Aufgetischt: Internationale Küche im »joma«

Die Figlmüllers sind mehr als nur Schnitzelwirte. Noch heuer folgt ein weiteres Projekt in der alten »Buddha Bar«.

Die Schnitzel-Jünger Thomas und Hans Figlmüller wachsen aus der zu eng gewordenen Panier heraus und sind auf dem besten Weg, eine ähnlich einflussreiche Gastro-Familie zu werden wie die Plachuttas. DER »Figlmüller« in der Wollzeile ist eine Schnitzel-Institution, die vermutlich in jedem Wien-Reiseführer Niederschlag gefunden hat. Die auto-postulierte »Heimat des Schnitzels« ist ebenso erfolgreich wie der Ableger in der nahe gelegenen Bäckerstraße. Die Schnitzerln kommen ob ihrer populären Ausmaße gut an und das Geschäft floriert, auch wenn es gar keine Wiener Schnitzel sind, denn die müssen ja bekanntermaßen aus Kalbs- und nicht aus Schweinefleisch gemacht werden. Dazu gesellten sich ein progressives Lokal namens »figls«, das mehr als ein gelungenes Bierlokal ist, und ein Coffeeshop am Wiener Flughafen.

Unlängst eröffneten die Figlmüller-Brüder ein neues Restaurant in bester Lage am Hohen Markt und alle Restaurantkritiker kamen aus dem Staunen gar nicht heraus, dass es dort keine Schnitzerln gibt. Das »joma« ist ein modernes Restaurant, von erfahrenen Gastronomen bis ins letzte Detail durchdacht. Auch wenn die Betreiber selbst noch nicht ganz zufrieden sind, es funktioniert jetzt schon prächtig. Die Innenarchitektur ist gleichermaßen geschmackvoll, modern und zweckmäßig, nur noch kleine Fein-Tunings werden stattfinden. Das Service ist mehr von studentischem Charme als von Professionalität geprägt und kann nicht ganz mit der anständigen Performance der Küche mithalten. Aber das »joma« soll auch kein internationales Aushängeschild für Austro-Küche sein, sondern ein zeitgemäßes Restaurantkonzept, das vom Frühstücksei bis zum Absacker-Cocktail funktionieren soll. Und an der Besucherfrequenz gemessen funktioniert es offenbar blendend, eine Reservierung ist dringend anzuraten.

Die Hokkaido-Kürbissuppe mit Karotte, Ingwer und Kokosmilch um 4,90 Euro war sehr gelungen und war erfreulicherweise dezent und stimmig gewürzt. Der gegrillte Oktopus auf Belugalinsen (10,50 Euro) war geschmacklich hervorragend. Das Entrecôte »Café de Paris« (dry aged Beiried) war perfekt nach Wunsch gebraten, geschmacklich ordentlich, aber sehr trocken. Was jedoch eher an der Fleischqualität lag, als an den Kochkünsten. Dafür für 19 Euro wirklich wohlfeil. Die gegrillte Goldbrasse (18,50 Euro) mit Zitronen-Kapern-Butter und Fenchel war geschmacklich einwandfrei, das Fleisch war wunderbar zart und saftig. Die Weinkarte ist erfreulich vielschichtig und kommt ohne die üblichen Blockbuster aus, Weißweine kommen ausschließlich aus Österreich, Rotweine zum größten Teil. Die Preise sind für ein Innenstadtlokal sehr gästefreundlich kalkuliert. Das Glas Champagner (Moët) um 6,90 Euro ist eine echte Okkasion!

joma bar

Im Moment gilt zwar das Hauptaugenmerk dem jungen »joma« am Hohen Markt, aber das nächste Projekt steht schon ante portas. Am Lugeck steht seit dem Scheitern der »Buddha Bar« eine der schönsten Immobilien der Stadt leer, aber das soll sich bald ändern: Denn wie Thomas Figlmüller dem Falstaff bestätigte, will die Gastronomen-Familie zu ebener Erde ein neues Restaurant eröffnen. Das Konzept ist noch nicht feingeschliffen, aber es soll ein Wiener Gasthaus werden, das sich nicht nur durch Schnitzelklopfen definieren soll. Im Sousterrain soll die neue Lust aufs Land und Liebe zum Dirndl mit fröhlicher Volksmusik und Clubstatus gefeiert werden – die »Bettelalm 2« soll dort einziehen.

www.joma-wien.at

von Bernhard Degen

Bernhard Degen
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