Trendvorschau mit Designer Marco Dessí
Bei Marco Dessí läuft’s gerade wie am Schnürchen. Sein dezenter, eleganter Gestaltungsstil stößt allerorts auf Gegenliebe. LIVING hat den Designer zu Hause besucht und mit ihm über Stimmungen, Trends, Wohnräume und Notizbücher gesprochen.
21 . Februar 2023 - By Manfred Gram
Wenn man als Designer seine eigenen Entwürfe und seine Arbeit mag, spricht wohl nichts dagegen, sich auch damit zu umgeben. So wie Marco Dessí. Vieles in der Wiener Wohnung des Südtiroler Designers hat er im Laufe seiner Karriere selbst entworfen. Seit Gründung seines eigenen Studios 2008 ist da einiges zusammengekommen. Das Sofa »Palais« für Wittmann etwa. Die Stapelstühle »520« für Thonet, clevere Wandregale für Richard Lampert oder Dessís neuer großer Wurf: der überdimensionierte Lounge Chair »D70«, den Tecta im Programm hat und der mit Augenzwinkern gerne auch »Mikrosofa« genannt wird. Was man merkt: Marco Dessí ist ein vielseitiger Gestalter, der die Auseinandersetzung mit Materialien und Design-prozessen liebt. Solides Handwerk, hohe Qualität, Nachhaltigkeit und clevere Lösungen spielen dabei die entscheidenden Rollen im Designkosmos des 46-Jährigen. Der Weg dorthin war aber alles andere als vorgezeichnet.
LIVING Herr Dessí, wenn man sich mit Ihrer Biografie beschäftigt, liest man, dass Sie ausgebildeter Zahntechniker sind. Darf man fragen, was Zahntechnik und Design gemeinsam haben?
MARCO DESSI In beiden Bereichen muss man sich intensiv mit Materialkunde beschäftigen und braucht ein gewisses Know-how, um zu wissen, wie man Materialien optimal bearbeitet. Zudem hat die Zahntechnik einen hohen Präzisionsanspruch. Den habe ich als Designer ebenso.
Haben Sie eigentlich einen Lieblingszahn?
Ich bin ein Fan der Backenzähne. Sie
übernehmen viele Aufgaben im Gebiss und erzählen unmissverständlich die ganze Kaugeschichte eines Kiefers.
Gibt es analog zu Backenzähnen auch Designentwürfe, die Ihre Geschichte, Ihren Werdegang erzählen?
Meine Designgeschichte ist »ongoing«. Aber was ich bestimmt sagen kann, ist, dass meine ersten Entwürfe für Lobmeyr sehr prägend waren und meine Affinität zu Handwerk und die damit verbundene Qualität erzählen.
Wie kamen Sie dann zum Design?
Über Architekturbüros, für die ich Modelle gebaut habe, und ermutigende Freunde, die mir nahegelegt haben, mich an der Universität für angewandte Kunst zu bewerben. Ich hab immer gerne gezeichnet, und Gegenstände übten schon sehr früh eine Anziehungskraft auf mich aus. Ich wurde gleich aufgenommen, und so habe ich mit dem Designstudium -begonnen. Relativ bald hab ich aber bemerkt, dass ich nicht wirklich ein Künstler, sondern ein Designer bin.
Nicht wenige Designer:innen sehen sich heute aber auch als Künstler:innen.
Es gibt nach wie vor Pragmatiker:innen, die ganz klar sagen, dass Design nicht Kunst und Kunst nicht Design ist. Aber man sieht schon, dass es sehr viele Überschneidungen zwischen diesen Bereichen gibt. Vor allem junge Krea-tive, die noch auf der Suche nach einer eigenen Formensprache und einem eigenen Stil sind, gehen oft unkonventionelle Wege und lassen durchaus künstlerische Einflüsse und radikale Ideen in ihrer Arbeit zu. Definieren lässt sich das eigentlich nur über den Kontext, und ich persönlich möchte mir die Kunst aus dem Entwurfsprozess nicht nehmen lassen.
Finden sich in Ihren Skizzenbüchern auch noch frühe radikale Ideen, die Sie bei gegebener Zeit rauslassen werden?
Ideen wachsen über Skizzenbücher und andere Werkzeuge heran, oft braucht es Jahre, bis sie zu einem serientauglichen Produkt fertig -entwickelt sind. Das Warten auf den richtigen Partner aus der Industrie, der in die Vision investieren will, erfordert viel Geduld und die nötige Leidenschaft.