Ab sofort: Falstaff-Punkte für Biere!

Mit einem 100-Punkte-System kann man zeigen, wie gut ein Bier ist – was bei der Vielfalt der Stile besonders wichtig ist.

Was ist denn nun das bes­te Bier? Keine Frage bekommt ein Bierfachmann öfter gestellt – und fast immer steht die Erwartung des Fragestellers dahinter, dass die eigene Lieblingsmarke doch bitte, bitte Bestätigung erfahren möge. Biertrinker sind loyale Konsumenten, viele trinken jahrein, jahraus nur Biere von ein, zwei, allenfalls drei Marken. Dabei mag es sich bei einem Hamburger um ein herbes norddeutsches Pils handeln, bei einem Wiener um ein vollmundiges österreichisches Märzen, bei einem Kölner um ein mildes Kölsch, bei einem Dubliner um ein kaffeeiges Stout, bei einem Münchner um ein spritziges Weizen – also um Biere, die so verschieden sind, dass sie der jeweils andere nur mit größter Skepsis kosten und zumindest bei den ersten Schlucken kaum genießen könnte. Und jeder wäre überzeugt, dass nur »sein« Bier auch »richtiges« Bier ist. Kann man denn ein Weizen mit einem Stout vergleichen, ein Pils mit einem Bockbier, ein Märzen mit einem sauren belgischen Ale? Nicht direkt. Aber man kann ermessen, inwieweit die einzelnen Biere dem Ideal des jeweiligen Stils entsprechen.
 
Vergleichbarkeit durch Punkte
Wer etwa ein Pils deutscher Art bestellt, erwartet sich zu Recht ein helles untergäriges Bitterbier mit ausgeprägter Hopfenblume und stabilem Schaum mit guter Anhaftung. Wer ein India Pale Ale bestellt, darf noch mehr Hopfenbittere und Hopfenaroma erwarten – wer aber ein Weizenbier vorzieht, will in der Regel wenig Bittere, dafür aber fruchtige und gewürzhafte Aromen. Da ist bei der Farbe viel Spielraum drin – anders als bei einem Stout, das ziemlich schwarz sein sollte. Böhmisches Pilsner darf (und sollte sogar) ein wenig nach ranziger Butter riechen – in einem bayerischen Hellen oder einem österreichischen Märzen wäre das verpönt – und so weiter und so fort. An die 100 Bierstile sind als Grundlage für den World Beer Cup genau beschrieben. Und wenn man jedes Bier seinem definierten Stil entsprechend bewertet, kann man durchaus feststellen, ob es den Erwartungen entspricht. Erfahrene Prüfer können Punkte vergeben: Ist die Trübung, die nach heutiger Auffassung einem Zwickelbier definitionsgemäß zu eigen ist, gleichmäßig, wirkt sie appetitlich? Wie sind Farbe und Schaum, haftet der Schaum (man nennt das »Cling«), und hält er, oder bricht er rasch zusammen?

Nach demselben Muster gibt es Punkte für das stilgerechte Aroma, für den Geschmack im Antrunk, für die wahrgenommene Bittere und das Mundgefühl. Abschließend bewertet der geübte Verkoster nach demselben Kriterium, das er als Konsument anlegen würde: Würde er dieses Bier als typischen Vertreter seines Stils kaufen und trinken wollen?

BEWERTUNGSKRITERIEN
Bewertet wird nach einem 100-Punkte-­Schema, jeweils unter Berücksichtigung der Stilbeschreibung, die für den World Beer Cup verwendet wird.

Aussehen (0–12 Punkte): Schaum (Farbe, Stabilität, Cling, Beschaffenheit), Farbe und Klarheit des Bieres. Hier wird jeweils die Stilbeschreibung berücksichtigt. Kölsch hat typischerweise weniger Schaumstabilität als Pils.

Aroma (0–20 Punkte): ebenfalls entsprechend dem Stil Gerüche und Fehlgerüche von Malz, Hopfen, Hefe, Gärungsprodukten – fruchtig, esterig, blumig etc.

Geschmack (0–30 Punkte): Antrunk, Balance von Süße, Säure, Bittere.   

Bittere entsprechend dem Stil (0–9 Punkte): Intensität, Qualität (kratzig, weich, metallisch, röstartig, anhängend).

Mundgefühl (0–9 Punkte): ­Rezenz, Körper, Wärme (alkoholischer Eindruck), Cremigkeit, Adstringenz etc.

Gesamteindruck (0–20 Punkte): Hier kommen die Einschätzungen von Drink­ability sowie Stilgerechtigkeit und ­Interpretation des Stils durch den Braumeister zum Tragen.

Glänzende Entwicklung für trübes Bier – Conrad Seidl bewertet Zwickl Biere

Aus Falstaff Nr. 02/2013