© Momentkonserve Bernd Langer

1921er Pettenthal Auktion: 60 Euro für jedes Jahr der Reife

Am vergangenen Samstag wurde im Bremer Ratskeller ein 100 Jahre alter edelsüßer Wein versteigert. Der Erlös kann sich sehen lassen.

Nach ziemlich genau einer Viertelstunde war das Ende der Bieterschlacht erreicht: Auktionator Otto Schätzel, der frühere Leiter der Domäne Oppenheim, hatte die Versteigerung einer einmaligen Flasche 1921er Niersteiner Pettenthal »Goldbeerenauslese« bei 500 Euro gestartet. Der Hammer fiel schließlich exakt beim Zehnfachen des Ausrufpreises. Macht inklusive Umsatzsteuer 5950 Euro brutto.

»Ich freue mich, wenn Sie zu uns kommen, wer auch immer sich hinter der Bieternummer 807 verbergen mag«, ließ Birgitt Rambalski, die Protokollchefin der Bremer Senatskanzlei, den zu diesen Zeitpunkt noch anonymen Bieter unmittelbar nach dem Zuschlag im Live-Stream wissen. Denn der Bremer Ratskeller hatte dem Käufer der Flasche eine Führung durch Rathaus und Ratskeller angeboten, sollte er (oder sie) die Flasche persönlich in Bremen abholen können.

1921er Niersteiner Pettenthal  «Goldbeerenauslese»
© Momentkonserve Bernd Langer
1921er Niersteiner Pettenthal  «Goldbeerenauslese»

Flasche bleibt in Bremen

Einen Tag später stellte sich heraus, dass der hartnäckigste und schlussendlich erfolgreiche Bieter einen kurzen Weg haben wird, um den Schatz in seinen Besitz zu übernehmen: Denn es handelt sich um den Bremer Wein- und Spirituosenhändler »Hanseatische Weinhandelsgesellschaft mbH & Co KG«.

Im Falstaff-Interview pointiert Stephan Ehmke, warum er das Portemonnaie weit aufgemacht hat für diese eine Flasche: »Das waren vor allem zwei Gründe. Der offensichtliche ergibt sich aus unserem Namen, wir sind langjährig in Bremen verwurzelt, seit 1974 handeln wir hier mit Wein und Single Malt Whisky, ich bin die dritte Generation. Da ist es selbstverständlich, das UNESCO Welterbe unserer Stadt zu würdigen.«

Wein- & Spirituosenhändler Stephan Ehmke mit Glenfarclas Chairman John L.S. Grant bei der Arbeit.
© Hanseatische Weinhandelsgesellschaft mbH & Co.
Wein- & Spirituosenhändler Stephan Ehmke mit Glenfarclas Chairman John L.S. Grant bei der Arbeit.

Der zweite Grund, so Ehmke weiter, ergebe sich aus dem Fakt, dass sie als unabhängiges Familienunternehmen gewohnt seien, in langen Zeiträumen zu denken:

»Diese hundertjährige Flasche ist ein Sinnbild dafür, wie wir unser Geschäft verstehen.«

Viel Respekt hätten er und die ganze Familie vor einer so alten Flasche, daher hätten sie jetzt noch keine konkreten Pläne, was mit der »Goldbeerenauslese« geschehen soll. »Zum Verkauf steht die Flasche jedenfalls nicht. Aber wir feiern 2024 das 50-jährige Firmenjubiläum. Wenn uns dann die Geschäftspartner aus aller Welt besuchen kommen, wäre vielleicht der richtige Moment, um die Flasche zu öffnen und sie dadurch ein Stück von Bremen kosten zu lassen.«

Zur Auktion kam bei der Versteigerung übrigens noch ein zweites Los: Ein Paket aus einer Flasche 1971er Schloss Eltz Rauenthaler Gehrn Beerenauslese und einer 2002er Erdener Treppchen Auslese aus der Eigenproduktion des Bremer Ratskellers brachte 2200,- € brutto. Der Erlös der Versteigerung wird in Erhaltungs- und Sanierungsarbeiten am Weltkulturerbe Bremer Rathaus fließen.

Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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