Aufgetischt: Social Food im ehemaligen »Amarantis«

Ein italienisches Konzept-Restaurant versucht sein Glück am herausfordernden Standort.

Daran, dass hier vor gar nicht allzu langer Zeit eines der besten mediterranen Restaurants des Landes die Gäste mit innovativen wie qualitativ hochwertigen Gerichten verwöhnte, erinnert fast nichts mehr. Das zurückhaltende Interieur wich grellem Türkis und Magenta sowie aufgepepptem Mobiliar. An den Vorbesitzer erinnern aber noch die Proseccogläser und Wasserkaraffen, die noch das Logo des »Amarantis« tragen. Nachdem sich Mino Zaccaria im Sommer letzten Jahres aufgrund von Differenzen mit dem Investor aus dem »Amarantis« zurückzog, eröffnete nun eine Dependance des italienischen »Pes.co« in dem Ecklokal in der Wiener Babenbergerstraße. Eine »Social Attitude« verspricht das Konzept und bedient damit ein gängiges Klischee: Italiener, die gerne und eigentlich ausschließlich in Gruppen essen und so gut wie immer Gerichte in großen Portionen miteinander teilen.

Von oben: Pilzsuppe, Vorspeise mit gegrilltem Käse, Schinken und Bruschetta, Vitello Tonnato, Pasta mit Meeresfrüchten / © Falstaff, TopitschnigTeilen oder nicht teilen ...
So finden sich auf der umfangreichen Karte Vorspeisen, Hauptgerichte, Pasta und Pizza sowie Desserts in »Social«-Varianten. Glücklicherweise wird man aber nicht zum Teilen gezwungen und darf auch Einzelportionen bestellen: etwa eine gute, weil nicht bis zur Unkenntlichkeit pürierte Zuppa di Funghi (€ 5,50 als Einzelportion/ € 10,– für zwei Personen zum Teilen) oder ein Vitello Tonnato (€ 15,50/€ 30,–), das zwar portionsmäßig groß ausfiel und schön angerichtet war, aber leider mit etwas trockenem Kalbfleisch und einer mittelmäßigen und zu dicken Thunfischsauce nicht begeistern konnte. Vom Tagliere Rustico (€ 12,50 / € 24,–) – gegrillter Käse aus dem Piemont, Tiroler (sic!) Schinken, gegrilltes Gemüse und Bruschetta – hätten wir uns mehr erwartet. Eine solide Performance wird bei den Cavatelli con Crostacei (€ 14,–/€ 27,–), einer Pasta aus Maisgries mit verschiedenen Meeresfrüchten in Tomatensauce, abgeliefert. Während sich das Qualitätsniveau generell schwertut, mit dem Preisniveau mitzuhalten, wurde es bei den Desserts klar abgehängt. Das Tiramisú kostet stolze 6,50 Euro, neun Euro für das Ricotta-Mousse sind nicht mehr nachvollziehbar. Freundlicher kalkuliert ist die Weinkarte, die Bouteillen bereits ab 18 Euro bereithält, allerdings wenig aufregend gestaltet ist.

Fazit
Die Karte hält zwar viele Kreationen abseits des Italo-Einheitsbreis parat, Umsetzung bzw. Preis-Leistung lassen dann aber doch noch viel Luft nach oben. Darüber täuscht auch ein überaus zuvorkommendes, freundliches Service nicht hinweg. Und ob das »Social«-Konzept auch abseits des mediterranen Lebensraumes aufgeht, ist fraglich. Schließlich kocht der Österreicher im Allgemeinen und der Wiener im Speziellen gern sein eigenes Süppchen und löffelt es dann auch alleine aus.

Sehr hell: der Bar- und Raucherbereich / © Falstaff, Münch
Sehr hell: der Bar- und Raucherbereich / © Falstaff, Münch

Pes.co
Babenbergerstraße 5, 1010 Wien
Öffnungszeiten: Mo–Sa 10–1 Uhr, So 10–23 Uhr
www.pes.co.it

(Marion Topitschnig)

Marion Topitschnig
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