Pierre Nierhaus, weltweitreisender Trend- und Change-­Experte.

Pierre Nierhaus, weltweitreisender Trend- und Change-­Experte.
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Angekommen in der neuen Realität?

Pierre Nierhaus spricht über die aktuelle Situation im Tourismus und ­gewährt einen Ausblick in die Zukunft.

PROFI: Wir waren mit einem noch nie dagewesenen Stillstand ­konfrontiert. Wie wird es in der Gastronomie und Hotellerie wieder losgehen?
Pierre Nierhaus: Wir müssen uns über drei Phasen, die wir durchleben, bewusst sein:

  1. Sofortmaßnahmen: Was kann ich machen, damit ich meinen Betrieb eröffnen / fortführen kann. Wie kann ich mich abheben und beim Gast punkten? Ich glaube beispielsweise, dass die Cloche wieder aufkommen wird, da sich die Gäste dann besser fühlen. Allen Nachhaltigkeitsgedanken zum Trotz werden einzeln verpackte Produkte, z. B. beim Frühstück, gewünscht werden.
  2. Wie kann ich das nächste Jahr überleben?
  3. Wie wird sich der Markt entwickeln? Denn wir müssen unsere Scheuklappen öffnen. Welche Geschäftsfelder habe ich, die ich weiter beackern kann? 

Sind wir bereits in einer neuen ­Realität angekommen?
Gerade jüngere Gastronomen oder Quereinsteiger haben neue Geschäftsfelder entdeckt; Lieferservice zum Beispiel mit »Kochboxen«, Online-Kochkurse, und vieles mehr. Die digitale Kommunikation mit dem Gast wird noch wichtiger.

In Ihrem Buch schreiben Sie, dass Erfolg ­Besessenheit bedarf. Trifft dies in der Krise auch noch zu?
Für jedes Projekt muss man besessen sein. Die rein finanzielle Komponente darf nicht
der Antrieb sein. In unserer Branche kann man echt Spaß haben, das ist ein entscheidender Faktor. Mehr denn je sind Individualität und Gastgeber gefragt, der Gegenpol zur Industrialisierung, allerdings wird das jetzt noch dauern. Das »Normale« ist im Moment außergewöhnlich. Diejenigen, die besessen sind, werden bleiben. Man muss von seiner Sache zu 100 Prozent überzeugt sein.

Zum derzeitigen Zeitpunkt wissen wir noch nicht, wann die Grenzen – beispielsweise Deutschland und Österreich – geöffnet werden. Welche Auswirkungen sehen Sie für den Tourismus?
Österreich kann seine Auslastung im Sommer nicht nur mit Österreichern decken. Wir ­werden Probleme haben, wenn die Grenzen nicht geöffnet werden.

Wer wird punkten? Und ist der Gast jetzt wichtiger denn je?
Ich sehe es so, dass alle Gäste sind. Wir dürfen nicht vergessen, uns um unsere Mitarbeiter zu kümmern, denn diese geben unsere Gastgeber-Botschaft an den Gast weiter. Der Service-Mitarbeiter ist der Gast der Küche beispielsweise. Wir müssen uns gegenseitig Wertschätzung entgegenbringen. Aber: Gerade in digitalen Zeiten brauchen Gäste analoge Erlebnisse. Und gute Gastgeber – gerade das ist die Chance für die Individual Gastronomie- und Hotellerie!

nierhaus.com

Alexandra Gorsche
Alexandra Gorsche
Herausgeberin Profi
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