Aufgetischt: Das Waldviertel im Schrammelbeisl

Alleine wegen dem Schweinsbraten lohnt sich eine Reise nach Hernals.

Wieso gibt es waldviertler Küche in einem klassischen Wiener Beisl? Was auf den ersten Blick etwas patchworkmäßig wirkt, wird bei näherem Hinsehen durchaus schlüssig: Denn die legendäre Familie Schrammel, die ein eigenes Genre der Wiener Musik eröffnet hat, lebte zwar in Hernals, stammte aber eigentlich aus Litschau im nördlichsten Waldviertel. Genauso wie Christoph Stepan, der vor Kurzem das »Schrammelbeisl« aus seinem Dornröschenschlaf geholt hat. Bei meinem Besuch erkannte ich den Patron in Lederhosen erst auf dem zweiten Blick wieder, denn als Gastgeber des mittlerweile verflossenen Szeneitalieners »Novis« auf der Praterstraße hatten italienische Designeranzüge besser zum Ambiente gepasst.

Auch die Einrichtung erinnert noch ein wenig an das »Novis« wurde aber mit einigen Waldviertler Dekor-Elementen wie Hirschgeweih & Co bemüht auf rustikale Moderne gepimpt. Doch lassen wir die italophile Vergangenheit hinter uns und wenden uns der gutbürgerlichen Gegenwart zu: Die Küche von Patrick Pavlon (ehemals »Neni am Naschmarkt«) ist viel waldviertlerischer als die Innenarchitektur und die Zusammenstellung der Speisekarte ist wirklich gelungen. Es gibt Litschauer Blunzn (6,20 Euro) eine Waldviertler Erdäpfelsuppe (4 Euro), Grammelknödel mit Sauerkraut (8 Euro), Saumaisen mit Erdäpfelknödel und Sauerkraut (9,50 Euro), Schremser Krautfleckerl (6,80 Euro) und vieles mehr. Der in Mohnpanade gebackene Waldviertler Biokarpfen (16,50 Euro) war geschmacklich großartig und schön bissfest. Die Fische kommen aus der Teichwirtschaft von Graf Kinsky.

Schrammelbeisl © Werk

Viele Restaurants werden primär mit einem bestimmten Gericht in Zusammenhang gebracht: Zum »Plachutta« geht man wegen dem Tafelspitz, zum »Figlmüller« wegen dem Schnitzel. Ins »Schrammelbeisl« sollte man aber wegen dem Schweinsbraten gehen! Der Schopfbraten darf stundenlang bei niedriger Temparatur schmoren und wird dadurch butterweich und bleibt saftig. Dazu gibts traditionelle Erdäpfelknödel, Krautsalat und knusprige Grammeln als i-Tüpfelchen (9,50 Euro). Der Schweinsbraten kommt wie der Tafelspitz, das Gulaschfleisch und die Bio-Beiriedschnitte vom Waldviertler Fleischhauer Geitzenauer, der noch selbst schlachtet. Geitzenauer ist in der Wiener Gastronomie kein unbekannter, denn auch Christian Domschitz (»Vestibül«) schwört auf die Litschauer Fleischqualität. Der Geitzenauer Leberkäse ist legendär und steht mit seiner Entourage Senf und Kren als Vorspeise auf der Speisekarte in Hernals. Stepan fährt jede Woche persönlich zum Geitzenauer, um seine Fleischvorräte aufzufüllen.

Zum Dessert gibt es neben dem unvermeidlichen Blockbuster Schokokuchen mit flüssigem Kern (6,50 Euro) auch wieder Klassiker wie Mohnnudeln (6,50 Euro) oder böhmische Palatschinken mit Powidl, Mohn und Sauerrahm (6 Euro). Als waldviertler Wirtshaus liegt der Getränke-Schwerpunkt naturgemäß auf Bier (Schremser und Zwettler). Die Weinkarte ist überschaubar und darf noch wachsen.

Im Moment stehen die Gansln im kulinarischen Mittelpunkt, aber ich werde beim nächsten Besuch sicherlich wieder einen Schweinsbraten bestellen!

Schrammelbeisl © Werk

»Stepans Schrammelbeisl«
Kalvarienberggasse 51,
1170 Wien
T: +43/(0)1/402 58 00
www.schrammelbeisl.at
Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag, 16 bis 24 Uhr

von Bernhard Degen

Bernhard Degen
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