Affinieren - Magie der Käsekunst

Käseaffineure genießen hohes Ansehen. Die Veredelung erstklassiger Grundprodukte liegt im Trend der Zeit. Zur Weinlese haben vor allem Weinkäse, mit Weingeläger affinierte Weichkäse, wieder Saison.

In seiner ursprünglichsten Form bedeutet »Affinieren« das Pflegen und Veredeln von Käse. Unter den magischen Händen der Affineure erreicht Käse seinen perfekten Genusshöhepunkt. Für diese große Kunst sind weitreichende Produktkenntnisse und natürlich viel Erfahrung um das Wesen von Käse nötig. Davon sollte man sich aber keinesfalls abschrecken lassen. Vielmehr bietet es sich an, das Grundprinzip des Affinierens auch zu Hause anzuwenden: Man nimmt den Käse aus der Kühlung und lässt ihn einen halben bis ganzen Tag bei Zimmertemperatur reifen. Danach kommt er wieder in den Kühlschrank. Um rascher seine ideale Reife zu erlangen, braucht Käse also einen Mix aus kalt und warm. Gerade wenn der gewünschte Reifegrad nicht zeitlich vorgegeben ist, kann nichts schiefgehen. Einzig gilt es, den Käse in seiner Entwicklung zu beobachten. Ein zarter Fingerdruck auf dessen Randbereich lässt seine Veränderung einfach erkennen. Im Laufe der Zeit veränderte sich das Berufsbild der Affineure: Sie wurden auch zu Produkt-Kreateuren.

Um Käse mit einer speziellen Geschmackskomponente zu bereichern, bedient man sich verschiedener Beigaben. Rotkulturkäse wird bevorzugt mit Birnenbrand (Roter Mönch) oder Tresterbrand (Epoisses) beträufelt. Bei Edelschimmelkäse kommt zur Verfeinerung Süßwein zum Einsatz, wobei am Beispiel »Kracher« der Wein direkt dem Käseteig zugefügt wird. Unterdessen schlüpfen immer mehr Käser in die Rolle der Affineure. Von internationalen Beispielen inspiriert, sorgen auf der Rinde und im Teig der Käsespezialitäten immer häufiger Kräuter, Gewürze, Früchte und vieles mehr für optische und geschmackliche Reize. Bekanntermaßen ist der optische Anreiz der erste Schritt zu jeder Kaufentscheidung.

Vom Hauerkäse zum Weinkäse
Gerade zur Lesezeit stehen Weinkäse in der Beliebtheitsskala ganz oben. Auch hierbei sind die vielen Möglichkeiten des Affinierens faszinierend. In Österreich gibt es einige sehr beliebte Weinkäse. Vorreiter bei dieser Variante ist sicher die Marke Schärdinger. Bereits vor 20 Jahren begannen die Experten mit der Entwicklung dieses Produkts. Ein cremiger Weichkäse, verfeinert mit dem Aroma von Zweigelt, war das Ziel. In seinen Anfängen noch »Hauerkäse« genannt, brauchte es einige Zeit, um Käse und Zweigeltgeläger nicht nur geschmacklich abzustimmen, sondern auch die Haltbarkeit zu optimieren. Gemeinsam mit Winzern wurde experimentiert. Als man das Geläger pasteurisierte und mit Salzwasser vermengte, gelang schließlich der Durchbruch. Heute stellt Schärdinger den Weinkäse in zwei Größen her. Allgemein erhältlich im Lebensmittelhandel ist ein Laib von 1,2 Kilogramm. Im exquisiten Affineur-Paket, das mehrheitlich in C&C-Märkten erhältlich ist, befindet sich ein kleiner Laib von 250 Gramm. Dieser wird in der Käserei etwas länger gereift, ist also früher auf seinem Genusshöhepunkt und damit etwas kürzer zu lagern.

Ganz in »Bio« aus der Weststeiermark
Ebenfalls einen berühmten Weinkäse erzeugt Familie Deutschmann in der Weststeiermark. Die Deutschmanns sind auf Rohmilchkäse aus Bio-Kuhmilch spezialisiert. Ihr Weinkäse, der den Namen »Fasslkäse« trägt, ist stark mit der Gründung der Käserei im Jahr 1991 verbunden. Gemeinsam mit dem Bio-Rohmilchcamembert gehört der »Fasslkäse« zu den ersten Produkten dieser Käserei. Franz Deutschmann erzählt, dass sein Weinkäse in zweierlei Hinsicht inte­ressant ist. Zum einen das Ausgangsprodukt selbst: ein halbfester Schnittkäse, dessen auffallend zylinderartige Form einem Fass nachempfunden ist. Zuerst wird seine Rinde mit Rotkultur gepflegt. Nach sechs bis acht Wochen ist ihr würziges Aroma in das Käseinnere übergegangen, und sie wird abgewaschen. Nun streicht der Käser das Zweigeltgeläger auf und wiederholt diesen Vorgang. Es entsteht die dunkle, bläulich-rote Farbe der Rinde, die bei längerer Lagerung einen zarten, weißen Milchschimmel aufweisen kann. Dieser irritiert manche Konsumenten, weiß Franz Deutschmann und hat daher das Etikett mit Erklärung und Hinweis auf dessen Genussfähigkeit versehen. Der zweite kreative Zugang ist die stilvolle Verpackung, auf die Deutschmann großes ­Augenmerk legt. Denn sie symbolisiert den Wert des Käses. In diesem Fall wird analog zum Naturprodukt helle Jute verwendet und als Verschluss ein Zopf aus Bastbändern.

Exportschlager aus Vorarlberg
Ganz dem Gebiet verpflichtet, werden von der Vorarlberg-Milch die vornehmlich Hart- und Schnittkäsespezialitäten mit Naturrinde gepflegt. Das bedeutet das regelmäßige Bürsten der Rinde – ganz klassisch – mit Salzwasser. Vor etwa zehn Jahren hat ein neues Produkt Einzug gehalten, das die Herzen der Konsumenten im Sturm eroberte: der »Ländle Wein­käse«. Mit einer genauen Vorstellung von Geschmack und Aussehen begann ein Team der Vorarlberg-Milch, darunter auch Vertriebsleiter Luzius Gassner, mit der Entwicklung. Als Basis wurde ein ausgesprochen zart schmelzender Schnittkäse aus pasteurisierter Kuhalpenmilch kreiert, der über vier Monate auf Fichtenholzbrettern im Naturkeller reift. So weit, so gut. Das Affinieren eines Käses mit Wein stellte jedoch eine zunächst unterschätzte Herausfor­derung dar. Farbe und Geschmack von Wein nachhaltig mit dem Käse zu verschmelzen ­bedurfte mehrerer Versuche und der Beratung eines Winzers. Statt Wein kommt nun farbintensives Blaufränkischgeläger zum Einsatz, das dem Käse ein zartes Aroma verleiht und der Rinde seine dunkle Farbe gibt. »Das war ein absoluter Volltreffer«, schwärmt Gassner, in Erinnerungen schwelgend. »Unser ›Ländle Weinkäse‹ wurde zum Verkaufsschlager.«

KONTAKTADRESSEN:

Schärdinger Berglandmilch
Schubertstraße 30
4600 Wels
T: +43/(0)7242/469 96-0
www.schaerdinger.at 

Hofkäserei Deutschmann
Oberberglastraße 10
8523 Frauental
T: +43/(0)3462/40 57-11
www.hofkaeserei-deutschmann.at

Vorarlberg Milch
Nofler Straße 62
6800 Feldkirch
T: +43/(0)5522/721 30-0
www.vmilch.at

Auf www.kaesewelten.at finden Sie Infos zu allen in Österreich hergestellten Käsen und ihren geschmacklichen Charakteristiken.

(von Herbert Gundacker)

aus: Falstaff Nr. 6/2010