Aufgetischt: »Dstrikt Steakhouse« im Wiener Ritz Carlton

Ein motiviertes Team serviert dry aged Steaks aus Salzburg sehr souverän.

»Das sind meine zwei Babys«, sagt Restaurantleiter Tristan Mißner (Foto unten) bei der Präsentation einer möglichen Weinbegleitung. »Eines ist zwei Jahre alt, das andere vier«. Es handelt sich dabei um den Grünen Veltliner Kögl 2012 von Rainer Wess und die Cuvée Eichkogel 2010 von Andi Kollwentz. Beide kommen aus Doppelmagnums, die stets im offenen Ausschank sind. Dafür gibt es schon mal ein dickes Plus von uns, denn Großflaschen machen nicht nur optisch was her, sie sind auch für den Reifeprozess besser geeignet als Bouteillen.

Josper und dry aged
Wir sind im Restaurant im Wiener Ritz Carlton, das nach der Abkehr von Wini Bruggers Gasthauskonzept neu positioniert wurde. Als »Dstrikt Steakhouse« mag es den Gast nicht wirklich überraschen, will es vermutlich aber auch gar nicht. Sowohl Hotelgäste als auch Wiener Kundschaft wissen was sie erwartet: Gutes heimisches Fleisch, am Josper Holzkohlen-Grill nach der letzten gastronomischen Weisheit zubereitet. Das Rindfleisch wird mindestens 28 Tage bei drei Grad gelagert und darf sich somit ganz zeitgemäß »dry aged« nennen.

Tristan Mißner / Foto beigestelltGroße Auswahl an Fleisch, Saucen und Beilagen
Der Auftakt ist mit gebackenen »Duroc« Rilletes (14 Euro) mit geschmackvollem Ripperl-Fleisch, Knochenmarkkruste und knackigem Kraut mit frischer Zitrus-Marinade äußerst vielversprechend. Das erfreulich hohe Niveau kann beim Hauptgang souverän gehalten werden. Vorweg werden den Gästen besonders schöne Fleischstücke als »Tagesspecial« präsentiert, man kann sich sein Stück also höchstpersönlich auswählen. Aber auch á la Carte werden die verschiedenen Teile anschaulich beschrieben. Ergänzt durch freundliche Erklärung des Service-Teams weiß man, worauf man sich einlässt. Das Angebot reicht von Filet mit 180 Gramm (28 Euro), über ein geschmackvolles Flanksteak mit 300 Gramm (36 Euro) bis zu mächtigen Stücken wie Rostbraten am Knochen mit 600 Gramm (58 Euro). Dazu kann der Gast aus acht verschiedenen Saucen und elf verschiedenen Beilagen wählen.

Zwölf verschiedene Steak-Messer zu Wahl
Eine lustige Idee ist, dass Gäste zwischen zwölf verschiedenen Steakmessern wählen dürfen. Jedes einzelne Steakmesser erzählt dabei seine eigene Geschichte und besticht durch beste Qualität und Design. Das handgemachte »Forge de Laguiole«-Messer fehlt ebenso wenig wie echte Damast-Messer aus Japan oder Güde-Messer aus Deutschland. Der zelebrierte Messer-Kult passt sehr gut zur Fleischeslust und setzt im Verleich zu einem »normalen« Steakhouse noch eines oben drauf.

Steakmesse © Falstaff/Degen

Leicht bitterer Nachgeschmack
Die Steaks wurden perfekt am gewünschten Garpunkt serviert und zeigten schönen Eigengeschmack, der von den rauchigen Grillnoten hervorragend ergänzt wurden. Tolle Saucen wie Portwein oder Grüner Pfeffer rundeten das Geschmackserlebnis ab. Einzig die handgeschnittenen Pommes wurden durch verzichtbaren Einsatz von Trüffelöl beeinträchtigt. Nach der souveränen Performance bis dahin waren die Desserts etwas ernüchternd. Der Schokoladenkuchen mit flüssigem Kern (9 Euro) war geschmacklich gut, aber etwas schmucklos angerichtet. Die Punschkrapfen-Interpretation (9 Euro) ist leider nicht besonders gelungen: Die rosa Glasur ist gummiartig und die Füllung schmeckt künstlich. Wir hätten vielleicht doch auf Herrn Mißner hören sollen, der den gebackenen Cheese Cake wärmstens empfohlen hat.

Gute Entwicklung
Das »Dstrikt« befindet sich auf einem sehr guten Weg. Nachdem die Steakküche tadellos funktioniert, wird man vielleicht künftig auch der Patisserie mehr Aufmerksamkeit widmen können. Die Weinauswahl ist schon sehr liebevoll zusammengestellt, aber leider einem internationalen Luxushotel entsprechend kalkuliert. Der talentierte Maître verweist auf »work in progress« und betont, dass er noch auf der Suche nach weiteren guten Winzern ist. Bei der an den Tag gelegten Leidenschaft sind wir zuversichtlich, dass sich das »Dstrikt Steakhouse« in Wien gut etablieren wird. Perfekte Rahmenbedingungen sind vorhanden, es müssen nur noch ein paar kleine Schräubchen gedreht werden.

www.ritzcarlton.com
 
(von Bernhard Degen) 

Bernhard Degen
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