> Hunter Valley - internationale Benchmark für Sémillon

>>> Yarra Valley - eines der führenden kühlen Weinbaugebiete in Australien

Text von Julia Sevenich
Aus Falstaff 06/13