Aufgetischt: »Clementine« im Palais Coburg

Der ehemalige Basteigarten präsentiert sich in neuem Glanz und mit moderner Speisekarte.

Nur einen Monat dauerte der Umbau des ehemaligen Basteigarten Restaurants im Wiener Palais Coburg, das ohne Zweifel zu den nobelsten Herbergen der Stadt zählt.  Die alte Bar wich neuen Tischen, das dominante Orange wurde durch Erdtöne mit grünen Farbtupfern ersetzt. Aufwendige Tischwäsche und  -deko - Fehlanzeige. Besteck wird beispielsweise nicht mehr eingedeckt, sondern im Holzkistchen an den Tisch gebracht. Hier hat man sich bewusst zu einem Downgrading entschieden, jünger und moderner sollte es wohl sein. Aber immerhin mit historischem Hintergrund. Dieser ist im Namen des neuen Restaurants versteckt: »Clementine im Glashaus«, in Anlehnung an die erste Bewohnerin des prunkvollen Baus, Prinzessin Clementine d’Orléans. Klingt etwas verstaubt, wird aber durchaus mit Witz transportiert: »Es ist verdammt hart, eine Prinzessin zu sein, aber einer muss es ja machen. Und wenigstens ist das Essen gut«, ist beispielsweise auf der Homepage des Restaurants zu lesen.

Junges Küchentalent
In der Küche steht mit dem Kärntner Martin Nuart ein zwar junges, aber dennoch erfahrenes Talent, der das Haus unter der Regie von Spitzenkoch Silvio Nickol kennenlernte. Getreu seinem Motto »Im Mund tut sich was« hat er für die »Clementine« eine kleine, aber dennoch raffinierte Karte zusammengestellt. Vorneweg gibt's warmes Brot vom In-Bäcker Joseph mit schaumiger Salzbutter, die an Cremigkeit kaum zu überbieten ist. Dann genießen wir ein perfekt pochiertes Landei auf Spinat und Kartoffeln mit Pinienkernen und einem etwas zu salzigen Schaum vom weißen Pfeffer (€ 10,–). Der Karfiol mit Madeira und Sauernrahm (€ 10,–) war etwas zu gar, erhielt aber durch süße Rosinen eine spannende Dimension. Der Backfisch vom Zander mit Kartoffelpüree wirkt optisch unspektakulär, ist aber perfekt gegart und überrascht mit feiner Zitronengrasaromatik und einem fruchtig marinierten Fenchel (€ 16,–). Der knusprige Schweinebauch wird von einem etwas faden Erbsenpüree, eingelegtem Rettich und Curry sowie Kren begleitet, von dem wir uns etwas mehr gewünscht hätten (€ 22,–). Zum süßen Finale erfreuen wir uns an einer geeisten Milchcreme mit Karamell und Butterkekseis, das leider als Creme am Teller landete und Heidelbeeren (€ 9,–).

Über die Weinkarte wollen wir hier nicht viele Worte verlieren, der Ruf eilt ihr voraus. Wer also über die Leidenschaft und das nötige Kleingeld (ein Glas Sauvignon Blanc 2012 vom Weingut Neumeister schlägt mit € 6,80 zu Buche) verfügt, kann im Palais Coburg mit dem ohne Zweifel am besten bestückten Weinkeller des Landes aus dem Vollen schöpfen.

Von morgens bis abends
Was aus dem Basteigarten-Grill und dem Champagner-Brunch – der aktuell in den Prunkräumen stattfindet – wird, steht noch nicht fest. Man habe eine Neuausrichtung vollzogen und müsse auch die bisherigen Angebote dementsprechend adaptieren, wird uns erklärt. Man plane etwa auch, ein zweigängiges Mittagsmenü anzubieten. Neugierig macht uns aber auf jeden Fall das Frühstück in der »Clementine«, dem Küchenchef Nuart mit Kärntner Spezialitäten wie Frigga oder Hadn (Buchweizen bzw. Buchweizengries, das wie Porridge oder Sterz zubereitet werden kann) seine persönliche Handschrift verleiht.

Die Clementinen fliegen tief
Dass wir an diesem Mittag die einzigen Gäste waren, verwunderte uns dann doch. Abends – da wird übrigens die gleiche kleine Karte wie mittags geboten – sei immerhin fast alles ausreserviert, versichert uns der aufmerksame wie freundliche Service-Mann. Für Unterhaltung ist aber dennoch gesorgt. Um dem Namen gerecht zu werden, ist das Portrait der Namensgeberin von großen Clementinen-Bäumen flankiert, denen es unlängst mal zu kalt gewesen sein dürfte. »Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steienen werfen« – sagt ein altes Sprichwort. Keine geworfenen Steine, aber immerhin gefallene Clementinen, sorgten so für Erheiterung. Und darüber hätte sich dann wohl auch die Prinzessin amüsiert.    

»Clementine im Glashaus«
Palais Coburg Residenz, Coburgbastei 4, 14010 Wien
T: +43/(0)1/518 18 - 130
Öffnungszeiten: täglich 7-22.30 Uhr
www.palais-coburg.com


(von Marion Topitschnig)

Marion Topitschnig
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