Aufgetischt: Wiener Klassik im »Stadtgasthaus Huth«

Nur einen Steinwurf vom Stephansplatz entfernt hat ein neues Wirtshaus aufgesperrt.

Was empfiehlt man internationalen Gästen, wenn sie authentische Wiener Küche in der City erleben wollen? Hm. Soviel Möglichkeiten gibt es ja gar nicht. Eine neue Option haben wir dem Wirtepaar Robert und Gabriele Huth zu verdanken. Wo zuletzt der austauschbare Italiener »Cortese« zu Hause war, war noch früher mit dem »Stadtkrug« eine echte Gasthauslegende beheimatet. Dank behutsamer Renovierung konnte die dicke Patina eines Alt-Wiener Wirtshauses bewahrt und im eben eröffneten »Stadtgasthaus Huth« harmonisch integriert werden. Die alte Gaststube mit dunkler Holztäfelung mag ein wenig düster wirken, aber indirekter Support für die denkmalgeschützte Lamperie bringt Licht ins Dunkel. Die zweite Stube gleich neben dem Eingang ist heller und neu vertäfelt, kann mit der Atmosphäre der großen Stube aber nicht ganz mithalten.

Das Speisenangebot beschränkt sich auf Klassiker der Wiener Küche: Rindssuppe, Wiener Schnitzel, gebackene Leber, Backhenderl, Tafelspitz, Kalbsbutterschnitzel und Zwiebelrostbraten seien hier genannt. Überraschungen, Innovationen und Interpretationen des Küchenchefs bleiben uns glücklicherweise erspart und braucht es an einem Ort wie diesen auch nicht. In einem Gasthaus genügt es, wenn die Klassiker ordentlich auf den Tisch gebracht werden. Und das gelingt in der ersten Woche nach der Eröffnung schon außerordentlich gut. Die Grießnockerlsuppe (3,90 Euro) ist traditionell und schön stoffig gemacht. Das Wiener Schnitzel (17,90 Euro) ist zwar dünn geklopft, aber dennoch wunderbar saftig mit einer luftigen Panier. Mit dieser Qualität kann es sich zum Aushängeschild des Stadtgasthauses entwickeln. Am brav gemachten, begleitenden Erdäpfelsalat gibt es ebensowenig auszusetzen.

Grießnockerlsuppe mit lustigem Weckerl © Falstaff/Degen

Goldgelbes Wiener Schnitzel, original vom Kalb © Falstaff/Degen

Nicht restlos begeistert waren wir vom Kalbsbutterschnitzel (12,90), das die erhoffte Zartheit vermissen ließ und etwas zu kompakt ausfiel. Auch der Geschmack war dank einer offensiven Kräuterwürze nicht ganz so fein und subtil wie wir das an anderer Stelle schon genießen durften. Das Nachspeisen-Angebot ist mit Powidl-Tascherln, Mohr im Hemd, Grieß-Flammerie und Eismarillenknödeln einfach und gut. Eine ergänzende Monatskarte bringt ebenso wie die Mittagsmenüs wohltuende saisonale Abwechslung ins kulinarische Programm. Die Weinauswahl ist überschaubar und regional geprägt, bietet aber auch für anspruchsvolle Gaumen Erfreuliches. Die Kalkulation ist bei den Speisen wie bei den Getränken für den Standort adäquat.

Robert Huth will das Wiener Wirtshaus nicht neu erfinden, sondern anständige Qualität mit dem nötigen Respekt vor der Wiener Küchentradition bieten. Diesem Anspruch wird er mehr als gerecht. Und wenn der Gastgarten, der unmittelbar an die Kärntner Straße angrenzt, aufsperrt, dann schmeckt das Schnitzerl unter freiem Himmel noch ein bisserl besser.

Stadtgasthaus Huth
Weihburggasse 3
1010 Wien
www.zum-huth.at

(von Bernhard Degen)

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