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Traditionell erfolgreich – Österreichisches Design

Zwischen Tradition und Moderne. Zwischen Familien und unter­nehmerischer Verantwortung. LIVING hat bei fünf renommierten heimischen Interieur-Unternehmen nachgefragt, was gutes Design ausmacht, und auch sonst einiges über die enge Verbindung von Teamarbeit, Qualität und Ästhetik erfahren.

24.10.2022 - By Manfred Gram

Was zeichnet österreichisches Design aus und gibt es so etwas überhaupt? Große Fragen sind nicht nur schwierig zu beantworten, sie klingen leider mitunter auch ein wenig banal. Im Vorfeld sollte man sich daher ein paar Gedanken machen, wem man derartige Fragen auftischen will. Heimische Traditionsunternehmen und Familienbetriebe sind dafür sicher ein guter Ansprechpartner, wie sie die Sache mit dem Austro-Design so sehen. ­Immerhin sind diese ja seit mehreren Jahrzehnten fest in der Design- und Möbelbranche verankert, kennen gute und schlechte Zeiten, Trends und Gegentrends und können das alles auch international gut einordnen.

Tradition verpflichtet

»Österreichisches Design wird national wie international unterschätzt«, ist sich Alexander Sova sicher, Geschäftsführer beim heimischen Möbelhersteller Wittmann. Seit 1896 gibt es das Unternehmen. Mittlerweile ist es seit fünf Generationen in Familienbesitz. »Design und Handwerk sind die Eckpfeiler unseres Unternehmens. Unsere Möbel entspringen dem Zusammenspiel von Kreativität, Erfahrung und handwerklicher Expertise«, erklärt Sova, der 2020 von der Familie engagiert wurde, um den Betrieb, der seinen Hauptstandort im niederösterreichischen Kamptal hat, zu leiten. Eine große Aufgabe, wie er erzählt: »Man trägt Verantwortung für Mitarbeiter:innen und Familien in der Region, die selbst schon seit Generationen in diesem Familienbetrieb ­arbeiten, und natürlich auch für das Vertrauen der Eigentümer.« Rund 120 Mitarbeiter:innen zählt man zur Zeit, in mehr als 50 Ländern weltweit ist der Möbelhersteller vertreten. Eine Erfolgsstory, die durchaus auf Design gebaut ist: »Zur Umsetzung neuer Ideen und Formen geht Wittmann stets Partnerschaften mit den größten Designnamen ein.« Für die aktuelle Kollektion arbeitete man u. a. mit Christophe Pillet, Arthur Arbesser, Neri&Hu, Sebastian Herkner und Luca Nichetto zusammen. Der ist übrigens auch Art Director und für die Designstrategie verantwortlich.

Teamleader Georg Emprechtinger ist Chef bei TEAM 7. Er übernahm den Betrieb von seinem Nachbarn, Freund und Firmengründer Erwin Berghammer.

Starke Kombi Das Tiroler Unternehmen Wetscher produziert in der hauseigenen Tischlerei preisgekrönte Möbel, vertreibt aber auch Luxusmarken als Einrichtungshaus. Seit über 100 Jahren ist man im Geschäft. wetscher.com

© Wetscher

Öko mit Style Die Möbel von TEAM 7 werden seit fast 40 Jahren nachhaltig hergestellt. Nicht nur die Küche »echt.zeit«. team7-home.com

© TEAM 7

Schöne  Grenzüberschreitungen

Einen hohen Stellenwert haben Holz und Handwerk auch beim Tiroler Familienunternehmen Wetscher. 1912 als kleine Tischlerei gegründet, wusste man damals im Zillertal freilich noch nicht, dass damit der Grundstein für eines der besten Einrichtungshäuser Europas gelegt war. Die Tischlerei gibt es nach wie vor. Sie zählt zu den innovativsten des Landes und räumt regelmäßig Designpreise ab. Parallel dazu kooperiert man in den Wetscher Wohngalerien mit starken Markenpartnern aus der Designwelt. Von B&B Italia über Vitra bis hin zu Minotti oder Flexform ist alles dabei, was in der Interior-Branche einen Namen hat. »Design hat einen sehr hohen Stellenwert in unserem Unternehmen und ist gleich nach den menschlichen, familiären Werten in unserer Werteskala gereiht. Noch vor wirtschaftlichen Faktoren«, erklärt Martin Wetscher, der die Geschäfte im Familienunternehmen führt. Sein Sohn Maximilian, der die fünfte Generation repräsentiert und seit 2016 mit an Bord ist, ergänzt: »Wir sind der Meinung, dass schöne Dinge auch immer das Beste im Menschen hervorkehren können. Zudem ist der Wesenskern schöner Dinge, dass sie grenzübergreifend sind und nationale Grenzen im Kopf aufzulösen vermögen.«

Gründer sedda-Firmengründer Hans Thalermaier. Mittlerweile werkt schon die dritte Generation im Betrieb mit.

Gut Holz

Einen Designchef hat auch der heimische Öko-Edelmöbel-Produzent TEAM 7. »Sebastian Desch ist bei uns für einen Großteil der Entwürfe zuständig«, erzählt Georg Emprechtinger. Er ist Geschäftsführer des Möbelherstellers, den es seit 1959 gibt. Mit Firmengründer Erwin Berghammer ist er nicht verwandt, man kennt sich aber schon lange: »Erwin und ich waren Nachbarn und gut befreundet. Als es um die Nachfolgeregelung von TEAM 7 ging, fragte er mich auf einer unserer Laufrunden, ob ich es mir vorstellen könne, als Geschäftsführer in das Unternehmen einzutreten.«

Emprechtinger konnte und ist jetzt Chef eines Unternehmens, das seit den frühen 1980er-
Jahren auf Ökomöbel und Nachhaltigkeit setzt. Und man ist richtig erfolgreich. 730 Mitarbeiter:innen zählt man. Natürlich hat Emprechtinger auch eine Meinung zu Austro-Design: »Österreich blickt auf eine lange Handwerkstradition zurück. Das spiegelt auch das Design wider. Tradition wird mit Moderne, Handwerk mit neuester Technologie verbunden. Dabei hat das Naturmaterial Holz einen hohen Stellenwert.«

Starke Partner Martin Wetscher (M.) mit Alessandro Minotti (3. v. l.) bei einer intensiven Lagebe-sprechung mit Mitarbeiter:innen.

Zeitlose Qualität Beim oberösterreichischen Familienunternehmen sedda werden Polstermöbel in hoher Qualität produziert. Die Sofagarnitur »Artemis« ist ein Highlight der aktuellen Kollektion. sedda.at

© Sedda

Zeitlosigkeit

Über die Grenzen hinaus denkt auch das oberösterreichische Familienunternehmen sedda. Seit 1961 werden Polstermöbel -hergestellt, die neben Österreich vor allem nach Südtirol, Deutschland und die Schweiz geliefert werden. Johannes Ragailler, Enkelsohn des Firmengründers Johann Thalermaier und für Marketing und Produktentwicklung verantwortlich, weiß, welche Faktoren für langfristigen Erfolg wichtig sind: »Handwerk und Design müssen Hand in Hand gehen«, erklärt er und fügt hinzu: »Und das Design eines langlebigen Qualitätsmöbels soll über viele Jahre seine Gültigkeit haben.«

Management-Board Seit 1950 gibt es das Unternehmen F/LIST. In sieben Jahrzehnten avancierte man zum Global Player am Luxusmarkt. Aktuell managen Andreas Aigner (COO), Katharina List-Nagl (CEO), Werner Kartner (CCO), Michael Groiss (CFO; v. l.) den Erfolg.

High End Star-Designstudio Carbone Interior hat es entworfen, F/LIST umgesetzt – das »Grand Hotel Quellenhof« im Schweizer Bad Ragaz. Luxus und Eleganz treffen hier auf Klassik und Zeitgeist. f-list.at

© F/LIST

Das sieht auch Katharina List-Nagl nicht weitgehend anders, setzt aber noch eines drauf: »Design bedeutet für uns mehr als Ästhetik. Es ist die perfekte Kombination aus Form, Funktionalität und technischer Zuverlässigkeit.« List-Nagl führt die Geschäfte von F/LIST, einer 1950 in Niederösterreich gegründeten Tischlerei, die heute weltweit agiert und als High-End-Manufaktur neue Luxusmaßstäbe setzt. Man zählt über 900 Mitarbeiter:innen und stattet Yachten, Privatjets und Penthouses aus. »Wer starke Wurzeln hat, kann in der ganzen Welt zu Hause sein«, lautet die zentrale Firmenphilosophie des Familien­betriebs in der dritten Generation. Aber da ist noch mehr: »Die Familie hat bei uns einen so großen Stellenwert, dass wir jedes Teammitglied auch als Teil der F/LIST-Familie sehen. Wir sind überzeugt, dass sich ein gutes Gemeinschaftsgefühl, Respekt und Wertschätzung auf die Qualität der Arbeit auswirken. Es ist das Herzblut, das den Unterschied macht.« Komponenten, die auf jedes gute Design zutreffen und eine transnationale Angelegenheit sind.

Führt die Geschäfte Seit 2020 ist Alexander Sova CEO bei Wittmann. Der heimische Möbelhersteller hat 1896 als Sattlerei begonnen.

Zurücklehnen Luca Nichetto, Art Director bei Wittmann, hat die Möbelserie »Paradise Bird« kreiert. wittmann.at

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